Norderstedt. Emirates-Flug donnerte trotz Nachtflugverbots über Norderstedt: Welche Gründe die Sondergenehmigung rechtfertigten.
Für die Norderstedterinnen und Norderstedter war es ein Fluglärm-Ereignis der besonderen Art: Um 0.24 Uhr am Montag donnerte das größte Passagierflugzeug der Welt, der Airbus A 380 der Airline Emirates im tiefen Steigflug über Norderstedt hinweg. Ziel Dubai. Etliche Menschen wurden aus den Betten gerissen. Die Empörung unter den Fluglärm-Betroffenen in der Stadt ist seither groß.
Der Emirates-Flug hatte eine Einzelausnahmegenehmigung des Fluglärmschutzreferates der Hamburger Umweltbehörde (BUKEA) erhalten. Davon gab es laut der Statistik der Fluglärmschutzbeauftragten Gudrun Pieroh-Joußen dieses Jahr bis zum 21. Juli bereits 22 Stück.
Flughafen Hamburg: A 380 – Notfall gab Ausschlag für Start nach Mitternacht
Dabei hatte Pieroh-Joußen noch Anfang Juli gemeinsam mit Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder, als Vorsitzende der Fluglärmschutzkommission (FLSK), die ausufernden Verspätungen am Hamburger Flughafen kritisiert. Beide forderten vom Flughafenbetreiber „eine signifikante Verbesserung der Situation“ und forderten Politik und Verwaltung in Hamburg auf, die bestehende Verspätungsregel zu ändern. Nur so könne die Gesundheit der im Umfeld des Flughafens lebenden Menschen gesichert bleiben.
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Der A 380 um 0.24 Uhr am Montag über Norderstedt war nur die spektakuläre Spitze einer ständig zunehmenden Belastung der Betroffenen von Fluglärm in Schleswig-Holstein. Zu den 22 Starts und Landungen nach Mitternacht, kommen 345 Flugzeuge hinzu, die in Hamburg zwischen 23 und 24 Uhr ankamen oder abflogen – und das ist nur der Stand bis zum 8. Juli. Pieroh-Joußen und Roeder hatten Anfang Juli das deutliche Plus der Verstöße gegen die ab 23 Uhr geltende Nachtflugbeschränkung im Vergleich zu 2021 angeprangert.
Bürgerinitiative gegen Fluglärm: Versprechen nicht eingelöst
Martin Mosel, Vorsitzender des Dachverbandes der Bürgerinitiativen und Vereine für Fluglärm-, Klima-und Umweltschutz (BIG-Fluglärm Hamburg), sagt, die Fluglärmschutzbeauftragte habe an vielen Stellen „offiziell und inoffiziell“ die Zusage gemacht, Starts nach Mitternacht nicht mehr zu genehmigen.
„Leider haben die Betroffenen nicht nur aktuell, sondern auch bereits in der Vergangenheit von diesen Versprechungen nicht viel gemerkt“, sagt Mosel. „Ich sehe die Gefahr, dass die Fluglärmschutzbeauftragte in ihrer ,strikten Handhabung der Ausnahmegenehmigungen nach 0 Uhr’ ihre Glaubwürdigkeit und das ohnehin bereits ramponierte Zutrauen in den Hamburger Fluglärmschutz riskiert, wenn sie sich an ihre eigenen Zusagen nicht hält und weiterhin Starts, wie den für einen A 380, weit nach Mitternacht genehmigt, nur weil ein Sandsturm in Dubai tobt oder gar ein Sack Reis in China umkippt.“
Flughafen Hamburg: Schwerkranker Passagier sollte ausgeflogen werden
Mosel empfiehlt der Fluglärmschutzbeauftragten dringend, die zugesagten Ablehnungen von Ausnahmegenehmigungen für Starts nach 0 Uhr auch konsequent einzuhalten. Er will den Flug in der nächsten Sitzung der FLSK abermals zum Thema machen.
Am Mittwochabend äußerte sich Elke Christina Roeder zum Start des A 380 nach Mitternacht: „Ich habe bislang keine Detailkenntnisse zu diesem speziellen Fall. Generell müssen alle derart verspäteten Flüge von der Fluglärmschutzbeauftragten genehmigt werden. Warum dies in diesem speziellen Fall geschehen ist, gilt es aufzuarbeiten. Prinzipiell – sollte es keinen zwingenden Grund gegeben haben – ist ein solcher Fall ein Unding und nicht hinnehmbar.“
Doch laut Renate Pinzke, Sprecherin der Umweltbehörde Hamburg, gab es diesen „zwingenden Grund“ für die Ausnahmegenehmigung für den A 380, Flug EK062 nach Dubai. Das Flugzeug sei wegen des Sandsturms in Dubai erst um 23 Uhr in Hamburg angekommen und habe daher nicht wieder bis Mitternacht starten können, sagt Pinzke. „Ausschlaggebend für die Genehmigung war aber auch die Tatsache, dass ein schwerkranker Passagier für den Flug vorgesehen war, der aus verschiedenen Gründen nicht in Hamburg bleiben konnte“, teilte Pinzke mit.