Norderstedt. „Uns Uwe“ war zwar Hamburger Ehrenbürger, lebte aber in Norderstedt. Über welche Denkmale die Politik nun diskutiert.

Uwe Seeler – für immer wird der Name des HSV-Idols und Ehrenspielführers der Deutschen Nationalmannschaft auch mit Norderstedt verbunden bleiben. In Harksheide, am Weg am Sportplatz auf der Paul-Hauenschild-Sportanlage des HSV, baute „Uns Uwe“ sein Traumhaus und zog 1959 mit seiner großen Liebe Ilka ein.

Die drei Töchter Kerstin, Frauke und Helle wurden hier groß. Für Uwe Seeler war Norderstedt immer Rückzugsort, hier fühlte er sich „sauwohl“, traf Freunde in seinen Lieblingslokalen um die Ecke, etwa im ehemaligen Lindenhof. Selbst den letzten Weg ging Uwe friedlich in seinen vier Wänden in Norderstedt.

Uwe Seeler ist Ehrenbürger Hamburgs – aber sicher auch so etwas wie ein Ehrenbürger der Herzen in Norderstedt. Hamburg hat Uwes rechten Fuß vor dem Volkspark-Stadion stehen und will die Sylvesterallee nach ihm umbenennen. Und Norderstedt? Ein offizielles Zeichen des Gedenkens an einen der Größten des Deutschen Fußballs gibt es nicht – noch nicht.

Uwe Seeler: Große Pläne in Norderstedt, um dem HSV-Idol zu gedenken

1970 trafen sich zwei bekannte Norderstedter: Fußball-Idol Uwe Seeler und Bürgermeister Horst Embacher hatten Spaß beim Gedankenaustausch.
1970 trafen sich zwei bekannte Norderstedter: Fußball-Idol Uwe Seeler und Bürgermeister Horst Embacher hatten Spaß beim Gedankenaustausch. © Stadtarchiv Norderstedt/Herbert Lau

Denn das Abendblatt hat in der Norderstedter Kommunalpolitik eine Diskussion über die Frage angestoßen, was machbar und denkbar wäre, um Uwe Seelers Verbindung zur Stadt öffentlich sichtbarer zu machen. Könnte man vielleicht aus dem Weg am Sportplatz den Uwe-Seeler-Weg machen? Eine Straße in einem Harksheider Neubaugebiet nach Seeler benennen? Oder vielleicht eine Sporthalle oder -anlage ihm widmen?

Uwe Matthes, CDU-Stadtvertreter und Seeler-Fan seit er als 16-Jähriger immer zum Training des HSV mit „Uns Uwe“ pilgerte, ist Feuer und Flamme. „Großartige Idee“, sagt Matthes. Wobei er als Politiker auch die Hürden sieht. „Wenn wir den Weg am Sportplatz umbenennen wollen, müssen wir unbedingt die Anwohner mitnehmen – wenn die sich sperren, geht das nicht.“ Denkbar wäre die neue Dreifeld-Sporthalle am Exerzierplatz in Harksheide. „Aber da wird eben kein Fußball gespielt“, sagt Matthes.

Hauenschild-Sportplätze – warum nicht Uwe-Seeler-Sportpark?

Uwe Seeler 2017 im Stadion von Eintracht Norderstedt mit Eddy Münch.
Uwe Seeler 2017 im Stadion von Eintracht Norderstedt mit Eddy Münch. © Anne Pamperin

Und so bringt der CDU-Mann eine ganz andere Idee ins Spiel. Die Paul-Hauenschild-Sportplätze. „So viele Leute gibt es nicht mehr die noch wissen, wer Paul Hauenschild war“, sagt Matthes. „Warum also nicht: Uwe-Seeler-Sportplätze oder Uwe-Seeler-Sportpark?“

Hauenschild, Ehren-Präsident und einer der größten Mäzene des HSV, hatte den Kauf des 130.000 Quadratmeter großen Grundstücks in Harksheide durch den HSV 1928 vorangetrieben. Es entstand die damals größte vereinseigene Anlage mit zwölf Sportplätzen in Deutschland. Hauenschild war auch Mitbegründer des Vereins HSV Ochsenzoll-Norderstedt und vermachte später sein Vermögen dem Verein, zweckgebunden für die Anlage am Ochsenzoll. Ein großer Name in der Geschichte des HSV. Vielleicht zu groß, um durch Uwe Seeler ersetzt zu werden?

