Ellerau/Kiel. 39-jähriger Familienvater wurde wegen versuchten Mordes verurteilt. Er hatte den neuen Freund seiner Frau niedergestochen.

Wegen versuchten Mordes hat das Kieler Landgericht am Mittwoch einen Familienvater aus Ellerau zu fünf Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der 39-Jährige hatte am 1. Juli vergangenen Jahres dem neuen Freund seiner trennungswilligen Ehefrau ein Messer in die Brust gestoßen.

Laut medizinischem Gutachten eröffnete die zehn Zentimeter lange Klinge den Herzbeutel. Das schwer verletzte Opfer überlebte dank sofortiger Erster Hilfe und einer Notoperation. Der in unmittelbarer Nachbarschaft des Angeklagten wohnende Rumäne (27) wäre fast gestorben, sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Er leide bis heute körperlich und psychisch an den Folgen.

Landgericht: Ellerauer Messerattacke – Fast sechs Jahre Haft für den Täter

Der Angeklagte bestritt jede Tötungsabsicht, wie seine Anwälte zum Prozessauftakt in einer schriftlich vorbereiteten Erklärung mitteilten. Angesichts des von Zeugen glaubhaft geschilderten Tatablaufs war die Schwurgerichtskammer nach fünftägiger Beweisaufnahme jedoch überzeugt, dass der 39-Jährige den Tod des Nebenklägers zumindest billigend in Kauf nahm.

Zahlreiche mildernde Umstände führten zu einer Senkung des Strafrahmens. So hatte eine Sachverständige dem aus Aserbaidschan stammenden Angeklagten eine psychische Ausnahmesituation bescheinigt. Der ehemalige Paketzusteller war nach einem Versuch, sich als Transportunternehmer selbstständig zu machen, finanziell am Ende.

Alkohol und psychische Probleme: Messerstecher nur eingeschränkt steuerungsfähig

Nach einem Herzinfarkt war der Angeklagte arbeitsunfähig und litt unter Schlafstörungen. Zusätzlich zum wirtschaftlichen und gesundheitlichen Ruin drohte er nun auch noch Ehefrau und Kinder zu verlieren – „den letzten Halt“, wie das Gericht formulierte. Schon länger habe der Mann vermutet, dass die Frau fremdging. Doch sie habe eine außereheliche Beziehung abgestritten.

Laut Urteil war die Steuerungsfähigkeit des Täters durch eine psychische Anpassungsstörung eingeschränkt, kreisten seine Gedanken beständig um seine Probleme. Als er sich gegen 22 Uhr auf den Weg zur Wohnung des Nebenbuhlers machte, um diesen zur Rede zu stellen, war er zudem mit 1,5 Promille alkoholisiert.

Mordmerkmal Heimtücke: Täter nutzte Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers aus

Am Tatort traf der Angeklagte zunächst auf zwei Cousins des Opfers, die im selben Mehrfamilienhaus wohnten. Vor Zeugen wollte er nicht mit dem 27-Jährigen reden, den er vom Sehen kannte. „Ich wollte ihn allein sprechen“, so der Angeklagte. In seiner Verzweiflung habe er die Kontrolle verloren.

Nach Aussage der beiden Cousins zog der Angeklagte das Opfer plötzlich zu sich heran und stieß ihm völlig überraschend das Messer in den Oberbauch. Der Täter habe die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst ausgenutzt und damit das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt, so das Urteil.

Verteidiger sahen strafbefreienden Rücktritt und forderten Bewährung

Die Verteidigung sah dagegen einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch und forderte eine Bewährungsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung. Der nicht vorbestrafte Angeklagte, der sich noch in der Nacht der Polizei stellte, hätte ohne weiteres ein zweites Mal zustechen können, hieß es zur Begründung.

Dem widersprach das Gericht: Die Zeugen hätten den Täter sofort nach dem Stich aus der Wohnung gedrängt, worauf der aufgebrachte Angeklagte noch gegen die geschlossene Tür getreten habe. Die Staatsanwältin warf ihm im Gegensatz zur Kammer einen direkten Tötungsvorsatz vor. Sie forderte sechs Jahre und zehn Monate Haft.