Norderstedt. 12.000 Euro Spenden, ein begeistertes Publikum, ein Generationswechsel – so war der kulturelle Jahresauftakt in der TriBühne.
Es war ein denkwürdiges Neujahrskonzert in Norderstedt. Denn nach zweijähriger Pandemie-Pause folgt jetzt der Generationswechsel. Die Organisatoren Wolfhard G. Tietgen und Rüdiger George gaben ihre letzte Vorstellung, und sie gaben noch einmal alles, um dieses fast wieder verhinderte Konzert zu einem Erlebnis zu machen. Wegen des immensen Wasserschadens ist die TriBühne noch mehrere Monate nicht voll bespielbar, doch das Team des Veranstaltungssaals setzte alles daran, aus dem Raum vor dem eisernen Vorhang eine Konzertbühne und einen Zuschauerraum zu bauen.
Der fasste zwar nur 400 Zuschauerinnen und Zuschauer, hatte aber ein gemütliches Flair und aufgrund des kleineren Raumes sogar eine angenehmere Akustik. Das scheint eine Eigenart dieses Saales zu sein, immer, wenn er lädiert ist, wird er besser, sei es vor 23 Jahren im Rohbau, sei es jetzt nach dem Wassereinbruch.
Norderstedt: Ein Neujahrskonzert mit vielen denkwürdigen Momenten
Auf jeden Fall war der Saal voll besetzt, darunter mit Stadtpräsidentin Kathrin Oehme, Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder, Alt-Oberbürgermeister und Schleswig-Holsteins Ex-Innenminister Hans-Joachim Grote mit Ehefrau Doris Grote, Ex-Sozialdezernentin Anette Reinders und mit dem Rotary Club Norderstedt auch die Spitzen der Gesellschaft und Wirtschaft – die Sponsoren des Benefizkonzerts.
Zwei Schecks über insgesamt 12.000 Euro Spenden konnte Rotarier Wolfhard G. Tietgen wieder je zur Hälfte an zwölf Norderstedter Grundschulen und an die Kulturstiftung für die künstlerische Nachwuchsförderung vergeben. Auch das war ein denkwürdiger Moment, denn der Norderstedter Rechtsanwalt verabschiedete sich von seinem Ehrenamt, Geld für die Nachwuchsförderung zu generieren. Umsichtig stellte er mit seiner Tochter Annkatrin Tietgen seine Nachfolgerin, ebenfalls Rotarierin und Rechtsanwältin, als künftige Spendensammlerin vor.
Ruhestand: Rüdiger George verabschiedet sich bald
Damit nicht genug: Auch Rüdiger George organisierte das Konzert zum letzten Mal und führte in seiner gewohnt launigen, leicht verschmitzten und gewitzten Art durchs Programm. Der Leiter der Norderstedter Musikschule geht am 31. März in den Ruhestand. Sein Nachfolger steht zwar fest, aber „solange die Tinte unter dem Vertrag nicht trocken ist, nenne ich keinen Namen“, blockt Kulturamtsleiter Dieter Powitz ab. Sein Wunsch wäre indes, dass Rüdiger George seinen Nachfolger bereits ab 1. März mit der Aufgabe als Norderstedter Musikschulleiter vertraut machen kann.
„Ich habe schon einen ganz langen Zettel für meine Zeit nach der Pension“, verrät George und hofft mit allen Beteiligten, dass sein Nachfolger das Neujahrskonzert ebenso intensiv betreuen wird wie er. Bereits diesmal neu sind Eva Reiners als Vorsitzende der Kulturstiftung, die der jahrelang aktiven Hella Schmitt ins Ehrenamt folgte, und Dieter Powitz als Geschäftsstellenleiter der Kulturstiftung. Sie nahmen gemeinsam die Riesen-Schecks, von denen Jugendliche gar nicht mehr wissen, was das für Formulare sind, als symbolische Spenden über jeweils 6000 Euro entgegen.
Eröffnet wurde das Konzert von zwei Schülerinnen, drei Schülern und ihrem Lehrer Philipp Urban von der Grundschule Pellwormstraße, die mächtig auf Trommelpötte hauten, mit einem Besenstiel rhythmisch auf die Bühne stampften und dazu sangen „Manchmal hab ich keine Lust“. Dazu gesellte sich der Chor der Schule unter der Leitung von Kira Grauel. Das Publikum applaudierte begeistert.
Norderstedt: Sinfonie-Orchester spielt Fauré, Telemann und Strawinsky
Das Norderstedter Sinfonie-Orchester startete das Programm mit „Masques et Bergamasques“ von Gabriel Fauré. Die Amateurmusikerinnen und -Musiker gingen das Stück unter der behutsamen, sensiblen, gleichwohl bestimmten Leitung von Frank Engelke mit viel Ruhe und äußerer Gelassenheit an. Im Doppelkonzert für Blockflöte und Querflöte in e-Moll von Georg Friedrich Telemann überzeugten Katja Krüger, die sonst am Kontrabass steht, an der Querflöte und Flötist Hartmut Ledeboer mit hinreißendem Spiel voll Tempo, Tanz und Konzentration, subtil von Pianist Rainer Lankau am Cembalo begleitet und mit Streicher-Unterstützung. Im Presto entwickelten sie das wunderbare – und wunderbar gespielte – Barockstück zu einer saftigen Klang-Kaskade.
- Henstedt-Ulzburg: Neujahrskonzert im Bürgerhaus - Das fängt ja gut an
- Oberbürgermeisterin Roeder bewirbt sich für zweite Amtszeit
- Norderstedt: Konstantin Wecker will mit Musik und Poesie Mut machen
Eine schwüle Sommerluft interpretierten die Musikerinnen und Musiker mit Pastorale d’Èté von Arthur Honegger, bevor sie das Publikum mit der Pulcinella-Suite von Igor Strawinsky herausforderten. Sie meisterten die vielschichtige und manchmal vertrackte Komposition voll Hingabe ans Werk. Für ein Neujahrskonzert war dieser Strawinsky eher nicht geeignet, doch wer sich darauf einließ, konnte nur gewinnen.
Neujahrsseligkeit gab es mit der Zugabe, mit dem Ungarischen Tanz Nr. 5 von Johannes Brahms. Das Orchester ließ es mit Brahms nach dem hochkonzertierten Strawinsky frei krachen, spielte fein strukturiert und voller Sinnlichkeit. Bereits beim anschließenden Empfang wurden die neuen Konstellationen des Neujahrskonzerts angeregt diskutiert – schließlich hatte Wolfhard Tietgen als seine wohl letzte Amtshandlung verkündet: „Der Kartenvorverkauf für das Neujahrs-Benefizkonzert 2024 ist eröffnet.“