Leezen. Der Abriss der Getreidespeicher in Leezen hat begonnen. Rund 100 neue Wohneinheiten sollen mitten im Ort entstehen.
Jetzt verliert die Gemeinde Leezen endgültig ihre höchsten Gebäude. Am Mittwochmittag begann der Abriss der beiden jeweils 40 Meter hohen Getreidespeicher, die seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt werden.
Zahlreiche Schaulustige verfolgten an der Raiffeisenstraße aus sicherer Entfernung, wie ein 120 Tonnen schwerer Spezial-Bagger mit seinem 50 Meter langen Teleskoparm und einer großen Greifzange Stück für Stück der Betonwände „abknabberte“.
Leezen: Wenn 4000 Tonnen Stahlbeton abgerissen werden
Den Bagger hatte die Abrissfirma dafür eigens von einer Baustelle aus Bayern in den Kreis Segeberg geholt. Wer das Spektakel noch aus nächster Nähe beobachten möchte, muss sich beeilen. Bis kommenden Dienstag, 25. Oktober, würden beide Türme komplett abgetragen sein, sagt Felix Müller von der Abrissfirma Bodo Freimuth aus Bülkau, gelegen in der Nähe von Cuxhaven.
- Apotheken-Streik in Norderstedt: „Jeder denkt, wir hätten einen Goldesel“
- Bund der Steuerzahler: Party-Geld für Schüler – Norderstedt im Schwarzbuch
- Norderstedt: Liebe Leser und Leserinnen – wir müssen reden!
Insgesamt werden es am Ende rund 4000 Tonnen Beton, Stein, Mörtel und Bauschutt sein, die auf diesem 1,6 Hektar großen Gelände abgebaut und für den Straßenbau in kleine Stücke bis 45 Millimeter Größe gebrochen und zerkleinert werden, erklärt Polier Müller.
Mit Düngemitteln verseuchtes Material wurde entsorgt
Mit vier Baggern sind seine Leute schon seit sechs Wochen dabei, die früheren Hallen und Büroräume der Raiffeisengruppe, die zuletzt zu einer Spedition gehörten, abzureißen. Die Eternitdächer, Asbeststoffe und Dämmmaterialien seien bereits zuvor als Sondermüll entsorgt worden und auf die umliegenden Deponien gefahren worden. Auch der mit Düngemitteln verseuchte Lagerhallenboden wurde auf diese Weise fachgerecht entsorgt. „Das waren etwa zehn Container voll“, erklärt Müller.
Für die 1750 Einwohner zählende Gemeinde Leezen soll hier im Ortsteil „Leezen-Mitte“ ein neues großes Wohngebiet entstehen, erläutert Bürgermeister Ulrich Schulz. Zusammen mit dem Leitenden Verwaltungsbeamten Frank Backens beobachtete der Bürgermeister auf der Baustelle den Fortschritt der Abrissarbeiten, die ja die Voraussetzung für das neue Wohngebiet darstellen.
Mitten im Ort sollen rund 100 Wohneinheiten entstehen
Mit weiteren Flächen der Umgebung, die die Gemeinde bereits dazu gekauft habe, soll hier im nächsten Jahr eine 5,3 Hektar große Fläche neu überplant werden. „Für Leezen ist das ein Schlüssel-Grundstück für unsere Ortsentwicklung“, sagt Bürgermeister Schulz.
Mitten im Ort sollen hier rund 100 neue Wohneinheiten entstehen. Es sind barrierefreie, kostengünstige Wohnungen für Senioren, Geschosswohnungen für Singles und Familien, Freizeiteinrichtungen, Jugendtreffs sowie ein Kindergarten, ein Ärztehaus und ein Bürgerpark als Treffpunkt für die Bewohner geplant.
Fußläufig sind die Supermärkte, Gaststätten, Banken und Sparkassen an der Bundesstraße 432 zu erreichen. Mögliche Investoren gäben sich bereits in der Amtsverwaltung die Klinke in die Hand, freut sich Bürgermeister Schulz.
