Norderstedt. Warum die Stadtwerke mitten in der Energiekrise 10 Millionen Euro in das beliebte Erlebnisbad investieren – und Kritik widersprechen.
Es ist die größte Investition in das Arriba-Bad in Norderstedt seit dem Ausbau der Wasserrutschen. Das Erlebnisbad unter dem Dach der Stadtwerke Norderstedt baut für 10 Millionen Euro eine große Sauna-Landschaft – mitsamt einem idyllischen Naturteich, in dem sich die schwitzenden Saunagäste abkühlen können, einer Gastronomie und einem Ruhe-Haus, um die Seele baumeln zu lassen.
Bis Ende 2024 sollen die beiden neuen Saunen und der 1400 Quadratmeter große Teich entstehen. Dafür soll ein Großteil der jetzigen Freibad-Liegewiese bebaut werden. Das Projekt soll klimaschonend umgesetzt werden, kündigte Werkleiter Nico Schellmann vor dem Werkausschuss an.
Arriba Norderstedt: Neue Sauna-Landschaft mit Naturteich
Das Erlebnisbad werde künftig mit Erdwärme oder Solarthermie beheizt, um die benötigte Energie von derzeit zwölf Gigawatt zu halbieren. „Das ist der Weg hin zu einem nachhaltigen Badebetrieb – der nachhaltige Badespaß ist möglich“, sagte Werkleiter Schellmann.
Für Arriba-Betriebsleiter Stefan Mölck ist die geplante Investition in die Saunalandschaft alternativlos. „Wir wollen die Attraktivität des Arriba-Bades aufrecht erhalten, die Besucherzahlen stabilisieren und konkurrenzfähig bleiben. „Das wird den Erholungswert für die Menschen erhöhen. Wir bieten mehr Wellness und Gesundheit.“
Konkurrenz trumpft mit neuen Plänen auf
Die Konkurrenz im Umland schläft nicht. „Die investiert ebenfalls kräftig in ihre Bäder und Sauna-Landschaften“, sagte Werkleiter Schellmann. So planen die Betreiber der Holstentherme in Kaltenkirchen, für 12 Millionen Euro eine neue, tropische Badelandschaft – die „Paradiesinsel“. Die Stadtwerke Neumünster investierten wie auch Itzehoe dieselben Summen in ihre Bäder, Itzehoe 3 Millionen Euro davon in neue Saunen. Und die Städte Pinneberg und Elmshorn erneuerten ihre Schwimmbäder mit jeweils 8 Millionen Euro. Bäderland Hamburg investiere mit 20 Millionen Euro die größte Summe.
Und da mit dem Saunabetrieb das meiste Geld zu verdienen sei, soll dieser Bereich jetzt im Arriba als erstes modernisiert und kräftig ausgebaut werden, sagte Betriebsleiter Mölck. Dafür müsse aber ein Großteil der Freibadfläche weichen. „Denn wir haben im Außenbereich der Sauna keine Erweiterungsmöglichkeiten.“
Arriba: Sommerwiese wurde immer weniger genutzt
Und die Wiese werde von Jahr zu Jahr von immer weniger Freibadgästen im Sommer genutzt, erklärte Mölck. Seit 2012 sonnten sich dort nur noch etwa 10.000 Badegäste im Jahr, während es davor bis zu 60.000 Menschen waren. Das habe sicherlich auch mit dem Naturbad am Stadtparksee zu tun, in das viele dieser früheren Arriba-Badegäste abgewandert seien. „Das zeigt uns, dass die vorhandene Wiese anders genutzt werden kann.“
Knapp zwei Drittel der Badewiese sollen für die Sauna-Außenfläche abgetrennt werden. Das soll im ersten Bauabschnitt im nächsten Jahr geschehen mit Errichtung des Sichtschutzes und Bau des großen Naturteichs. Danach sollen bis Oktober 2024 die zwei neuen Saunen, das neue Ruhe-Haus und die Gastronomie geschaffen werden. Allein für diese Modernisierung sind 4 Millionen Euro veranschlagt.
Arriba soll künftig klimaneutral betrieben werden
Diese Erweiterung des Saunabereichs mache aber nur Sinn, wenn sie energetisch nachhaltig erfolge, betont Werkleiter Schellmann. „Eine energetische Verbesserung gehört zu einem nachhaltigen Badebetrieb dazu. Wir wollen das Arriba-Bad und auch die ganze Stadt Norderstedt mit weniger CO2-Ausstoß betreiben.“ Bis zu 32.000 Tonnen CO2 ließen sich bis 2030 mit einer neuen regenerativen Wärmeversorgung einsparen, führte Robert Roß aus, der bei den Stadtwerken für die Energiewende zuständig ist.
