Norderstedt. Beatrix Berin Sieh und Lothar Fuhrmann wurden für ihr kulturelles Schaffen geehrt. Wie sie Norderstedt prägten.
Beatrix Berin Sieh umklammerte den Blumenstrauß, den ihr Norderstedts Stadtpräsidentin Kathrin Oehme überreicht hatte, und lächelte geschmeichelt. „Ich bin sehr glücklich, hier heute auf der Bühne zu stehen“, sagte die Künstlerin, der am Sonntag im Kulturwerk am See der Kulturpreis der Stadt Norderstedt verliehen wurde.
„Aber dieser Ort ist mir nicht vertraut“, fuhr Sieh fort. Ihre Bilder und Installationen schafft sie meistens im Stillen in ihrem Atelier. „Ich bin wahnsinnig aufgeregt und habe ziemliches Lampenfieber“, gestand die Preisträgerin und ließ sich das Manuskript ihrer Rede auf die Bühne reichen. Mit so viel Authentizität hatte sie die Lacher und das Wohlwollen der Gäste auf ihrer Seite.
Norderstedt: „Zutiefst berührt“ – Stadt vergibt Kulturpreis 2022 zum achten Mal
Bereits zum achten Mal hat die Stadt die Auszeichnung vergeben. Die 85 Jahre alte Christa Heise-Batt, die 1997 Norderstedts erste Kulturpreisträgerin wurde, saß ebenfalls im Publikum. Mittlerweile wird der Preis in einem Rhythmus von fünf Jahren verliehen, zu Beginn waren es drei.
Gewonnen haben ihn neben Autorin Heise-Batt bereits Kirchenmusikdirektor Bernd Leste, Künstlerin Ane Königsbaum, Bildhauer Thomas Behrendt, das Symphonische Blasorchester, das Theater Pur und Zauberer und Kabarettist Marcel Kösling.
„Ich bin zutiefst berührt, diese Auszeichnung entgegennehmen zu dürfen. Ich empfinde sie als höchste Wertschätzung“, sagte Beatrix Berin Sieh. Die Künstlerin wurde 1961 in Istanbul geboren und ist dort zur Schule gegangen. Seit 1969 lebt sie in Norderstedt, studierte in Hamburg Kommunikationsdesign, Malerei und Islamwissenschaften im Fachbereich Orientalistik.
Kulturpreis ist für Norderstedterin das „i-Tüpfelchen“ ihrer Karriere
„Ich fühle mich als waschechte Norderstedterin“, sagte sie. In ihrer Kunst sind aber immer wieder orientalische Einflüsse zu erkennen. Ihr großes Thema ist die Verbindung zwischen Okzident und Orient, die Verbindung zwischen West und Ost – ihrer beiden Heimaten Norderstedt und Istanbul.
„Gravierender können Gegensätze kaum sein“, sagte Laudatorin Heike Linde-Lembke. „Beatrix Sieh aber gelingt es, diese Gegensätze zu überwinden, mehr noch, die Pole miteinander zu verbinden und jedem Pol trotzdem seine Eigenständigkeit zu lassen.“
Den Kulturpreis, der mit 5000 Euro dotiert ist, sieht Beatrix Berin Sieh als „i-Tüpfelchen“ ihres bisherigen künstlerischen Schaffens. Den Preis möchte sie auch ihrer verstorbenen Mutter Erika widmen. „Sie war meine Förderin und Wegbegleiterin und selbst über Jahrzehnte ein Gesicht der Norderstedter Kulturlandschaft.“
Lothar Fuhrmann war fast 34 Jahre Kantor der Johanneskirche in Norderstedt
Musikalisch begleitet wurde die Verleihung des Kulturpreises von Latif Durlanik an der Saz-Langhalslaute, dem Pianisten Daniel Rodríguez und der Johanneskantorei Norderstedt.
Für sein Lebenswerk zeichnete die Stadt Lothar Fuhrmann aus. Der 85-Jährige war fast 34 Jahre lang Kantor der Johanneskirche in Norderstedt. Mit fünf Sängerinnen im Chor hat er angefangen. 50 Mitglieder war die höchste Zahl, die er anleitete.
Ursprünglich absolvierte Fuhrmann eine Kaufmannslehre. Doch der Alltag im Büro wurde ihm schon bald zu langweilig und er begann Kirchenmusik zu studieren – ganz zum Ärger seines Vaters. Doch er hat sich nie von seinem Weg abbringen lassen. Von seiner Liebe zur Musik.
Norderstedt: Der Chorleiter, der auch ein Sprachengenie ist
Laudator Heinz Bischoff beschrieb ihn nicht nur als „reisefreudig, weltoffen und multikulturell“, sondern auch als „Fremdsprachen-Genie“. Fuhrmann kann etliche Sprachen sprechen – unter anderem Englisch, Niederländisch, Spanisch, Portugiesisch, Schwedisch, Französisch und Malaiisch. „Bei so viel Vielfalt wundert man sich, dass er überhaupt noch Deutsch kann“, scherzte Heinz Bischoff.
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Für Lothar Fuhrmann selbst ist sein Sprachtalent gar keine Besonderheit, über die er lange reden möchte. „Ich hatte halt Lust zu lernen“, sagte er. Und: „Ich reise nicht in Länder, wenn ich die Sprache nicht kann. Deswegen war ich auch noch nie in der Türkei.“ Da er aber unbedingt mal nach Malaysia und Indonesien wollte, lernte er halt die Malaiische Sprache.
Der Norderstedter hat Generationen von Musikerinnen und Musikern in Laute und Gitarre, Gesang und Orgel unterrichtet. Lothar Fuhrmann führte die Johanneskantorei zu vielen Wettbewerben und holte mit dem gemischten Chor einige Preise nach Norderstedt.