Norderstedt. Mashood Khan und Wolfgang Banse wollen in Norderstedt einen Film über Jugendkriminalität drehen. Sponsoren gesucht.

Manchmal schreibt das reale Leben Geschichten, die aus einem Märchen stammen könnten – oder aus einem Hollywoodfilm. So eine Geschichte ist die von Mashood Khan und Wolfgang Banse. Beide trafen sich vor gut 20 Jahren das erste Mal – Khan war damals Mitglied einer Straßengang in Norderstedt, und Intensivtäter. Banse war Polizist. Heute ist Khan Sozialarbeiter, Banse ein sehr aktiver Rentner. Beide haben sich angefreundet und wollen zusammen ein Filmprojekt realisieren. Der Titel: „Zurück ins Leben“.

Der Film, der etwa 30 Minuten dauern soll, wird von dem 15-jährigen Jamal handeln. Seine Eltern sind mit ihm aus Syrien geflüchtet, nun lebt er in Norderstedt – wo er viel Zeit auf der Straße verbringt und nur Interesse für schnelles Geld hat. Er wird, zum Leidwesen seiner Eltern, kriminell. Bis ein Schicksalsschlag sein Leben völlig verändert.

Norderstedt: Ex-Polizist und Ex-Intensivtäter planen ein Filmprojekt

Das ist die Story – und in den Grundzügen auch die Lebensgeschichte von Mashood Khan. Der heute 34-Jährige kam mit seinen Eltern aus Pakistan nach Deutschland, wuchs in Norderstedt auf, war als Jugendlicher bald polizeibekannt wegen Delikten wie Körperverletzung und Sachbeschädigung. „Ich habe auf der Straße meinen Status gesucht“, sagt er heute über diese Zeit.

Für etwas Licht am Horizont sorgte die Rapmusik, mit der sich Khan intensiv beschäftigte, die ihm ein Ziel gab. Und dann gab es einen gravierenden Einschnitt, der alles veränderte. „2015 starb mein Vater bei einem Verkehrsunfall, im Alter von nur 47 Jahren“, sagt Mashood Khan.

Nach dem frühen Tod seines Vaters änderte Mashood Khan sein Leben radikal

Er litt darunter, dass er seinen Vater nicht zu Lebzeiten stolz machen konnte. Begann nachzudenken. Und änderte sein Leben komplett. Er holte sämtliche Schulabschlüsse nach, studierte schließlich an einer privaten Hochschule in Hamburg. Die Studiengebühren finanzierte er sich mit Zeitarbeit und Jobs in der Gastronomie.

Heute hat Mashood Khan einen Abschluss in „Management Soziale Arbeit“, arbeitet in der Jugendhilfe in Norderstedt und in „Brennpunkten in Hamburg-Süd“, wie er sagt. Außerdem gibt er Anti-Aggressions-Trainings und Rap-Workshops für Jugendliche, bei denen er zeigt, dass das Ganze auch „ohne Beleidigungen und Schimpfwörter geht“, wie er sagt.

Rentner Banse hörte einen Rap-Song von Mashood – und erinnerte sich an früher

Der Rapmusik ist Mashood Khan nämlich treu geblieben, schon seit Jahren veröffentlicht er unter dem Namen Mas.Hood Songs. Einer von ihnen kam vor gut einem Jahr dann Wolfgang Banse zu Ohr. „Mein Sohn sagte zu mir, hör dir diesen Song mal an. Das ist ein geiler Text!“, sagt der 72-Jährige.

Tatsächlich kam ihm der Mann, der da über seine Jugend rappte, bekannt vor. Nämlich aus der Zeit, als beide sich im Polizeirevier Norderstedt gegenüber saßen. „Dann erfuhr ich mehr über Mashoods Entwicklung. Und dann haben wir uns auf einen Kaffee getroffen.“

Die beiden trafen sich auf einen Kaffee, waren sich sympathisch und schmiedeten Pläne

Mashood Khan bei der Premiere seines Kurzfilms „Ehre“ im Norderstedter Spectrum-Kino.
Mashood Khan bei der Premiere seines Kurzfilms „Ehre“ im Norderstedter Spectrum-Kino. © Mashood Khan

Man war sich sympathisch, Mashood Khan erzählte von seiner Film-Idee, Wolfgang Banse war sofort Feuer und Flamme. „Als ich das hörte, habe ich gleich gesagt, ich bin bei Dir. Das machen wir!“. Denn Banse ist überzeugt, dass die Jugend mit genau so einem Streifen, so einer authentischen Geschichte, erreicht werden kann.

Gesagt, getan: Seit einem Jahr unterstützt Wolfgang Banse das Projekt, mobilisiert sein ganzes Netzwerk dafür. Denn Banse ist in Norderstedt alles andere als ein Unbekannter. Auch im Ruhestand ist er sehr aktiv, wenn es darum geht, Jugendliche vor dem Abgleiten in die Kriminalität zu bewahren.

Banse ist in Norderstedt Leiter der AG Jugend des Kriminalpräventiven Rates

So ist er Leiter der AG Jugend des Kriminalpräventiven Rates. Und er koordiniert in Norderstedt auch das „Netzwerk Absentismus“, das sich mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt, die sehr viel die Schule schwänzen.