Die „eleganteste Lösung“, wie Werkleiter Schellmann sagt, wäre es dabei, bis zu 70 Grad heiße Erdwärme aus 2000 Metern Tiefe im Untergrund Norderstedts an die Erdoberfläche zu holen und damit Schwimmbad und Saunen zu beheizen. „Das wäre die beste Lösung, weil die Erdwärme das ganze Jahr zur Verfügung steht und nicht nur im Sommer wie bei der Solarthermie“, erklärt Schellmann.
Kommunalpolitik findet die Pläne „befremdlich“
Doch ob das im Norderstedter Untergrund auch technisch machbar und genehmigungsfähig ist und wo der geeignetste Standort dafür wäre, sollen weiter seismische Untersuchungen zeigen. Parallel zur Geothermie sollen dann Photovoltaikanlagen auf den Dächern des Arriba-Bades den erhöhten Strombedarf im Winter abdecken.
Die zweite Variante könnte eine Solarthermie-Anlage mit Luft-Wärme-Pumpe sein, die immerhin auch noch 27.000 Tonnen CO2 bis 2030 einsparen würde. „Wir wollen mit den ersten Arbeiten an der Gebäudehülle und der Anlagentechnik im Jahr 2024 beginnen“, kündigt Werkleiter Schellmann an. Diese Energieumstellung soll vier bis 5,5 Millionen Euro kosten.
Besucherzahlen im Arriba gehen kontinuierlich zurück
Im Werkausschuss wurden diese Pläne etwas erstaunt zu Kenntnis genommen. In Zeiten, in denen wegen der explodierenden Gaspreise überall eher von Energiesparen und kalten Duschen die Rede ist, seien diese Pläne doch etwas „befremdlich“, befand Michael Reimers (FDP). Die Pläne kämen „zum falschen Zeitpunkt“, sagte Kathrin Arbeck (Freie Wähler). Doch Werkleiter Schellmann hielt dagegen: „Wir müssen für die Zukunft planen.“
Die Besucherzahlen des Arriba gingen in den letzten Jahren deutlich zurück. Von 2008 bis 2019 lagen sie immer zwischen 750.000 und 850.000 Badegästen. Im Corona-Lockdown 2020 fielen sie auf 350.000 und 2021 sogar auf nur noch knapp über 300.000 deutlich. Der Saunabetrieb sei sogar schon vorher eingebrochen und erreichte mit zuletzt 49.000 Besuchern nicht mal mehr die 60.000er-Marke, die er seit 1997 bis 2018 konstant gehalten habe, führte der Betriebsleiter aus.
Stadtwerke Norderstedt: Rekordergebnis von 25 Millionen Euro
Leisten können sich die Stadtwerke die Investitionen. Mit 25 Millionen Euro haben sie im abgelaufenen Geschäftsjahr einen neuen Rekordgewinn nach Steuern bei einen Jahresumsatz von 132 Millionen Euro erwirtschaftet. Damit wurde der Jahresüberschuss des Vorjahres nochmals um acht Millionen Euro übertroffen. Die Stadt bekommt davon 9,8 Millionen für ihren Haushalt, die Stadtwerke mit ihren 362 Angestellten 15,3 Millionen Euro, um ihre Eigenkapitalquote von 47,8 Prozent weiter zu erhöhen.
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Ein Verzicht auf die neue Energie-Umlage wie in Hamburg sei zurzeit nicht geplant, sagte der Erste Werkleiter Jens Seedorff auf Nachfrage von Kathrin Arbeck (Freie Wähler). „Wir werden die Umlage weitergeben.“ Die Stadtwerke würden aber „alles tun“, um die Mehrbelastung der Norderstedter Kunden bei der Energiepreisentwicklung in Grenzen zu halten, versprach Seedorff. Er will zur nächsten Sitzung des Werkausschusses dazu erste Vorschläge unterbreiten.
Arriba Norderstedt: Bis Ende 2024 soll die Sauna-Landschaft stehen
Aktuell haben die Stadtwerke die Arbeitspreise für ihren „Fairwatt-Gaspreis“ zum 1. Oktober gerade auf rund 19 Cent netto je Kilowattstunde erhöht. Das entspricht einer Vervierfachung des Gaspreises seit März 2022. Das werde die Haushalte mit etwa 1500 Euro zusätzlich im kommenden und wohl 3500 Euro im nächsten Winter belasten, schätzt Werkleiter Theo Weirich, der deshalb auch mit einigen Millionen Euro an Einnahmeausfällen rechnet.