Lieber eine Uwe-Seeler-Straße im Neubaugebiet?

Uwe Seeler auf einem der HSV-Trainingsplätze an der Ulzburger Straße im Februar 2020.
Uwe Seeler auf einem der HSV-Trainingsplätze an der Ulzburger Straße im Februar 2020. © Thorsten Ahlf

Marc Muckelberg von den Grünen befürchtet das. Deswegen denkt er kleinteiliger. „Da die Hauenschild-Sportanlage ja nun wirklich hinter Uwe Seelers Haus liegt, ist es schon charmant, dort etwas zu benennen. Es wird dort doch noch einiges an neuen Gebäuden und Hallen geplant – vielleicht könnte eine davon Seelers Namen tragen?“

Zu all dem müssten der HSV Ochsenzoll und seine Mitglieder ihr Ja und Amen geben. Die Norderstedter Politik hat hier keinen Einfluss. Wohl aber auf die Umbenennung des Weges am Sportplatz. „Das wird teuer für die Anwohnerinnen und Anwohner“, sagt Muckelberg. „Vielleicht sollten wir dann lieber eine neue Straße in einem Neubaugebiet nehmen.“

Uwes Adresse: Weg am Sportplatz soll Uwe-Seeler-Weg werden

Nicolai Steinhau-Kühl und seine SPD tun sich schwer mit der Umbenennung des Weges am Stadtpark. „Das haben wir meiner Kenntnis nach in Norderstedt noch nie gemacht – die Straße wurde ja mal aus einem bestimmten Grund so benannt.“ Doch man sei offen, wenn die Anwohnerinnen und Anwohner mitziehen würde. „Ansonsten wäre es deutlich einfacher, eine neue Straße zu nehmen. Eine, die Uwe Seeler würdig ist, nicht irgendeine abgeklemmte Gasse.“

Tobias Mährlein von der FDP ist das zu beliebig. „Es müsste schon einen direkten Bezug zu Uwe Seeler geben“, sagt er. „Und das ist nun mal der Weg am Sportplatz. Ich seh’ ihn da immer noch winkend an seinem Gartenzaun stehen beim Stadtlauf, wie er alle freundlich anfeuert“, sagt Mährlein.

Vielleicht ein Denkmal im Park oder gleich den Rathausplatz widmen?

In seinem Lieblingslokal „La Veranda“ trifft Uwe Seeler 2016 seine Weggefährten Harry Bähre, Jochen Meinke und Ingo Porges.
In seinem Lieblingslokal „La Veranda“ trifft Uwe Seeler 2016 seine Weggefährten Harry Bähre, Jochen Meinke und Ingo Porges. © Roland Magunia

Andere Kommunalpolitiker sehen das mit dem direkten Bezug Seelers zu Norderstedt nicht so eng. „Der ist doch auch durch das Thema Sport gegeben. Deswegen könnten wir uns von der WiN uns vorstellen, dass man die Dreifeldsporthalle am Exerzierplatz nach Seeler benennt oder die Sportanlagen am neuen Schulzentrum Süd, dem Campus Glashütte, vielleicht zum Uwe-Seeler-Sportpark macht“, sagt Reimer Rathje von Wir in Norderstedt.

Sven Wendorf und seine AfD haben das Thema Seeler-Ehrung bereits intern besprochen und favorisieren die Umbenennung des Weg am Sportplatz in „Uwe-Seeler-Weg“ oder sogar „Uns Uwe“. Wendorf: „Das erfordert unserer Meinung nach aber die Einbeziehung und Befragung der Anwohner.“ Die AfD denkt aber sogar über ein Norderstedter Uwe-Seeler-Denkmal auf einem öffentlichen Platz oder Park nach. „Wenn dort sowieso eine Neu- oder Umgestaltung erfolgt, könnte man Kosten und Aufwand minimieren.“

Die ganz große Lösung kommt von den Freien Wählern in Norderstedt. Weil man die Umbenennung von Seelers Wohnstraße als zu teuer für die Anwohner empfindet, schlägt Fraktionschef Thomas Thedens vor: „Wir sollten den Rathausplatz in ,Uwe Seeler Platz’ umbenennen. Das wird ihm und seinem Lebenswerk gerecht und zieht auch nicht so viele Änderungen nach sich.“

Norderstedt: Anwohner am Weg am Sportplatz sind nicht abgeneigt

Jedoch – sind die Anwohnerinnen und Anwohner am Weg am Sportplatz, also die Nachbarinnen und Nachbarn der Seelers wirklich abgeneigt, für das Gedenken an Uwe ihre Adressen zu ändern?

