Henstedt-Ulzburg/Hamburg. Naturschützer bewerten die Lage neu. Welche Effekte dazu beitragen, dass sich in der Alster Blaualgen bilden könnten.
Die Alsterquelle ist versiegt und ausgetrocknet. Befürchtungen, dass es nun aufgrund der extremen Trockenheit zu einem Fischsterben in der Alster kommen könnte, werden jetzt vom Alster-Bündnis „Lebendige Alster“ zerstreut. Man gebe „Entwarnung für die Alster und ihre Nebengewässer“, teilt das Bündnis der Naturschutzverbände BUND, NABU und Aktion Fischotterschutz am Mittwoch mit.
„Zwar liegen die Alsterquelle und manche Oberläufe von Zubringern wie Berner Au und Saselbek trocken, noch besteht aber keine unmittelbare Gefahr für das Leben im Fluss.“ Wasser bekomme die Alster aus vielen Quellen, die meisten würden noch fließen – mit hinreichend kühlem Wasser. Nach dem feuchten Frühjahr sei auch kein schnelles Versiegen aller Quellen zu befürchten. Kühles Wasser könne gut Sauerstoff lösen und der Tierwelt zur Verfügung stellen.
Klimakrise: Alsterquelle versiegt und Naturschützer bewerten die Lage neu
In Hamburg prägen die Binnen- und die Außenalster das Bild der Millionenstadt. Aber ihren Ursprung hat die Alster in einem kleinen Wäldchen am Hein-Timm-Weg im Henstedt-Ulzburger Ortsteil Rhen. Seit 1940 ist das Quellgrundstück im Besitz der Stadt Hamburg, vorher hatte es dem in Hamburg ansässigen Alsterverein gehört. Die Pflege der Quelle hat die Gemeinde Henstedt-Ulzburg übernommen, auf deren Territorium sie liegt..
In „normalen“ Zeiten sprudelt das Wasser keineswegs aus dem Erdreich unter der Quelle. „Die Alster wird hauptsächlich vom Oberflächenwasser gespeist, das heißt, das Wasser läuft aus den obersten Schichten des Bodens zusammen und tritt am Quellstein zu Tage“, sagt Malte Pohlmann, Sprecher der Gemeinde Henstedt-Ulzburg. „Bei extremer Trockenheit, wie zurzeit, kann es dazu kommen, dass diese Schichten kein Wasser führen und somit die Alsterquelle versiegt.“ Dieses Phänomen habe man zuletzt im August und September 2019 beobachtet.Das werde sich ändern, sobald es wieder Regenfälle gibt.
Problem Klärwerk Ahrensburg - zu warmes Wasser, zu viel Nährstoffe
Laut dem Alster-Bündnis ist nicht das Versiegen der Alsterquelle problematisch für die Alster, sondern einer der größten Zuflüsse. Der komme aus dem Klärwerk Ahrensburg. Dieses Wasser sei nicht optimal, es sei zu warm und es seien darin viele Nährstoffe gelöst. Und wenn zu viele Nährstoffe im Fluss auf hohe Wassertemperaturen stoßen – etwa in flachen Bereichen der Alster – entwickelten sich giftige Blaualgen.
Wenn diese absterben, könne dann auch Sauerstoffmangel folgen. Wenn dann die ersten Regenfälle nach längerer Trockenheit das faulige Wasser aus den Kanalisationen mit vielen Bakterien und Schmutz in die Alster spülen, sei der wenige Sauerstoff im Wasser von den Bakterien im Handumdrehen verbraucht – Fischsterben droht.
Projekt "Lebendige Alster" schuf Rückzugsgebiete für Fische
„Es ist in den letzten Jahren schon viel passiert, um das Leben in der Alster widerstandsfähiger gegenüber heißen Sommern zu machen“, sagt Diplom‐Biologe Wolfram Hammer vom Projekt „Lebendige Alster“. Die Stadt habe Fischtreppen bis hoch nach Poppenbüttel bauen lassen. Fische können sich so in sauerstoffreichere Zonen zurückziehen.
Außerdem hätte das Projekt in den letzten elf Jahren durch Renaturierungen an vielen Stellen für mehr Sauerstoff‐Eintrag durch Verwirbelung des Wassers gesorgt. Dazu wurden Vertiefungen geschaffen, in die sich Fische bei niedrigen Wasserständen zurückziehen können.
Appell an die Bürger: Kein Wasser aus der Alster entnehmen
Um die Situation der Alster nicht unnötig zu verschärfen, appelliert das Projekt an die Bürgerinnen und Bürger, keinesfalls mehr Wasser aus den Bächen für die Bewässerung von Rasenflächen und anderen Pflanzen zu entnehmen.
Naturschützer warnen: "Viele Arten haben keine Chance, zu überleben"
Durch Trockenperioden und Extrem-Wetterlagen sehen Naturschützer allerdings nicht nur an der Alster die Gefahr für das Überleben verschiedener Arten. Bini Schlamann, beim BUND Schleswig-Holstein für Biodiversität zuständig, weiß, dass Veränderungen der Lebensräume dadurch unumgänglich sind.
„Viele Arten haben dann keine Chancen mehr zu Überleben“, sagt sie und verweist auf bedrohte Larven von Eintagsfliegen, Libellen und Amphibien. „Wenn kein Wasser da ist, überlebt zum Beispiel keine Kaulquappe.“ Ein grundlegender ökologischer Prozess werde in Gang gesetzt.
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Wie kann der Mensch in dieses System eingreifen? Bini Schlamann sieht zunächst einen Lösungsansatz: „Die Natur muss in diesen Bereichen so beeinflusst werden, dass Wasser nicht so schnell weggetragen, sondern gehalten wird.“
Alsterquelle: Trockenheit kann auch für Probleme in Hamburg sorgen
Obwohl nicht zu erwarten ist, dass die in Hamburger aufgestauten Seen der Binnen- und Außenalster austrocknen, so könnte die Trockenheit dennoch unangenehme Folgen für Hamburg haben. Experten wie Metereologe Frank Böttcher gehen davon aus, dass das Wasser langsam verdunstet, wenn nichts mehr oder nur wenig nachfließt.
Dann würden sich Blaualgen bilden, das Wasser könnte sich eintrüben, Sauerstoff verschwinden und sich durch Schwefelwasserstoff- und Methanbildung ein Faulgeruch ausbreiten. Keine angenehmen Aussichten also für die Hamburger Innenstadt.