Norderstedt. Raubdelikte, gefährliche Körperverletzungen: Der ZOB am Herold-Center gehört zu den Brennpunkten der Jugendkriminalität.

Die Tat hat viele Norderstedter erschüttert. Die Polizei sprach von einem „Ausbruch extremer Gewalt“, als Anfang der August ein 26 Jahre alter Norderstedter auf dem ZOB Garstedt offenbar grundlos verprügelt wurde und tagelang in Lebensgefahr schwebte. Der mutmaßliche Täter, ein 17-Jähriger aus Hamburg, sitze weiter in Untersuchungshaft ein, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Die Ermittlungen der Kieler Mordkommission gehen unterdessen weiter. Die Kriminalbeamten wollen herausfinden, warum der Täter sein Opfer so massiv misshandelte. Gegen den Jugendlichen wird wegen eines versuchten Tötungsdelikts ermittelt. Ob der 26-Jährige weiter in einem Krankenhaus behandelt wird und ob er möglicherweise bleibende Schäden davon trägt, wollte die Staatsanwaltschaft aus Datenschutzgründen nicht mitteilen.

Polizei Norderstedt: Der 17-Jährige hat enge Beziehungen nach Norderstedt

Der festgenommene 17-Jährige lebte bis zu seinem Umzug nach Hamburg in Norderstedt. „Seine sozialen und familiären Bezüge liegen immer noch zum Teil in Norderstedt-Mitte“, hieß es bei der Ermittlungsgruppe (EG) Jugend der Norderstedter Polizei, wo der 17-Jährige wegen mehrerer Straftaten aufgefallen war.

„Die Straftaten durch den 17-Jährigen wurden auch nach seinem Umzug weiterhin im Norderstedter Bereich begangen“, sagte einer der Beamten. „Deswegen war er der EG Jugend bereits aus früheren Strafverfahren bekannt. Außerdem trat er weiterhin mit Norderstedter Tätern in Erscheinung, sodass auch diese Verfahren der EG Jugend bekannt waren.“

Der Tatort ZOB Garstedt am Herold-Center und andere Verkehrsknoten gehören zu den Brennpunkten der Jugendkriminalität in Norderstedt und anderen Orten. Warum üben die Bahnhöfe und Bushaltestellen eine Anziehungskraft auf diese jungen Menschen aus?

„Nach polizeilicher Erfahrung ist der öffentliche Raum für Jugendliche und Heranwachsende ein wichtiger und breit genutzter Ort zur Freizeitgestaltung“, sagte Polizeisprecher Lars Brockmann. „Im Gegensatz zu Elternhaus, Schule oder Verein findet hier eine geringere formale Kontrolle statt.“ Außerdem dienten diese Orte als Treffpunkts mit Gleichaltrigen. Die Polizei hatte nach der brutalen Attacke auf den 26-Jährigen ihre Präsenz auf dem ZOB Garstedt und rund ums Herold-Center deutlich erhöht.

Die Polizei ermittelt wegen Raubdelikten und gefährlicher Körperverletzung

Festgefügte Gruppen hätten sich in Norderstedter zwar nicht gebildet, aber die Ermittler stellen immer wieder fest, dass einzelne Täter sich zusammenschließen und dann gemeinsam Straftaten begehen. „Hierzu gehören Raubdelikte, gefährliche Körperverletzungen sowie Verstöße gegen das Waffen- und das Betäubungsmittelgesetz“, sagte Brockmann.

Die Beamten kennen derzeit 15 jugendliche Intensivtäter in Norderstedt. „Hierbei handelt es sich um Jugendliche, die bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten sind“, sagte Brockmann. In diesem Zusammenhang ist für Straftaten ein Punktesystem hinterlegt. Sollte ein Jugendlicher wiederholt durch Straftaten aufgefallen sein und hat einen bestimmten Punktwert erreicht, wird er als Intensivtäter eingestuft.

Ermittlungen der Mordkommission Kiel gehen weiter

Damit übernimmt die Ermittlungsgruppe Jugend die Untersuchungen. Bei anderen Jugendlichen, die nicht so häufig auffallen, sind die Jugendsachbearbeiter der Schutzpolizeidienststellen verantwortlich. In Norderstedt arbeiten diese Beamten in der Polizeistation Norderstedt-Mitte.

Dass die Mordkommission Kiel ermittelt und die Staatsanwaltschaft Hamburg das Verfahren führt, liegt an den Besonderheiten bei der Strafverfolgung von jungen Menschen. Während bei Erwachsenen die Staatsanwaltschaften am jeweiligen Tatort zuständig sind, übernehmen bei Jugendlichen und Heranwachsenden die Anklagebehörden am Wohnort des mutmaßlichen Täters den Fall.

Polizei Norderstedt: Vertrauensverhältnis zu Jugendlichen aufbauen

Der Vorteil liege hierbei darin, dass immer derselbe Jugendsachbearbeiter oder dieselbe Dienststelle mit dem Jugendlichen arbeite, um so ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, sagte Brockmann. Ziel sei es, neben der Repression durch erzieherische Maßnahmen präventiv frühzeitig einzuwirken, um einer erneuten Straffälligkeit vorzubeugen.