Das Abendblatt hat bei ein paar Betroffenen nachgehakt. Und, siehe da, die Idee einer Umbenennung stößt überwiegend auf Wohlwollen. So sagt etwa Karin Steinigk, die schon seit 1964 an dieser Straße wohnt: „Ich finde das gut! Uwe Seeler habe ich persönlich gekannt, wir haben als Nachbarn miteinander geklönt. Er war wirklich ein feiner Mensch.“ Ihr Ehemann unterstütze den Vorschlag auch, zumal er glühender HSV-Fan sei.

Ein Brite wird Uwe Seelers Kopfballtor gegen England nie vergessen

Uwe Seeler 2017 bei der Eröffnung des neuen Umkleidehauses für den HSV-Amateursport in Norderstedt mit HSV-Präsident Jens Meier.
Uwe Seeler 2017 bei der Eröffnung des neuen Umkleidehauses für den HSV-Amateursport in Norderstedt mit HSV-Präsident Jens Meier. © Burgmayer

Anwohner Karsten Hartmann, der seit mehr als 40 Jahren am Weg am Sportplatz wohnt, kannte seinen Nachbarn Uwe Seeler persönlich, er ist ihm öfters beim Spaziergang mit dem Hund begegnet. „Uwe Seeler war immer sehr freundlich, hat immer ein paar Worte mit mir gewechselt.“ Hartmann wäre deshalb „natürlich für den Vorschlag.“

David Erban wohnt auch schon lange an der Straße, seit mehr als 30 Jahren. Uwe Seeler kannte er nicht persönlich, „nur vom Sehen“. Aber die Fußballikone war ihm durchaus wohlbekannt. Erban stammt aus Großbritannien und erinnert sich noch gut daran, wie er als junger Mann und Fan des englischen Nationalteams im Jahr 1970 das Viertelfinale der Fußball-WM im Fernsehen sah, die in Mexiko stattfand.

Deutschland gewann 3:2 nach Verlängerung – den Anschlusstreffer zum 2:2 erzielte in der zweiten Halbzeit Uwe Seeler. „Der hat den damals mit dem Hinterkopf reingemacht. Und wir waren draußen“, erzählt David Erban. „Von daher wäre es jetzt natürlich lustig, wenn ich am Uwe-Seeler-Weg wohne“, sagt er und lacht. Er hätte eigentlich nichts dagegen, der Name Weg am Sportplatz sei schließlich „nicht unbedingt der Hammer.“

Uwe Seeler: „Straßenname wäre schönes Andenken“

Wohnhaus von Uwe Seeler am Weg am Sportplatz. Fans hatten nach seinem Tod am Zaun Trikots, Fanschals und Fahnen aufgehängt.
Wohnhaus von Uwe Seeler am Weg am Sportplatz. Fans hatten nach seinem Tod am Zaun Trikots, Fanschals und Fahnen aufgehängt. © Claas Greite

Sabine Gebert wohnt erst seit zwei Jahren an der Straße, sie zog aus Hamburg nach Norderstedt. Fußballfan ist sie eigentlich nicht. „Aber ich weiß, wie wichtig Uwe Seeler war. Und der Straßenname wäre ein schönes Andenken.“

Kerstin Schäfer wohnt erst seit knapp zwei Jahren an der Straße, sie ist „weder HSV-Fan noch Uwe-Seeler-Fan“, von daher ist sie in der Sache neutral. Anwohner Udo Granaß hingegen gibt schnell zu Protokoll, dass er nicht für eine Umbenennung wäre, Gründe nennt er nicht. Anwohnerin Sibylle A. sieht es pragmatisch: „Grundsätzlich finde ich eine Benennung nach Uwe Seeler begrüßenswert. Ich frage mich aber auch, was mich das kosten würde, meine Dokumente wie den Personalausweis zu ändern.“

Nun: Laut Auskunft der Stadt Norderstedt wird die Anschrift auf dem Personalausweis geändert, indem ein Aufkleber mit der neuen Anschrift und der Personalausweisnummer auf die Rückseite des Dokumentes geklebt wird. Außerdem wird sie auf dem elektronischen Speicher- und Verarbeitungsmedium verändert. Kosten: Keine.