Dass es ihm ein ganz persönliches Anliegen ist, jungen Menschen zu helfen – man merkt es in jedem Augenblick, in dem man mit Wolfgang Banse spricht. „Ich habe meinen Job geliebt“, sagt Banse, der 42 Jahre lang Polizist war und sich in Norderstedt um den Bereich Jugendkriminalität kümmerte.

„Vor Wolfgang hatten wir immer Respekt, er war immer supernett zu uns!“

Vom Garstedter Straßenkind zum Anti-Aggressionstrainer und Sozialarbeiter: Mashood Khan.
Vom Garstedter Straßenkind zum Anti-Aggressionstrainer und Sozialarbeiter: Mashood Khan. © Andreas Burgmayer

Dass dieser Polizist es eigentlich gut meint mit ihnen – das war damals, Anfang der Nullerjahre, sogar Mashood und seiner Gang klar: „Wir waren nicht unbedingt Fans der Polizei, haben uns mit denen ein Katz-und-Maus-Spiel geliefert. Aber vor Wolfgang hatten wir immer Respekt, weil er eine besondere Art hatte, mit Menschen umzugehen. Er war immer supernett zu uns!“

Mit dem Filmprojekt wollen Wolfgang Banse und Mashood Khan nun heutige Jugendliche erreichen – und ihm Idealfall, dass weniger von ihnen auf die schiefe Bahn geraten und früher anfangen, über die Konsequenzen ihres Handelns nachzudenken. „Viele wissen gar nicht, was sie ihren Familien antun, wenn sie kriminell werden“, sagt Mashood Khan.

„Denk mal an deine Mutter. Willst du, dass die weint?“

Er ist überzeugt, dass viele Jugendliche Gangster auf diesem Weg emotional erreichbar sind – denn so macht er es auch in seinem Job. „Denk mal an deine Mutter. Willst du, dass die weint?“, sage ich manchmal. Und ihm, dem ehemaligen Gangster, der immer noch „die Sprache der Straße spricht“, wenn er will, hören sie auch zu.

Dass Mashood Khan seine Erfahrungen in einem Filmprojekt einbringt, ist nicht das erste Mal. Schon 2021 realisierte er den Kurzfilm „Ehre“, im Rahmen des von ihm initiierten Projekts „Young Peace“. Der Film wurde auch im Spektrum-Kino Norderstedt gezeigt.

„Zurück ins Leben“ soll in Schulen und Kinos gezeigt werden

Doch das neue Projekt „Zurück ins Leben“ soll einige Nummern größer werden. Ein richtiger, kleiner Spielfilm soll es werden, „und wir wollen ihn in Kinos und Schulen zeigen, in Schleswig-Holstein, wenn möglich auch in ganz Deutschland“, sagt Wolfgang Banse.

Über den Förderverein Offene Jugendarbeit e.V. sammeln Banse und Khan Geld für das Projekt. Einige Sponsoren sind schon mit an Bord, darunter die Raiffeisenbank Bürgerstiftung und das Wohnungsunternehmen Plambeck. Auch das Amateurtheater Norderstedt hat Unterstützung zugesagt. Nun werden noch weitere Helfer und Spender benötigt.

Darsteller werden noch gesucht, Castings in Norderstedt geplant

„Wir wollen den Darstellern zumindest eine Aufwandsentschädigung zahlen“, sagt Wolfgang Banse. Wer in dem Film mitspielen wird, steht noch nicht fest – das Ensemble soll über mehrere Castings in Norderstedt gefunden werden.

Zu den Rollen, die zu vergeben sind, sagt Mashood Khan: „Wir suchen noch den Hauptdarsteller. Und dann auch zwei Personen, die das Elternpaar spielen, idealerweise zwei Personen mit Migrationshintergrund zwischen 45 und 60 Jahren.“ Außerdem gebe es noch viele Komparsenrollen zu vergeben.

Das Drehbuch schrieb Mashood Khan, unterstützt von drei Freunden

Immerhin: Das Drehbuch ist schon fertig. Mashood Khan hat es geschrieben, mit Unterstützung seiner Freunde Saleem Maqbool, Rizwan Ahmad und Fazal Khan. Auch zu den Drehorten gibt es schon eine Vorstellung: „Wir wollen den Film komplett in Norderstedt drehen“, sagt Mashood Khan. Auch in einer Gefängniszelle soll gedreht werden, „das O.K. von der Polizei haben wir schon“, sagt Wolfgang Banse.

Was er sich wünscht, wenn der Streifen erstmal fertig ist und von jungen Leuten gesehen wird, formuliert er so: „Der Film soll Mut machen. Er soll zeigen, dass man nie aufgeben darf. Dass es immer Möglichkeiten gibt, Erfolg zu haben.“

Norderstedt: „Ich möchte besonders die jungen Migranten bewegen“

Mashood Khan sagt: „Ich möchte mit dem Film besonders die jungen Migranten bewegen. Sie wachsen ja ein bisschen in zwei Welten, zwei Kulturen auf. Und das ist nicht immer leicht. Aber ihre Eltern sind ja aus einem bestimmten Grund nach Deutschland gekommen. Nämlich dem, dass es ihren Kindern einmal besser geht. Ich wünsche mir, dass die Kids darüber nachdenken.“

Wer das Projekt unterstützen möchte, wendet sich per E-Mail an Wolfgang Banse, unter