Kreis Segeberg. Zahl der Bewerber auf Ausbildungsplätze in Norderstedt und Co sinkt. Welcher langjährige Trend dafür verantwortlich ist.
Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchen, haben im Kreis Segeberg hervorragende Chancen. Auf der anderen Seite fällt es den Betrieben immer schwerer, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. So fällt die Bilanz der Agentur für Arbeit für das Ausbildungsjahr 2021/2022 aus. Die Zahl der Bewerber und Bewerberinnen ist gesunken, im Gegenzug haben die Unternehmen deutlich mehr Ausbildungsangebote bereitgestellt.
973 junge Männer und Frauen haben sich im Kreis Segeberg im vergangenen Jahr um einen Berufseinstieg beworben, 81 oder 7,7 Prozent weniger als 2020/2021. Ein Jahr zuvor gab es noch 1376 Schulabgänger, die in die Arbeitswelt einsteigen wollten. Die Betriebe haben der Arbeitsagentur 1437 Lehrstellen gemeldet, 247 oder 20,8 Prozent mehr als im Vorjahr und auch mehr als 2019/2020 (1331 Ausbildungsplätze).
Azubi-Mangel: In welchen Berufen der Nachwuchs fehlt
Diese Entwicklung spiegelt sich in Norderstedt wider: 269 Jugendliche meldeten sich in der Stadt bei der Berufsberatung, 19 weniger als im Vorjahreszeitraum. Sie konnten sich theoretisch einen von 518 Ausbildungsplätzen aussuchen, 116 mehr als im Vorjahr.
„Möglicherweise bestand in diesem Jahr ein großer Nachholbedarf bei den Unternehmen, denn im Vorjahr war die Stellenzahl um über zehn Prozent eingebrochen. Zudem haben sich in den letzten Monaten viele Firmen im Kreis Segeberg neu angesiedelt“, sagte Thomas Kenntemich, Leiter der Arbeitsagentur, der die Bilanz des Ausbildungsmarktes 2022 gemeinsam mit Segebergs Landrat Jan Peter Schröder und Schulrat Odert Schwarz bei der W. Pelz GmbH & Co. KG in Wahlstedt präsentierte.
Trend: Jugendliche streben immer häufiger einen höheren Schulabschluss an
Der Rückgang an Bewerbern und Bewerberinnen bestätige einen langjährigen Trend: Jugendliche strebten immer häufiger einen höheren Schulabschluss an, viele gingen auf weiterführende Schulen, wollten studieren. Sie fehlten dann in der betrieblichen Ausbildung. Dieser Trend halte auch nach den besonders durch Corona geprägten Jahren an, teilt die Arbeitsagentur mit.
„Fachkräfte mit einer betrieblichen Ausbildung sind unverzichtbar, um die Herausforderungen der Zukunft wie einen verantwortlichen Klima- und Umweltschutz oder die Digitalisierung realisieren zu können. Die betriebliche Ausbildung bietet jungen Menschen einen sicheren Berufsstart und ausgezeichnete Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten. Für die Unternehmen im Kreis Segeberg heißt es, mit den Ausbildungsbemühungen jetzt nicht nachzulassen“, sagte Landrat Schröder.
Ausbildung: Schulen verstärken berufliche Orientierung
„Die Berufliche Orientierung an den Schulen konnte nach dem Corona-Lockdown wieder anlaufen. Angebote wie Berufsorientierungsunterricht, Beratungssprechstunden oder Ausbildungsmessen an den Schulen sind für die Jugendlichen wichtig, um den passenden Weg ins Berufsleben zu finden“, sagte Schulrat Schwarz. Der verpflichtende Stärken-Parcours und die berufspraktische Erfahrung an den weiterführenden Schulen sollen ausgebaut werden. Kein Jugendlicher dürfe auf dem Weg von der Schule in den Beruf verloren gehen.
Die Pelzgroup, die in Wahlstedt Hygieneartikel herstellt, sucht aktiv den Kontakt zu Jugendlichen und bietet Betriebsführungen und Praktika an. Ein „Reinschnuppern“ ist auch über die anstehende Hansebelt Jobtour möglich, zudem besteht eine Kooperation mit der Wahlstedter Gemeinschaftsschule.
Ausbildungsleiterin Nicole Lüttich und Personalchef Emanuel Richter setzen auf individuelle Betreuung: „Unsere Nachwuchskräfte unterstützen wir gezielt durch innerbetriebliche Lerngruppen und mit Nachhilfeunterricht. Damit wollen wir möglichst allen Auszubildenden den erfolgreichen Abschluss ermöglichen. Sie sind unsere gesuchten Fachkräfte von morgen.“ Im nächsten Jahr würde Ausbilder Sven Rentzow gern 25 neue Azubis begrüßen. Infos unter pelzgroup.de.
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Ein vorbildliches Engagement, wie Arbeitsagentur-Chef Kenntemich sagt. Auch die Agentur für Arbeit unterstütze Azubis mit Nachhilfeangeboten und sozialpädagogischer Betreuung.
Ausbildung: Beste Chancen auf eine Lehrstelle in Norderstedt und Co
Zum Ende des Beratungsjahres waren kreisweit noch 117 Ausbildungsstellen unbesetzt, 13 weniger als im Vorjahr. Offene Stellen gab es vor allem im Einzelhandel (insbesondere im Lebensmittelverkauf), als Elektroniker/in, als Fleischer/in, aber auch einige in Lagerlogistik und den kaufmännischen Berufen.
Den Lehrstellen standen Ende September noch 85 unversorgte Ausbildungssuchende gegenüber, 13 weniger als im Vorjahr. Gesucht waren noch Ausbildungsplätze als Kaufmann/-frau, Ausbildungen im Verkauf (häufig ohne Lebensmittelbereich), Kfz-Mechatroniker/in sowie in Marketing und Informatik. Oft hätten Wünsche, Mobilität oder fachliche Voraussetzungen nicht zu den Anforderungen gepasst.