Kiel/Bad Bramstedt. Dem 56-Jährigen wurde auch vorgeworfen, er habe Senioren brutal überfallen – davon wurde er sogar freigesprochen.

Sechs schwere Straftaten, unter anderem in Bad Bramstedt im Kreis Segeberg, legte der Staatsanwalt einem vorbestraften Einbrecher zur Last. Auch zwei brutale Raubüberfälle auf Seniorinnen wurden ihm zunächst vorgeworfen. Doch ein viertägiger Prozess im Kieler Landgericht stellte klar, dass der Angeklagte nicht an erpresserischem Menschenraub beteiligt war.

Die Strafkammer verurteilte den aus Kuwait stammenden Palästinenser „nur“ wegen eines Einbruchsdiebstahls. Er hatte eingeräumt, gemeinsam mit zwei Komplizen am 15. April 2021 in ein Einfamilienhaus im Kreis Rendsburg-Eckernförde eingestiegen zu sein. Den damals abwesenden Bewohnern fehlten danach 500 Euro Bargeld und eine Chanel-Handtasche im Wert von 6000 Euro.

Landgericht Kiel: Einbrecher stahl teure Chanel-Handtasche – Zwei Jahre Haft

Für diesen schweren Diebstahl verurteilte die 10. Strafkammer den Angeklagten zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Unter Einbeziehung einer einschlägigen Vorstrafe des Hamburger Landgerichts muss er nun drei Jahre und drei Monate absitzen. Der Staatsanwalt plädierte auch wegen des Einbruchs in Bad Bramstedt auf „schuldig“. Doch hier fehlten der Kammer letztlich die Beweise.

In Bad Bramstedt, so der ursprüngliche Tatvorwurf, soll der Angeklagte mit Komplizen in ein Einfamilienhaus eingestiegen sein. Der Besitzer war im Urlaub, als die Einbrecher einen 100 Kilo-Tresor herausbrachen, durch ein Fenster ins Freie warfen und auf einer Schubkarre zum Fahrzeug schleppten. Die Beute: 5000 Euro Bargeld, hochwertige Notebooks und teure Armbanduhren.

Seniorin bekam Knebel in den Mund gepresst

Vom schwersten Vorwurf des erpresserischen Menschenraubs war nach entlastenden Zeugenaussagen auch die Anklage abgerückt. In diesen beiden Fällen glaubten am Ende alle Prozessbeteiligten an die Unschuld des 56-Jährigen, der zwei Bekannte als mutmaßliche Täter belastete. Gegen sie bereitet der Staatsanwalt jetzt die Anklage vor.

Die Beschuldigten sollen bei zwei Einbrüchen die hochbetagten Hausbewohner brutal in ihre Gewalt gebracht und erpresst haben. So fesselten sie laut Vorwurf in der Nacht zum 7. September 2021 eine 83-jährige Witwe an Armen und Beinen, stopften ihr Strümpfe als Knebel in den Mund.

Beinamputierter Senior wurde mit Kabelbindern gefesselt

„Wehe wir finden kein Geld!“ drohten die Täter der Seniorin an, um ihr das Versteck von Bargeld und Schmuck abzupressen. Während die Eindringlinge das Haus durchsuchten, konnte sich die Gefesselte befreien und zu Nachbarn fliehen. Als die Täter dies bemerkten, flüchteten sie ohne Beute.

Zwei Monate später wurde ein Senioren-Ehepaar in seinem Wohnhaus im Kreis Schleswig-Flensburg überfallen. Der beinamputierte Mann (81) und seine Frau (80) wurden mit Kabelbindern gefesselt. Unter Druck verrieten sie das Versteck eines Portemonnaies mit 200 Euro Bargeld in der Küchenkommode.

Landgericht Kiel: Einer der Täter hat sich umgebracht

In diesem Fall nahmen die Täter zudem einen Tresor mit dem Schmuck der verstorbenen Tochter der Eheleute mit. Durch die Fesselung erlitten beide Opfer schmerzhafte Schnitte an Händen und Unterarmen. Die Täter sollen DNA-Spuren an den Kabelbindern hinterlassen haben.

Der jetzt rechtskräftig von diesen Vorwürfen freigesprochene Angeklagte hatte schon vor dem Prozess drei mutmaßliche Täter belastet. Laut Handydaten aus tatortnahen Funkzellen sollen sie vor Ort gewesen sein. Zwei von ihnen sitzen in U-Haft. Der dritte Mann soll sich das Leben genommen haben.