Zur Planung soll es Workshops und eine Einwohnerversammlung geben
Die Einzelheiten der künftigen Bebauung und die sich daraus ergebende genaue Zahl der Wohneinheiten soll aber mit den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde beraten und entwickelt werden, kündigt Schulz an. Es werde dazu mehrere Workshops und eine Einwohnerversammlung geben.
„Von dem, was wir hier machen, profitiert das ganze Amt Leezen mit seinen knapp 9000 Bewohnern in den zwölf Gemeinden.“Bislang laufe „alles wie am Schnürchen“, freut sich der Bürgermeister.
Die Bau- und Abrissfirmen unter der Leitung des Ingenieurs Gregor Wogan von der Firma ABP-Ingenieure aus Schmalfeld arbeiteten voll im Zeit- und Kostenplan. Was Bauleiter Wogan bestätigt: „Am Ende werden wir wohl bei etwa 450.000 Euro Kosten landen. Das passt schon“, schätzt er. Für ihn sei das in 30 Berufsjahren der erste große Abriss gleich mehrerer Gebäude und Silotürme.
Die beiden Speichertürme wurden vor 60 Jahren gebaut
„Normalerweise bauen wir ja auf und nicht ab wie hier“, sagt er und schmunzelt. Die einzigen noch Unbekannten beträfen den Unterbau der fast 60 Jahre alten Speichertürme, die bis zu 3000 Tonnen Getreide lagern konnten, und den Untergrund der früheren Raiffeisentankstelle, die bis vor etwa 30 Jahren noch in Betrieb war.
Polier Müller schätzt, dass die Fundamente der Stahlbeton-Kolosse bis zu fünf Meter tief in den Boden eingegraben sein dürften. Von dem früheren Tanklager wisse man bereits von einem Bodengutachten, dass das Erdreich mit Schadstoffen verunreinigt sei, erklärt Müller. Die Frage sei nur, in welchem Ausmaß und Umfang das der Fall sei. Wie dem auch sei, der gesamte kontaminierte Boden werde durch Bodenproben ermittelt und entsprechend ausgebaggert und dann abgefahren.
Firma heuerte einen Fassadenkletterer an
Alles sei bis ins letzte Detail geplant worden und werde nun genau nach Zeitplan bis Anfang Dezember abgearbeitet, kündigt Polier Müller an. Dann seien die Fläche eben und der Stahlbeton für den Straßenbau zerkleinert und abgelagert. Einzig die drei Mobilfunkfirmen, die auf den Türmen ihre Funkmasten installiert hatten, scheinen das Projekt unterschätzt oder ignoriert zu haben.
Obwohl auch ihnen mitgeteilt worden sei, dass bis Ende September ihre technischen Anlagen abgebaut sein müssten, wollte vor zwei Wochen noch ein Mobilfunktechniker auf einem der Türme einen Antennenverstärker austauschen. Das sei nun zu spät und nicht mehr nötig, wurde ihm beschieden.
Eine andere Firma ließ eigens von einem Fassadenkletterer die Antenne in luftiger Höhe abmontieren, um sie anschließend „lieblos“ am Boden liegen zu lassen, wunderte sich Bauleiter Wogan. „Dann hätte es auch gereicht, einfach den Strom abzuschalten.“ Abgerissen worden wären die Antennen jetzt ohnehin vom Spezial-Bagger.
Leezen: „Wir sind froh, dass die bald weg sind“, sagt der Bürgermeister
Zwei Ersatzstandorte für die Mobilfunkmasten am Rande von Leezen stünden bereits fest und seien zum Teil bereits baugenehmigt, sagt Schulz. „Leezen verliert ja jetzt seine Wahrzeichen“, sagte Bauleiter Wogan in Richtung Bürgermeister Schulz. „Wir sind froh, dass die bald weg sind“, entgegnete der darauf trocken.