Norderstedt. Sie müssen die Preise anheben, fürchten aber die Konkurrenz der Discounter: Wie die Bäcker in der Energiekrise kämpfen.

Bäckereibetriebe in Norderstedt und Umgebung geraten derzeit wegen der hohen Energie- und Rohstoffpreise in eine schwierige Lage. Alles wird für sie teurer, sie müssen deshalb auch ihre Preise erhöhen. Aber die Kostensteigerungen können sie nicht voll auf die Kunden umlegen. Denn sonst, so die Befürchtung, würden sie in Zeiten von Inflation und knapper Kassen noch mehr Kunden an Discounter wie Aldi und Lidl verlieren. Für manche Betriebe ist die Situation existenzbedrohend.

„Die Lage ist ganz katastrophal zurzeit“, sagt Klaus-Dieter Lemmermann, stellvertretender Obermeister des Bäckerinnungsverbandes Schleswig-Holstein. „Der Strompreis hat sich seit Ende 2021 versechsfacht, der Gaspreis verfünffacht.“ Die Konsequenz: „Früher lag bei Bäckereien der Anteil der Energiekosten am Umsatz bei dreieinhalb bis vier Prozent. Im Moment sind es zehn Prozent.“ Bäcker würden – notgedrungen – ihre Produkte verteuern: „Wir kommen nicht drumherum, die Preise zu erhöhen.“

Energiepreise: Brötchen kostet jetzt 50 statt 45 Cent

Lemmermann ist Inhaber der Bäckerei Schmidt in Silberstedt, die acht weitere Filialen im Kreis Schleswig-Flensburg hat. Auch sein Betrieb habe die Preise erhöhen müssen. „Ein Brötchen kostet jetzt 50 Cent, vorher waren es 45 Cent.“ Er habe die Preise schon zweimal in diesem Jahr anpassen müssen, „und ein drittes Mal wird noch kommen“, sagt er.

Wie Lemmermann geht es vielen Inhabern von Bäckereien. So sagt etwa Holger Rathjen, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei in Norderstedt, die auch drei Filialen in Henstedt-Ulzburg hat: „Wir mussten auch erhöhen, das betrifft das ganze Sortiment. Ein Brötchen kostete früher 50 Cent, jetzt sind es 55.“

Landbäcker: „Ich werde noch einmal die Preise erhöhen müssen“

Tino Matthiesen, Inhaber der gleichnamigen Landbäckerei, sagt: „Wir haben im März und im Juni bei einigen Artikeln die Preise angepasst.“ Es sei jeweils um zehn Prozent erhöht worden. Und Tino Matthiessen ergänzt: „Ich werde wohl noch mal erhöhen müssen, weil ich sonst nicht klarkomme.“ Das Unternehmen mit Hauptsitz in Kayhude hat sechs Filialen, unter anderem in Norderstedt.

Die Betriebe von Rathjen und Matthiessen sind noch nicht einmal am schlimmsten betroffen – denn sie feuern ihre Öfen mit Öl, nicht mit Gas. Doch auch da gibt es hohe Preissteigerungen: „Im April habe ich für den Liter Heizöl noch 54,60 Cent gezahlt. Im Juni waren es schon 118 Cent“, sagt Holger Rathjen, der zwei mit Öl betriebene Öfen in seiner Norderstedter Backstube hat.

Getreide, Öle und Fette sind auch teurer geworden

Hinzu kämen noch gestiegene Kosten für Rohstoffe: „Getreide, Öle, Fette, Milchprodukte, das ist durch den Ukraine-Krieg alles deutlich teurer geworden.“ Und dann ist da noch der Mindestlohn. Bisher liegt er im Bäckereihandwerk bei 10,45 Euro pro Stunde, aber zum 1. Oktober wird er auf zwölf Euro angehoben. Rathjens Betrieb hat 35 Mitarbeiter.

Das Problem, das alle traditionellen Bäckereibetriebe haben: Sie sind sehr zögerlich bei der Anhebung der Preise, wollen die Kosten nicht voll auf die Verbraucher umlegen. „Das geht nur bis zu einem gewissen Grad. Ich befürchte, dass meine Kunden sonst zu den Discountern abwandern müssen, um ihr Portemonnaie zu schonen“, sagt Tino Matthiessen. Ähnlich klingt Holger Rathjen: „Irgendwann ist bei den Preiserhöhungen das Ende der Fahnenstange erreicht. Sonst verzichtet der Kunde auf Qualität und geht zu Aldi & Co.“

Klaus-Dieter Lemmermann: „Werden Betriebe verlieren“

Rathjen betont zwar, dass Kunden, mit denen er spreche, durchaus verständnisvoll seien. Aber er sagt auch: „Im Sommer hatten wir weniger Kunden.“ Er hält es für möglich, dass einfach sehr viele Menschen nach der langen Corona-Zeit wieder in den Urlaub gefahren sind. Und dass anderen, wegen der heißen Temperaturen, nicht so nach Kuchen gewesen sei. Aber denkbar sei eben auch, dass es an den Preiserhöhungen lag. „Das wird sich jetzt herausstellen.“

Bei anderen Betrieben blieben schon die Kunden aus – und zwar wegen der Preise, sagt Klaus-Dieter Lemmermann. „Ich weiß aus einigen Betrieben, dass die Brotumsätze sinken.“ Deshalb geht er davon aus, dass die Branche „Betriebe verlieren“ werde. Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks schlägt bereits Alarm, fordert von der Bundesregierung angesichts der hohen Energiepreise Entlastungen für die Branche.

Energiepreise: Laufzeiten der Öfen werden bei Rathjen verringert

Holger Rathjen behilft sich erst einmal damit, Energie einzusparen. „Wir stellen die Produktion ein bisschen um, versuchen, die Laufzeiten der Öfen zu verringern.“ Nach Möglichkeit werde nur einer der beiden Öfen genutzt. Er hofft, dass er um eine weitere Preiserhöhung herumkommt – und dass ihm seine Kunden in der schwierigen Zeit die Treue halten. „Wir müssen da gemeinsam durch, nützt ja nix.“