Kisdorf. Der 4000-Einwohner-Ort hat viele Vorhaben in Planung. Der Bürgermeister erklärt den großen Wandel in der Region.
Baustellentermine sind für jeden Bürgermeister ein Heimspiel, ganz gleich ob in einer Millionenstadt oder einem ländlichen Ort. Da ist Kisdorf nicht anders. Bürgermeister Wolfgang Stolze steht vor dem Rohbau für eines der wichtigsten Zukunftsprojekte in seiner Gemeinde. Die bestehende Kita Sonnenschein wird derzeit erweitert um einen Neubau für eine zweite Einrichtung direkt nebenan, in dem 180 Kinder Platz haben werden, der ein Gründach haben wird, Photovoltaik, eine Heizung über Erdwärme und – sofern die Stellen besetzt werden können – 15 zusätzliche Fachkräfte. „Das wird ein tolles Gebäude.“
Der Bedarf liegt auf der Hand. Die bisherige Kindertagesstätte – Träger ist die Diakonie – für 165 Kinder ist voll, zum Teil erfolgt die Betreuung ausgelagert in der Olen School. Und das Dorf wächst. Die Metropolregion dehnt sich immer weiter nach Norden aus, sodass Gemeinden wie Kisdorf zunehmend beliebt sind bei jungen Familien, die aus dem urbanen Raum herauswollen, zumal dort die Grundstückspreise oder Mieten exponentiell gestiegen sind.
Immobilien: Neue Wohngebiete – Die Gemeinde Kisdorf will wachsen
Für Stolze ist dieser Wandel spürbar. Im Neubaugebiet „Schniedertwiete“ entstehen Doppel- und Mehrfamilienhäuser, insgesamt 51 Wohneinheiten. Nördlich vom Aldi-Markt an der Henstedter Straße ist ein weiteres Areal in der Planung, auch dort für Mehrfamilienhäuser, zudem barrierefrei – es ist der gleiche Investor. „Es wird an der Henstedter Straße auch eine Ladenzeile, vielleicht Gastronomie, ein Café, reinkommen. Es fehlt ja auch ein Drogeriemarkt. So etwas könnte ich mir vorstellen“, sagt der Bürgermeister.
Rund 4000 Einwohner hat Kisdorf. „Leider leben in vielen Immobilien Alleinstehende, die diese Häuser im hohen Alter bewohnen. In den letzten vier Jahren sind wir nicht gewachsen, obwohl wir immer gebaut haben.“ Er würde gerne besagte junge Familien begrüßen, ob sie nun aus dem Ort stammen oder herziehen möchten. „Und nicht, dass sie den Ort verlassen. Die Feuerwehr, die Sportvereine leben von jungen Leuten.“
Baugebiet An de Loh: Kisdorfer Bürger könnten Vorrang haben
Er nennt ein weiteres Beispiel: „An de Loh hat ein Landwirt aus Krankheitsgründen aufgeben müssen. Es kommt ein Baugebiet hin mit 20 Wohneinheiten – Einfamilienhäuser. Eigentlich war das nicht geplant, es kam kurzfristig.“ Ganz so schnell werden hier aber nicht die Arbeiten beginnen. „Ich denke mal, dass der Bebauungsplan im zweiten Halbjahr fertig ist. Die Grundstücke sind noch nicht in der Vermarktung.“
Und überhaupt – ein Selbstgänger wie noch vor ein paar Jahren sind solche Projekte nicht mehr. Die Menschen seien zurückhaltend, würden mit Investitionen lieber warten, hat Stolze jetzt mehrfach gehört. „Und auch die Banken finanzieren nicht mehr alles.“ Eines möchte er indes unbedingt: „Wir haben den Investor gebeten, in einem ersten Fenster, vielleicht drei Monate, an Kisdorfer Bürger zu verkaufen.“
Auf einem guten Weg ist man mit dem Mischgebiet an der Winsener Straße – dort soll eine neue Feuerwache gebaut werden. „Die Erschließung wird 2023 stattfinden. Und vielleicht ist es im letzten Quartal baureif, zumindest für die Feuerwehr.“ Zeitweise hatte ein Investor ebenso Interesse gezeigt, wollte hier 16 bis 20 Einfamilienhäuser bauen. Doch auf dem Grundstück befinden sich viele Moorlinsen, eine Pfahlgründung wäre teuer. Also wurde das erst einmal vertagt.
Im Amt Kisdorf mussten jahrelange Fehler bei der Finanzplanung aufgearbeitet werden
Wolfgang Stolze muss immer den Blick für das große Ganze haben. Er ist auch Amtsvorsteher, also verantwortlich für die in Kattendorf ansässige Amtsverwaltung, die von Judith Horn geleitet wird. „Sie ist ein Glücksgriff. Sie hat die Mannschaft im Amt zusammengehalten“, sagt er. Allerdings übernahm sie ein schweres Erbe. Es fehlten so viele Jahresabschlüsse, dass keine neuen Haushalte verabschiedet werden konnten oder diese von der Kommunalaufsicht einkassiert wurden – Investitionen waren fast ausnahmslos unmöglich. Für den Kita-Neubau in Kisdorf brauchte es eine Sondergenehmigung. Fast zwei Jahre dauerte es, den Rückstand aufzuholen. „Wir, auch die Amtsdirektorin, wussten nicht, was da im Argen lag. Wir reden über Abschlüsse von 2014. Jetzt sind wir bei 2019.“
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Unter der Verantwortung von Horns Vorgänger Rainer Löchelt, der 2021 verstarb, wurden, so nannte es Stolze einmal, handwerkliche Fehler“ in der Finanzverwaltung gemacht. „Bergeweise Fehlbuchungen“ habe es gegeben. „Jetzt haben wir einen Haushalt für 2022. So können wir Aufträge vergeben und freiwillige Leistungen an Vereine und Verbände zahlen.“ Der Etat wurde, sowohl für das Amt, den Schulverband als auch für alle neun Gemeinden, Ende des Jahres veröffentlicht. „Den Haushalt für 2023 werden wir voraussichtlich Ende März verabschieden.“ Und die Finanzplanung für 2024 wird dann, davon geht Wolfgang Stolze fest aus, die erste sein, die wieder in einem regulären Zeitfenster beraten und beschlossen werden kann.