Norderstedt. Fahrrad-Aktivisten wollen mit Sensortechnik am Rad prüfen, ob Autofahrer genügend Abstand zu den Radfahrern halten.

Sind Norderstedts Straßen sicher für die Radfahrerinnen und Radfahrer? Oder muss man sich fürchten, wenn man auf zwei Rädern im Straßenverkehr unterwegs ist? Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub Norderstedt-Quickborn (ADFC) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) wollen das jetzt mal ganz konkret im Stadtgebiet testen. Mithilfe elektronischer Sensoren.

Eine der größten Gefahren für die Radfahrenden ist der mangelnde Sicherheitsabstand zum Auto. Wenn Autofahrerinnen und Autofahrer zu nahe an den Rädern vorbeiziehen, kann es gefährlich werden. ADFC und VCD wollen deswegen herausfinden, auf welchen Straße es immer wieder brenzlig wird – vielleicht auch, weil einfach zu wenig Platz auf der Fahrbahn ist.

Verkehr Norderstedt: Wie sicher radelt man in Norderstedts Straßen?

Michael Artmann vom ADFC Norderstedt (Mitte) und Roland Speidel vom VCD Norderstedt sind begeistert über den Abstandsmesser, den Ufuk Akkaya (l.) gebaut hat.
Michael Artmann vom ADFC Norderstedt (Mitte) und Roland Speidel vom VCD Norderstedt sind begeistert über den Abstandsmesser, den Ufuk Akkaya (l.) gebaut hat. © Burkhard Fuchs

Ingenieur Ufuk Akkaya, der bei Desy in Hamburg arbeitet und in Norderstedt lebt, hat einen elektronischen Sensor nach Bauanleitung des „Open-Bike-Sensors“ aus dem Internet zusammengestellt und mit Hilfe eines 3-D-Druckers anfertigen lassen. Der Sensor kann den Abstand zwischen Fahrrad und Auto genau abmessen. „Das ist jetzt unser Prototyp, den wir selbst ausprobieren und an unsere Mitglieder verleihen werden“, sagt Michael Artmann vom ADFC Norderstedt–Quickborn, der 400 Mitglieder zählt.

Mit dem Sensor wollen die Radler Zahlen und Daten in Norderstedt zusammengetragen, um dann eine objektive Aussagen treffen zu können, ob der von der Straßenverkehrsordnung vorgeschriebene Abstand von 1,50 Meter zwischen Fahrrad und vorbeifahrendem Auto eingehalten wird beziehungsweise überhaupt eingehalten werden kann. „Viele Radfahrer haben schlicht Angst davor, auf der Fahrbahn zu fahren, weil die Autos so dicht und eng an ihnen vorbeifahren“, sagt Artmann.

Sensor wird am Sattel oder Gepäckträger befestigt

Der „Open-Bike-Sensor“ wurde nach Bausatz aus dem Internet und mit einem 3-D-Drucker hergestellt.
Der „Open-Bike-Sensor“ wurde nach Bausatz aus dem Internet und mit einem 3-D-Drucker hergestellt. © Burkhard Fuchs

Der Ultraschall-Sensor wird am Gepäckträger oder Sattel des Fahrrades befestigt, erklärt Akkaya. Wird das Rad dann von einem Auto überholt, zeigt ein Display am Lenker sofort den Abstand an. Und nicht nur das: Das Gerät zählt auch die vorbeifahrenden Fahrzeuge, hält Datum und Zeitpunkt fest und übermittelt über ein GPS-Modul auch die genaue Position auf der jeweiligen Straße in Norderstedt. Alle Daten können dann mit einer speziellen Software auf dem Computer ausgelesen und ausgewertet werden.

„Wir versprechen uns davon jetzt einerseits Daten zur Frage der Sicherheit auf den jeweiligen Straßen und auch mehr Aufmerksamkeit für die Radfahrer“, sagt Roland Speidel vom VCD in Norderstedt, der sich als Verkehrsclub für alle Verkehrsteilnehmer vom Fußgänger über den Radfahrer bis zum Autofahrer versteht und bundesweit 100.000 Mitglieder zählt.

Das Ziel: Ausgewiesene Radfahrstreifen auf allen Straßen – wie im Ausland

Das Ziel der Fahrradaktivisten sind ausgewiesene Fahrwege für Radfahrende auf der Straße, sagt Artmann vom ADFC. Diese gebe bereits seit vielen Jahren in den Fahrradhochburgen Amsterdam, Kopenhagen oder Münster.

In Deutschland seien sie eher selten, deswegen müssten die Fahrradverbände jetzt die Daten zusammentragen, um die Stadtplaner und Verantwortlichen auf mögliche Problempunkte oder Unfallschwerpunkte hinzuweisen. Darüber hinaus ließen sich so Daten zur Verkehrsbelastung in verschiedenen Straßen zusammentragen und auswerten.

Verkehr Norderstedt: Wege zur Arbeit und zur Schule werden geprüft

Ingenieur Ufuk Akkaya zeigt, wo der Sensor am Rad befestigt werden sollte.
Ingenieur Ufuk Akkaya zeigt, wo der Sensor am Rad befestigt werden sollte. © Burkhard Fuchs

Geplant sei nun, den Sensor von verschiedenen Radfahrenden ausprobieren zu lassen. So könnte der eine den Abstandsmesser auf seinem täglichen Weg zur Arbeit nutzen und die Daten für ein paar Tage oder Wochen sammeln. Andere würde es in ihrem Viertel auf dem Weg zur Schule oder Arbeit testen.

Parallel sollen weitere Sensoren gebaut und Radfahrenden zur Verfügung gestellt werden. Am Ende soll ein möglichst flächendeckendes Ergebnis zum Sicherheitszustand der Norderstedter Radwege und Straßen zustande kommen.