Norderstedt. Partei stellt Frank Schulz nicht für die Kommunalwahl auf. CDU-Chef weist Vorwürfe zurück – alles zum parteiinternen Zoff
Die CDU in Norderstedt verliert weiter an personeller Stärke. Nachdem Stadtvertreter Volker Schenppe vor gut einem Jahr die Fraktion verlassen hat, ist jetzt Frank Schulz aus der Fraktion ausgetreten – und hat sein CDU-Parteibuch gleich mit abgegeben. Damit schrumpft die Zahl der Stadtvertreter auf neun. Nach der Kommunalwahl 2018 waren die Christdemokraten mit elf Mitgliedern in der Stadtvertretung noch stärkste Fraktion, nun hat die SPD einen politischen Entscheider mehr im Rathaus.
„Ich bin tief enttäuscht, wie meine Partei mit mir umgegangen ist. Vor allem vom Ortsvorsitzenden hätte ich ein anderes, faires Verhalten erwartet“, sagt Schulz. Er habe seinen Wahlkreis bei der letzten Kommunalwahl direkt gewonnen, die Arbeit habe ihm Spaß gemacht. „Und deswegen habe ich dem Ortsvorsitzenden Thorsten Borchers auch vor gut einem halben Jahr gesagt, dass ich wieder antreten will“, sagt der 60-Jährige.
Norderstedt: „Ich bin tief enttäuscht“ – CDU-Stadtvertreter schmeißt hin
Er habe danach ein halbes Jahr nichts zu seiner Kandidatur gehört und sei davon ausgegangen, dass er für die Wahl im nächsten Mai nominiert wird. Daher sei er „aus allen Wolken gefallen“, als ihn Fraktionschef Peter Holle ein paar Tage vor der Kandidatenkür am 12. November angerufen und ihm mitgeteilt habe, dass er nicht mehr dabei ist. Er könne ja als bürgerliches Mitglied weiter in der Kommunalpolitik mitmischen.
„Es ist schon schwach, dass mich nicht der eigentlich für die Nominierung zuständige Ortsvorsitzende angerufen hat, sondern der Fraktionsvorsitzende“, sagt Schulz. Gründe seien ihm nicht genannt worden.
Kritik am Vorsitzenden: „So geht man nicht mit Menschen um“
Er geht davon aus, dass persönliche Animositäten zwischen ihm und Borchers die Ursache dafür waren, dass der Wahlausschuss ihn nicht berücksichtigt bzw. auf der Kandidatenliste ganz hinten aufgestellt habe. „Da hätte ich nie eine Chance, in die Stadtvertretung zu kommen“, sagt der Politiker, der im Sozial- und Jugendhilfeausschuss mitgearbeitet hat und stellvertretendes Mitglied im Umweltausschuss war.
Er verstehe nicht, warum der CDU-Vorstand nicht früher auf ihn zugekommen sei und Probleme angesprochen habe: „So geht man nicht mit Menschen um, das Verhalten des Ortsvorstands empfinde ich als persönliche Degradierung.“
CDU-Chef Borchers: „Fehlender Einsatz und mangelnde Zuverlässigkeit“
CDU-Ortschef Borchers weist die Vorwürfe zurück: „Dass Frank Schulz bei der Nominierung nicht berücksichtigt wurde, hat nichts mit seiner Person an sich zu tun, sondern mit seinem Verhalten.“ So habe er es an Zuverlässigkeit, Einsatz, Präsenz und Mitarbeit fehlen lassen – wichtige Eigenschaften eines Kommunalpolitikers, gerade mit Blick auf die Fülle von Arbeit, die die ehrenamtlichen Politiker bewältigen müssten. Da müsse sich jeder entsprechend einbringen.
„Der Ortsverband hat Schulz mehrfach zu mehr Engagement aufgefordert, ohne Erfolg“, sagt Borchers. Er habe versucht, vor der Kandidatenkür Kontakt zu Schulz aufzunehmen. Doch alle Versuche seien ohne Resonanz verhallt. „Die Aufstellung der Kandidaten ist ein demokratischer Prozess, bei dem die Partei entscheidet und nicht der Vorsitzende“, sagt der Ortschef.
CDU-Fraktionschef Holle: Es gibt keinen Automatismus für die Nominierung
„Für die Fraktion ist der Rückzug von Schulz ein schwer zu verstehender Schritt“, sagt Fraktionschef Peter Holle. Aus einem bestehenden Mandat erwachse nicht automatisch der Anspruch, wieder dafür nominiert zu werden. Zudem handele es sich um eine demokratische Entscheidung, bei der man sich auch einmal selbst hinterfragen sollte, wie es dazu kam.
Bei der Nominierung für die Entscheidung am 12. November habe es sich lediglich um einen Vorschlag gehandelt. Frank Schulz hätte zur Versammlung kommen und seinen Hut in den Ring werfen können, habe er aber nicht.
Schulz behält Mandat und macht als fraktionsloser Stadtvertreter weiter
Schulz will sein Mandat behalten und als Fraktionsloser in der Stadtvertretung bis zur Kommunalwahl weitermachen. Zum einen habe er das Mandat direkt als Person Frank Schulz gewonnen. „Zu anderen will ich die CDU nicht auch für ihr enttäuschendes Verhalten belohnen, indem ich meinen Sitz abgebe und die CDU einen Nachrücker in die Stadtvertretung schickt“, sagt der Norderstedter.
Borchers sieht das anders: „Die Wähler haben überwiegend die Partei gewählt, deswegen finde ich es problematisch, das Mandat mitzunehmen. Für Fraktionschef Holle ist die Mitnahme des Mandates wie schon bei den Herren Schenppe und Wojtkowiak „ein zutiefst undemokratischer Prozess“.
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Volker Schenppe hatte der CDU-Fraktion vor gut einem Jahr den Rücken gekehrt sein Mandat zunächst als Fraktionsloser ausgeübt und sich jetzt den Freien Wählern angeschlossen. Sven Wojtkowiak trat Anfang 2020 als FDP-Fraktionschef zurück und brachte mit Einzelkämpfer Thomas Thedens die Freien Wähler auf Fraktionsstärke.
Norderstedt: „Wählerwille wird ad absurdum geführt“
„Es ist eher nicht die Person, die gewählt wurde und wird, sondern die Partei“, sagt auch Holle. In diesem Fall die CDU habe den Kandidaten auch den Wahlkampf finanziert und ihnen die Wahl überhaupt erst ermöglicht. Holle: „Das Ganze gipfelt dann darin, dass andere Fraktionen als Auffangbecken fungieren und sich somit eine Mehrheit beschaffen. Hier wird der Wählerwille ad absurdum geführt.“
Hinter der politischen Zukunft von Schulz stehen viele Fragezeichen: „Momentan bin ich einfach nur enttäuscht und weiß nicht, ob und wie weitermache“, sagt er.