Kreis Segeberg. In Bad Segeberg diskutierten Lehrer, Erzieher und Sozialarbeiter, wie sie psychisch belastete Kinder erkennen können.

Etwa 15 Prozent aller Kinder und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren in Deutschland sind übergewichtig. Etwa sechs Prozent davon sehr stark. Das sind 1,7 Millionen Betroffene. „Kinder und Jugendliche mit Übergewicht erfahren oft Beleidigungen, Ablehnung, Ausgrenzung und Mobbing. Das belastet die Psyche zusehends“, sagt Dr. Sylvia Hakimpour-Zern. Sie ist die Leiterin des Fachdienstes Sozialpsychiatrie und Gesundheitsförderung beim Kreis Segeberg.

Neben Übergewicht gibt es jedoch noch viele weitere Belastungen, die Einfluss auf die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen nehmen. Wichtig ist es, dass alle, die sich beruflich oder ehrenamtlich mit Kinder und Jugendlichen beschäftigen lernen, belastete Kinder zu erkennen.

Psychische Gesundheit: Body-Shaming – Millionen Kinder leiden unter Mobbing

Bei einem Workshop in der Jugend-Akademie Bad Segeberg mit 90 Teilnehmenden, die in Schulen, Kitas, in der Jugendhilfe oder Sozialarbeit tätig sind, wurde die bedrohte Kinder und Jugendgesundheit thematisiert.

„Die Kinder und Jugendlichen fallen oftmals durch ihr Verhalten auf, sind vielleicht aggressiv, zeigen einen Leistungsknick, entwickeln körperliche Symptome oder ziehen sich auffällig zurück. Was ist nur eine Verhaltensauffälligkeit und wann beginnen eine Verhaltensstörung und eine behandlungsbedürftige Erkrankung?“, fragt sich Hakimpour-Zern.

Kinder ziehen sich zurück, zeigen Leistungsabfall, werden aggressiv

Antworten auf diese und andere Fragen gaben die Referenten des Workshops. Dr. Martin Oldenburg von der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung in Schleswig-Holstein sprach zum Thema Übergewicht und Fehlernährung und die Frage, wie man Kinder wieder in Bewegung und in eine gesunde Ernährung bringen kann.

Corona habe laut Oldenburg erhebliche Auswirkungen auf das Bewegungs- und Ernährungsverhalten sowie die Freizeitgestaltung von Kindern gehabt. Übergewicht und Adipositas nähmen zu. Man müsse das Problem gesellschaftspolitisch sehen und „in der Lebenswelt der Kinder angehen“.

„Alle Kinder und Jugendlichen zeigen ab und zu psychische Auffälligkeiten“

Corona-Pandemie: Viele Kinder haben die Phasen der Quarantäne und des Heimunterrichts nicht gut überstanden.
Corona-Pandemie: Viele Kinder haben die Phasen der Quarantäne und des Heimunterrichts nicht gut überstanden. © imago stock&people

Gesundes Essen in der Tagesverpflegung durch Schule und Kita und mehr Bewegung auch in den Schulalltag bringen, zum Beispiel auf dem Pausenhof.“ Mindestens genauso wichtig sei es aber, Kinder und Jugendliche in ihrem Selbstbewusstsein und in ihrer Selbstwirksamkeit zu stärken.

Über Verhaltensnormen, aber auch Verhaltensauffälligkeit und -störung sprach die Diplom-Psychologin Dr. Simone Goebel aus Kiel. „Jedes Kind und jeder Jugendliche zeigt ab und zu psychische Auffälligkeiten – entsprechend einem Entwicklungsstand und/oder anlassbezogen.“

Verlässliche und starke Bindungen zu Lehrkräften sind wichtig

Zudem unterlägen Verhaltensnormen immer auch kulturellen und gesellschaftlichen Schwankungen. Störungen des Sozialverhaltens oder depressive Reaktionen seien dabei Lösungsversuche der Kinder und Jugendlichen, mit ihrer Not umzugehen. Dagegen würden nur starke und konstante sozialen Bindungen und Beziehungen ankommen, beispielsweise auch durch stetige Anwesenheit und Zugewandtheit von Lehrkräften oder Schulsozialarbeit. Mobbing sei wiederum der stärkste Risikofaktor in der Schule.

Für alle Bildungs- und Lernvorgänge sei es daher eine grundlegende Voraussetzung, dass sich Kinder und Jugendliche bindungs- und emotional sicher fühlten. Weiteren Input zum Thema lieferten die Kinder- und Jugendpsychiaterinnen Dr. Silke Streitpferd und Dr. Jana Efken aus der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Norderstedt.

Sylvia Hakimpour-Zern zog ein positives Fazit des Workshops: „Am Ende gingen alle zufrieden in ihre Arbeitswelt zurück. Sie waren dankbar für das neu vermittelte Wissen und den interdisziplinären Austausch.“