Norderstedt. Vier Monate wohnt eine Autorin oder ein Autor im Stadtpark. Wer sich für Stipendium im Tiny House bewerben kann.
Gesucht wird eine Autorin oder ein Autor, eine Person, die Lust hat, sich Norderstedt mal ganz genau anzuschauen. Die sich einige Monate nur der Kommune widmen will und ihren Menschen. Sie soll die viertgrößte Stadt Schleswig-Holsteins erkunden, die Bürgerinnen und Bürger beobachten, mit ihnen sprechen, diskutieren. Sie soll die hintersten Ecken der Stadt durchleuchten, sich an ihren Kanten reiben, ihre Schönheiten entdecken und Schrulligkeiten entlarven, tief in die Geschichte abtauchen, über ihre Zukunft fabulieren – und aus alldem ein ganz neues Werk gestalten.
Die Stadt Norderstedt sucht für 2023 eine Stadtschreiberin oder einen Stadtschreiber. Er oder sie bekommt ein Stipendium, dotiert mit 1500 Euro im Monat und einer Laufzeit von vier Monaten. Norderstedt ist damit nach Schleswig die zweite Stadt in Schleswig-Holstein, die sich einen literarischen Chronisten leistet – abgesehen noch von der Institution des Inselschreibers auf Sylt.
Tiny House: In dieses Mini-Haus zieht Norderstedts Stadtschreiber ein
Bewerben kann sich nur, wer von außerhalb kommt. Wer seinen Lebensmittelpunkt, sei es privat oder beruflich, in Norderstedt hat, ist von der Bewerbung ausgeschlossen. Schließlich will man einen frischen, unvoreingenommenen Blick auf Norderstedt.
Die Bewerbungsfrist für das Stipendium endet am 31. Dezember. Eine Jury mit Kulturdezernentin Katrin Schmieder an der Spitze wählt danach aus, wer das Stipendium erhält. Es soll im Mai 2023 beginnen. Die Autorinnen und Autoren sollten bereits ein Buch in einem Fremd-Verlag verlegt haben oder mit mindestens zwei Arbeiten in veröffentlichten Anthologien vertreten sein. In der Bewerbung sollte dargestellt werden, warum man Stadtschreibende in Norderstedt werden möchte, welches Konzept, welche Ideen damit verbunden werden könnten.
Norderstedt: Zur Aufgabe des Stadtschreibers gehört auch ein Tagebuch
„Wir wollen aber die Gestaltung des Stipendiums ganz offen lassen und vertrauen den künstlerischen Inspirationen der Bewerberinnen und Bewerber“, sagt Schmieder, die sich für die Stadt auch eine Außenwirkung mit Image-Gewinn von dem Stipendium erhofft.
Zu den Aufgaben gehöre auch das Schreiben eines literarischen Arbeitstagebuchs, beispielsweise als Blog im Internet, und die Beteiligung an Norderstedter Kultur-Aktionen. „Ich bin sehr gespannt, was sich während der Stipendiumszeit literarisch entwickelt“, sagt Schmieder.
Tiny House wird im Stadtpark Norderstedt aufgestellt
Zur Jury gehören auch Stadtbücherei-Leiterin Leonie Hintz, die das Projekt maßgeblich mit Katrin Schmieder kreiert hat, Eva Reinders, Vorstand Kulturstiftung Norderstedt und stellvertretende Stadtpark-Chefin, Kulturausschuss-Vorsitzender Emil Stender und eine Person der Norderstedter Literaturszene. Anfang Februar soll die Entscheidung stehen. „Die Stadtschreiberin oder der Stadtschreiber kommt mit fremden Blick, mit einem Blick von außen in unsere Stadt, sieht die Bürgerinnen und Bürger ganz anders als wir und sollte unsere Kulturszene literarisch mit neuen Impulsen unterstützen und neu beleben, sei es mit einem Roman, mit Kurzgeschichten oder auch mit Gedichten“, sagt Katrin Schmieder.
Das ganz besondere am Norderstedter Stadtschreiber-Dasein soll die Unterkunft sein. Das Stipendium habe „Abenteuer-Charakter“, sagt Leonie Hintz. Ein Tiny House wird im Stadtpark aufgestellt, auf der Wiese hinter dem Bustan, dem biblischen Wein- und Obstgarten.
Das Tiny House heißt Gustav, ist sehr gemütlich und duftet nach Holz
Das kleine Häuschen hat sogar einen Namen (Gustav) und eine Homepage (gustavswelt.de). Es gehört der Journalistin Tanja Breukelchen. Ihr Gustav, schreibt sie, ist ein hölzerner Bauwagen. Im Innern habe er ein bequemes Bett, Essbereich und Küche, separate Bio-Toilette und einen Lesebereich mit zwei kuscheligen Sesseln vor einem riesigen Panoramafenster, um das sich ein volles Bücherregal schmiege.
Gustav habe Fußboden- und Deckenheizung, Leselampen und Deckenspots und einen heimeligen und wunderbar beruhigenden Geruch nach Holz. Mit 7 Meter Länge und 3,5 Tonnen sei er zwar ein kleiner Pummel – auf seinen kleinen Reifen sei er aber trotzdem sehr wendig. Was Gustav nicht hat: Backofen, Spülmaschine, TV und Dusche. Der Stadtschreiber oder die Stadtschreiberin muss entweder morgens in den Stadtparksee springen, im Strandbad duschen oder Katzenwäsche akzeptieren.
Tiny House ist zu zweit nutzbar – mit Partner oder Kind
Gustav ist zu zweit nutzbar, beispielsweise mit Partner oder Kind. Ein Fahrrad gibt es dazu. „Ich stelle es mir schön vor, dort in dem blauen Bauwagen Gustav zu leben, als erstes morgens im Stadtparksee zu schwimmen und dann frei unsere Stadt zu erobern“, sagt Schmieder. Leonie Hintz freut sich vor allem darauf, „Literatur noch einmal auf eine andere Art und Weise in Norderstedt präsenter zu machen.“
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Gustavs Gastgeber, Stadtpark-Chef Kai Jörg Evers, freut sich auf den Stadtschreiber oder die Stadtschreiberin: „Der Stadtpark ist ein Wohlfühlort mit vielen kulturellen Angeboten – eine ,Künstlerresidenz‘ passt da sehr gut hinein, und wir sind neugierig, welche Inspiration die Person uns geben wird.“
Tiny-House: Was für Stipendium als Norderstedts Stadtschreiber eingereicht werden muss
Die Ausschreibung zum Stipendium ist unter www.norderstedt.de zu finden. Eingereicht werden sollte ein Lebenslauf und ein Motivationsschreiben. Außerdem sollen erste Ideen beschrieben werden, wie man die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger kennzulernen gedenkt, warum man als Stadtschreiberin oder Stadtschreiber Norderstedt prägen möchte. Dazu gehören Nachweise über Veröffentlichungen, die nicht im Eigenverlag erschienen sind, und auch unveröffentlichte Textproben.
Kontakt: Stadtbücherei Norderstedt, Leiterin Leonie Hintz, 040/53 59 51 85 oder Leonie.Hintz@norderstedt.deVollständige Bewerbungen gehen direkt an stadtschreiber@norderstedt.de