Norderstedt. Marode P+R-Garage am Herold-Center muss vielleicht für 94 Millionen Euro saniert werden. Weil zu spät gehandelt wurde?

Die P+R-Tiefgarage der Stadt Norderstedt unter dem Herold-Center ist die vielleicht fieseste Ecke der Stadt. Gestank nach Urin und Kot sind hier an der Tagesordnung, eingenistete Tauben verrichten überall ihr Geschäft, Obdachlose campieren hier und Müll gammelt herum.

Ausgerechnet diese Abseite der Stadt könnte nun zum Millionengrab für Steuergelder werden. Denn offenbar ist die Tiefgarage massiv in seiner Struktur beschädigt. Schlimmste Befürchtungen des Amtes für Gebäudewirtschaft der Stadtverwaltung gehen von möglichen Sanierungskosten in Höhe von über 94 Millionen Euro aus.

Norderstedt: Ekel-Tiefgarage – Politiker wirft Stadt Versäumnisse vor

Tauben hinterlassen in der P+R-Tiefgarage unter dem Herold-Center überall ihren Kot.
Tauben hinterlassen in der P+R-Tiefgarage unter dem Herold-Center überall ihren Kot. © Christopher Herbst

Noch ist nicht endgültig geklärt, was genau in der Statik des unterirdischen Bauwerkes nicht mehr stimmt und vor allem was oder wer daran Schuld ist. Die Gutachten werden derzeit erstellt. Wie nun der Stadtvertreter Thomas Thedens von den Freien Wählern mitteilt, wurde der Kommunalpolitik im Hintergrundgespräch angekündigt, dass Schadensgutachten und eine Prüfung der Zuständigkeiten im November abgeschlossen sein sollen.

Thomas Thedens: „Die Stadt Norderstedt hat in der Tat vertragliche Verpflichtungen, bauliche Mängel an der Tiefgarage beseitigen zu müssen. Die Vertragslage ist recht komplex.“ Wenn im November alle Fakten auf dem Tisch liegen, will die Verwaltung der Politik verschiedene Lösungsvorschläge unterbreiten. „In welcher Höhe Sanierungskosten dann tatsächlich entstehen, werden wir nach der Prüfung wissen. Aber wie konnte es soweit kommen?“, fragt sich Thedens.

Landesrechnungshof kritisiert Kommunen für Untätigkeit

Er hält die Kostenexplosion in der Tiefgarage für das Ergebnis von Versäumnissen im Gebäudemanagement der Stadtverwaltung – wie es sie in vielen anderen Städten und Kommunen des Landes ebenfalls zu geben scheint.

Thedens zitiert dazu aus dem aktuellen Kommunalbericht des Landesrechnungshofs in Schleswig-Holstein zum Gebäude- und Energiemanagement in den Kommunen. Hierin werde kritisiert, dass viele Städte, Gemeinden und Kommunen zu wenig Aufmerksamkeit in den Erhalt und die Instandhaltung ihrer Gebäude investieren. Zitat: „Spätere Sanierungen werden erheblich teurer als kontinuierliche Bauunterhaltung!“ Und weiter: „Hier werden Werte vernichtet und Kosten in die Zukunft verlagert. Das ist weder wirtschaftlich noch nachhaltig!“

Politiker fordert Gebäudepässe für alle städtischen Immobilien

„Diese zu geringe Aufmerksamkeit für den Gebäudeerhalt spiegelt sich nun zumindest in Teilen auch bei der P+R-Anlage am Herold-Center wider“, sagt Thedens. Er plädiert für ein funktionierendes und vorausschauendes Gebäudemanagement für alle städtischen Gebäude. Für die 22 Schulen der Stadt gebe es bereits Gebäudepässe und die laufende Sanierung.

Der Zustand der P+R-Garage sei durch Fehler der Stadtverwaltung in der Vergangenheit begründet und „die derzeitig Verantwortlichen müssen zurzeit die Suppe auslöffeln, die ihnen vor Jahrzehnten eingebrockt wurde“. Alles müsse nun schnellstmöglich aufgearbeitet werden. Thedens: „Es bedarf dafür ausreichend finanzieller Mittel und ausreichend Stellen um den Bauunterhalt auf Dauer zu gewährleisten.“

Norderstedt: Welche Rolle spielt der Herold-Center-Anbau über der Garage?

Bei der P+R-Tiefgarage am Herold-Center könnte auch der darüber errichtete Anbau des Einkaufszentrums in Garstedt und die möglicherweise unzureichend berechnete Statik desselben eine Rolle spielen – das soll die Stadtverwaltung laut Politikern in einer Ausschusssitzung angedeutet haben. „Zusätzlich zu den aktuell angelaufenen Notsicherungs- und Bauteiluntersuchungen finden Untersuchungen zum Brandschutz und zur technischen Ausstattung und zu den vertraglichen Verpflichtungen statt“, teilt die Stadt mit.

Außerdem würden die Nutz-und Wegegerechte der Nachbarn und der Stadt geprüft. „Wir befinden uns gerade im Austausch mit der Stadt und prüfen das Thema“, bestätigt auch Agâh Schaumburg, Center-Manager im Herold-Center. „Die Zufahrt erfolgt über unser Gebäude, aber wir sind nicht Betreiber des Parkhauses.“