Kreis Segeberg. Es gibt zu wenig Fachleute. Haus & Grund hält die Kontrollpflicht für überflüssig. Was der Wegfall finanziell bedeutet.

Zehntausende Grundstückseigentümer im Kreis Segeberg haben bis auf Weiteres eine Sorge und finanzielle Belastung weniger: Das Land Schleswig-Holstein hat die sogenannten Abwasserdichtheitsprüfungen ausgesetzt. Die bisher geltende Pflicht für Hausbesitzer, die Leitungen bis zum 31. Dezember 2025 kontrollieren zu lassen, entfällt vorerst. Damit entfallen auch Kosten von 500 bis 1000 Euro, die Fachleute für eine solche Prüfung ansetzen.

Die Verpflichtung werde wegen des Fachkräftemangels aufgehoben. Die Installateure würden gebraucht, um das öffentliche Kanalsystem in Ordnung zu halten, teilt das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur mit. Die Behörde weist zugleich darauf hin, dass die Kontrollvorschrift aber grundsätzlich weiterhin besteht.

Schleswig-Holstein: Gut für Hauseigentümer – Land setzt Dichtheitsprüfung aus

Mit einer modernen Kamera wird geprüft, ob die Leitungen undichte Stellen enthalten.
Mit einer modernen Kamera wird geprüft, ob die Leitungen undichte Stellen enthalten. © BGZ | IBAK

Der entsprechende Erlass des Landesumweltministeriums stammt bereits aus dem Jahr 2010. Darin wurde die DIN 1986 Teil 30 („Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Instandhaltung“) eingeführt. Ziel war und ist zu verhindern, dass Abwasser durch undichte Leitungen im Boden versickert und das Grundwasser verschmutzt.

In Schleswig-Holstein sind rund 1,3 Millionen Grundstücke betroffen. In Wasserschutzgebieten hätten die Prüfungen bis zum 31. Dezember 2015 erfolgen müssen. Das gilt vor allem für Norderstedt, weil fast das gesamte Stadtgebiet in einem Wasserschutzgebiet liegt. Kreisweit sind rund 15.000 Haushalte in Wasserschutzgebieten betroffen.

Wasserschutzgebiete: Wer die Dichtheitsprüfung verweigert, dem droht Bußgeld

„Der Kreis Segeberg überprüft stichprobenartig in Prüfgebieten die Umsetzung der Dichtheitsprüfung“, sagt Sabrina Müller, Sprecherin des Kreises Segeberg. Die Hauseigentümer müssen die Nachweise innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich vorlegen.

Wird die Vorgabe nicht erfüllt, werde die untere Wasserbehörde des Kreises ein ordnungsrechtliches Verfahren einleiten. Wer sich der Aufforderung widersetzt, könne mit einer Geldbuße belegt werden, die in der Regel zwischen 500 und 5000 Euro beträgt. In allen anderen Gebieten war der 31. Dezember 2025 Stichtag für die Rohrprüfung.

Dichtheitsprüfung: Wenig Schäden durch Rohrbrüche im privaten Bereich

Nach einer Abfrage bei den unteren Wasserbehörden hat das Umweltministerium die Verpflichtung jetzt ausgesetzt. Die Umfrage ergab unter anderem, dass massive Schäden wie Rohrbrüche im privaten Bereich die große Ausnahme sind. Zudem reparierten Eigentümer „aufgrund der hohen eigenen Betroffenheit“ defekte Leitungen umgehend.

Mängel im privaten Bereich führten in der Regel nicht dazu, dass große Mengen an Abwasser austreten. Und eine flächendeckende Aufforderung von Grundstückseigentümern zur Dichtheitsprüfung würde Kapazitäten bei den unteren Wasserbehörden binden, die „an anderer Stelle dringendst gebraucht werden“.

Verband Haus & Grund Schleswig-Holstein vertritt rund 70.000 Mitglieder

Der Vorsitzende von Haus & Grund, Alexander Blažek: „Diese Verpflichtung kostet unnötig Geld und ist für den Grundwasserschutz überflüssig.“
Der Vorsitzende von Haus & Grund, Alexander Blažek: „Diese Verpflichtung kostet unnötig Geld und ist für den Grundwasserschutz überflüssig.“ © Haus & Grund Schleswig-Holstein

Der Grundeigentümerverband Haus & Grund Schleswig-Holstein, der rund 70.000 Mitglieder mit zusammen etwa 80 Prozent aller Wohnimmobilien vertritt, geht sogar noch einen Schritt weiter. „Die Abwasserdichtheitsprüfung gehört endgültig abgeschafft und nicht nur ausgesetzt“, sagt der Vorstandsvorsitzende Alexander Blažek. „Diese Verpflichtung kostet unnötig Geld und ist für den Grundwasserschutz überflüssig.“

Dass häusliche Abwässer aus undichten Leitungen das Grundwasser kaum belasteten, habe ja sogar das Umweltministerium selbst festgestellt. Häusliche Abwässer aus undichten Leitungen belasten das Grundwasser kaum. Davon geht das Umweltministerium selbst aus, sagt der Vorsitzende von Haus & Grund.

Haus & Grund: Erlass muss endgültig gestrichen werden

Er zitiert: „Massive Schadensbilder (z.B. Rohrbruch) bilden im privaten Bereich die große Ausnahme – kann Abwasser nicht abgeleitet werden (Einbruch der Leitungen), werden die Schäden durch die Eigentümer aufgrund der hohen eigenen Betroffenheit umgehend beseitigt.“

Dem sei eigentlich nichts hinzuzufügen bis auf die Frage, warum der Erlass nicht endgültig gestrichen wird. Haus & Grund habe wiederholt darauf hingewiesen, dass die Regelung überflüssig sei. Private Grundeigentümer hätten ein hohes Interesse an funktionierenden Abwasserleitungen. Bei kleineren Undichtigkeiten komme es zu Wurzeleinwuchs und damit zur Verstopfung. Auch in diesen Fällen sei das Eigeninteresse an einer dichten Abwasserleitung hoch.

Schleswig-Holstein: Wenn Dichtheitsprüfung entfällt, kann viel Geld gespart werden

Wie heißt es so schön: Wenn es nicht notwendig ist, eine Regel zu schaffen, ist es notwendig, keine Regel zu schaffen“, so Alexander Blažek. Dadurch, dass die Vorschrift entfalle, könnten Aufwendungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro gespart werden, die für die Energiewende im Gebäudesektor besser angelegt wären.

Ihre Hausaufgaben auf dem Gebiet der Abwasserentsorgung müssten dagegen die Kommunen machen, so der Vorsitzende von Haus & Grund. „Nach Erkenntnissen des Umweltministeriums kommen diese bei der Erfassung und Sanierung des öffentlichen Kanalnetzes nicht hinterher“, sagt Blažek.