Bad Bramstedt. Wenige Hausärzte und nur eine Kinderärztin: Im Kreis Segeberg finden viele zugezogene keine Praxis, die sie aufnimmt.

Bad Bramstedt steht wie viele andere Kommunen in der Region vor einem Problem: Ärzte sind knapp, doch Gesundheitspolitik ist nicht Sache der Städte und Gemeinden. Um dennoch die sogenannte Daseinsvorsorge zu gewährleisten, erhält Bad Bramstedt ein Ärztehaus und ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) – und muss dafür kräftig draufzahlen.

15 Millionen Euro will die Deutsche Habitat in beide Gebäude investieren, die gegenüber der Amtsverwaltung Bad Bramstedt-Land an der König-Christian-Straße entstehen sollen. Das Unternehmen tritt auch als Investor im umstrittenen Wohngebiet Auenland-Quartier auf, das nördlich des Kurgebiets gebaut werden soll.

Bürgermeisterin von Bad Bramstedt kritisiert fehlende Hilfe

Der Baubeginn für beide Häuser ist für den Sommer geplant, sobald die Baugenehmigungen vorliegen. Die Einweihung ist für das erste Quartal 2025 vorgesehen. „Wir nehmen diese freiwillige Aufgabe an, uns hilft ja niemand – auch niemand in der großen Politik,“, sagte Bürgermeisterin Verena Jeske bei der Vorstellung des Projekts. Die Stadtvertretung hatte während der letzten Sitzung in diesem Jahr im nichtöffentlichen Teil beide Vorhaben abgesegnet.

In beiden Gebäuden wird es um die medizinische Versorgung der Bramstedter und der mehr als 10.000 Menschen aus den umliegenden Dörfern gehen. Besonders Neubürger klagen über Probleme, einen Arzt zu finden, da viele Praxen überlaufen sind. Manche lassen sich in der Not weiter von ihrem Hausarzt am alten Wohnort versorgen und nehmen dafür Fahrten nach Kiel oder Hamburg in Kauf.

Verena Jeske, Bürgermeisterin von Bad Bramstedt: Sie könnte sich auch ein Dialysezentrum in der Stadt vorstellen.
Verena Jeske, Bürgermeisterin von Bad Bramstedt: Sie könnte sich auch ein Dialysezentrum in der Stadt vorstellen. © Stadt Bad Bramstedt

Bramstedter MVZ versorgt in jedem Jahr 3000 Patienten

Der Neubau des MVZ wird ein Provisorium ersetzen, in dem derzeit fünf Hausärzte auf vier Stellen in Räumen der VR Bank in der Stadtmitte arbeiten. Die Einrichtung macht derzeit ein Minus von 260.000 Euro pro Jahr und braucht dringend mehr Platz. 3000 Patienten werden dort pro Jahr versorgt, sagt MVZ-Geschäftsführerin Marie-Kristin Wendt. Und die Zahlen steigen ständig.

An der König-Christian-Straße könnten bis zu sieben Allgemeinmediziner arbeiten. Auch dann werde das MVZ wie alle anderen Einrichtungen dieser Art „tiefrote Zahlen“ schreiben, fürchtet die Bürgermeisterin.

Stadt wird das Gebäude mieten und später möglicherweise kaufen

Die Stadt wird das MVZ weiterhin in eigener Regie führen. Das Personal inklusive der Ärzte sind Angestellte der Kommune, die den Neubau nach der Fertigstellung von der Deutschen Habitat mieten und dafür eine sechsstellige Summe pro Jahr zahlen wird. Die Bürgermeisterin spricht von einer marktüblichen Miete, ohne Einzelheiten zu nennen. In der Politik wird außerdem diskutiert, das Haus zu kaufen.

In dem daneben liegenden Ärztehaus werden Fachärzte und Dienstleister wie eine Apotheke, eine Orthopädiewerkstatt und Physiotherapeuten einziehen. Die Planer hoffen auf Synergieeffekte, die zwischen den Häusern entstehen können – zum Beispiel durch die gemeinsame Nutzung teurer medizinischer Apparate.

Nur eine Kinderärztin kümmert sich um alle Jungen und Mädchen

Auch bei den Fachärzten ist der Mangel in Bad Bramstedt und dem Umland groß. Derzeit arbeitet nur eine Kinderärztin in der Region und kann sich vor Patienten kaum retten. Der Andrang ist nach Angaben der Bürgermeisterin so groß, dass nicht einmal alle U-Untersuchungen für kleine Kinder in der Stadt erledigt werden können.

Jeske kann sich auch vorstellen, ein Dialysezentrum im Ärztehaus einzurichten. Die nächsten befinden sich in Norderstedt und Neumünster.

Kassenärztliche Vereinigung: In der Region fehlen zehn Ärzte

Mit den beiden Zentren könnten mehr Ärzte nach Bad Bramstedt gelockt werden. Viele Mediziner lehnen es inzwischen ab, die großen finanziellen Risiken für die Gründung einer Praxis einzugehen, in der sie dann 70 oder mehr Stunden pro Woche arbeiten. Viele junge Ärzte ziehen inzwischen das Dasein als Angestellter vor.

Auch wegen dieses Wandels sind Ärzte knapp. Die Kassenärztliche Vereinigung gehe von zehn nicht besetzten Stellen im Versorgungsgebiet zwischen Neumünster und Norderstedt aus, sagte Jeske.

Ärzte, die Interesse an einem der Projekte haben, sollten sich umgehend bei der Stadt melden. Noch bis März nimmt die Verwaltung Anfragen entgegen. Wer sich rechtzeitig meldet, hat gute Chancen, dass seine Praxis nach eigenen Wünschen gebaut wird. Anfragen unter 04192/506 22 oder an