Norderstedt. Eine Stadt und die gesamte Telekommunikationsbranche verneigten sich vor Theo Weirich beim Abschied im Kulturwerk.

Großer Bahnhof für einen scheidenden Werkleiter der Stadtwerke Norderstedt im Kulturwerk: 200 geladene Gäste verabschiedeten jetzt den Norderstedter Pionier des Glasfasernetzes in der Stadt, wilhelm.tel-Chef Theo Weirich (67). Nach 24 Jahren bei den Stadtwerken geht er in den Ruhestand.

Eine illustre Schar aus Ex-Ministern, Abgeordneten der Stadtvertretung, Bürgermeistern sowie Mitstreitern und Gegenspielern aus dem Breitbandgeschäft würdigte mit launigen Reden, viel Lob und ein paar Seitenhieben den Mann, der Norderstedt zum bundesweiten Vorreiter im Internetzeitalter gemacht hat. Auch Ministerpräsident Daniel Günther war per Video zugeschaltet und sagte. „Wir in Schleswig-Holstein sind stolz auf das, was Sie für unser Land geleistet haben.“

Stadtwerke: „Warlord der Glasfaser“ – Norderstedter Pionier geht in Rente

Verabschiedung im Kulturwerk: Theo Weirich mit dem früheren Werkleiter Volker Hallwachs (l.), der ihn nach Norderstedt holte und zum Wilhelm.tel-Chef machte.
Verabschiedung im Kulturwerk: Theo Weirich mit dem früheren Werkleiter Volker Hallwachs (l.), der ihn nach Norderstedt holte und zum Wilhelm.tel-Chef machte. © Burkhard Fuchs

Weirich sei für Norderstedt „der Visionär und Vater der Digitalisierung“ gewesen, lobte Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder. „Das war großartig und immer zum Wohle unserer Stadt.“ Sie erinnerte aber auch an ihre erste Begegnung mit Weirich, als sie noch nicht im Amt gewesen sei. Da sei er so „selbstbewusst und arrogant aufgetreten“, dass sie fast dachte, sie könnten „gepflegte Feinde“ werden. „Aber wir sind dann doch beste Kollegen geworden.“

„Die Stadtwerke sind ein Eigenbetrieb und gehören nicht zur Verwaltung“, konterte Weirich später in seiner typisch direkten Art, die ihm nicht überall Freunde gebracht hat, wie er selbst erkannte: „Viele Leute mögen mich, wenn auch widerwillig.“

Appell: „Glasfasernetz nie an Investoren oder Zecken verkaufen“

Sein Appell an die Stadtvertretung laute, auf keinen Fall das stadteigene Glasfasernetz zu verkaufen. Das habe wilhelm.tel mit seinen inzwischen Hunderttausenden von Kunden und dem kostenlosen WLAN-Netz in der Metropolregion den Erfolg beschert. „Diese Daseinsvorsorge darf nicht an irgendwelche Investoren oder Zecken veräußert werden.“

Wilhelm.tel sei ein kostbares Juwel, das seine Nachfolger unbedingt weiter pflegen und ausbauen sollten. „Hamburg ist zwar die Galaxie. Aber die Intelligenz sitzt hier in einem Seitenarm“, sagt Weirich. Er habe nie ein Blatt vor den Mund genommen und sich auch gerne mit den Großen der Branche angelegt. Timo von Lepel, Chef der Schwesterfirma NetCologne und Weirichs Stellvertreter im Präsidium des Bundesverbandes Glasfaser, erinnerte an die erste Begegnung Weirichs mit dem Telekom-Chef.

Weirich nannte den Telekom-Chef einen „Schurken, den die Frauen lieben“

„Wissen Sie, Herr Höttges, die Frauen lieben Sie!“, habe Weirich diesen begrüßt. Was dem sofort geschmeichelt habe, bis Weirich nachsetzte mit der Bemerkung. „Frauen lieben alle Schurken.“ Er werde dessen Gesichtsausdruck nie vergessen, sagte der BuGlas-Vizepräsident.

Längst aber haben sich die Scharmützel zwischen den Glasfaser-Vorreitern mit dem eher behäbigen Staatskonzern in Wohlgefallen aufgelöst, berichtete deren Breitband-Chef Thilo Höllen. Seit einem Jahr arbeiteten die einstigen Widersacher sogar zusammen und kooperierten im Glasfaserangebot. Die Deutsche Telekom habe zu lange auf das Kupferkabel gesetzt, gab Höllen zu. „Das war ein Fehler.“ Weirich sei ihm damals von Kollegen als „Warlord“ der Glasfaser-Initiativen vorgestellt worden. „Heute verliert die Branche mit ihm eine große Persönlichkeit.“

Stadtwerke Norderstedt: Kollege gab Weirich ein Ständchen mit Jazz-Trio

Seine Werkleiter-Kollegen verabschiedeten sich auf ganz persönliche Art und Weise. Nico Schellmann zupfte mit einem Jazz-Trio auf der Kulturwerkbühne wie ein professioneller Virtuose. Und Jens Seedorff gab zu, dass er nicht immer alle Ideen und Gedankengänge des geschätzten Kollegen nachvollziehen konnte.

So verstehe er bis heute nicht, was Weirich gemeint haben könnte, als er dem Autor dieser Zeilen sagte: „Wir haben die Abkürzung für den 100-Meter-Lauf gefunden.“ In seiner gewohnt humorvollen Art beschrieb Weirich damit das Tempobeschleunigung des Internetzugangs für Häuser, die von Kupfer auf Glasfaser wechselten.

Die Stadt Norderstedt verliert mit dem gebürtigen Pfälzer ihren Visionär und Pionier. Er selbst fühle sich, als verlöre er seine „Geliebte, die mit einem anderen durchgebrannt ist“, sagte Weirich zum Schluss fast sentimental. „Norderstedt wird immer etwas Besonders für mich sein.“