Norderstedt. Was die Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen beim ersten CSD in Norderstedt planen.
Jetzt wird es richtig bunt und vielfältig in der Stadt: Norderstedt setzt sich auf die Weltkarte der Städte, die einen eigenen Christopher-Street-Day (CSD) mit Parade feiern. „Norderpride“ wird der Name des gesellschaftspolitischen Aktionstages für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche (LSBTI) sein. Zum ersten Mal in der Norderstedter Stadtgeschichte ist der „Norderpride“ am Sonnabend, 17. September geplant.
Der CSD wird vom Lesben- und Schwulenverband Schleswig-Holstein (LSVD) organisiert. Danny Clausen-Holm, SPD-Stadtvertreter aus Norderstedt sitzt im Vorstand des LSVD. Und er kämpft seit Jahren für mehr Sichtbarkeit der LSBTI in Norderstedt – und stößt dabei in Politik und Verwaltung offene Türen auf.
CSD: „Norderpride“ – Norderstedts erster Christopher-Street-Day
Norderstedt unterzeichnete 2019 nach Beschluss der Stadtvertretung die Lübecker Erklärung für Akzeptanz und Respekt. Sie ist Teil des Aktionsplans „Echte Vielfalt“ der Landesregierung. Die Unterzeichner verpflichten sich die Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
Regelmäßig weht seither die Regenbogenflagge als sichtbares Zeichen der Vielfalt und Akzeptanz über dem Rathausmarkt – zum Beispiel am Christopher-Street-Day. Das Hissen der Flagge war für Clausen-Holm nur eine Etappe auf dem Weg zu dem Ziel, mehr Sichtbarkeit von Schwulen und Lesben in der Stadt zu erreichen. „Ich hab‘ das nie so ganz verstanden, warum wir hier bisher keinen CSD hatten“, sagt Clausen-Holm. Neidisch fiel der Blick auf den großen Hamburger Nachbarn, der seit Jahren auf St. Georg einen aufsehenerregenden CSD feiert.
CSD: Treffpunkt ist der Willy-Brandt-Park in Garstedt
„Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie an der U-Bahn zu stehen und auf ein Schiff zu warten“, sagt Clausen-Holm. Deswegen hat er die Sache in Norderstedt selbst in die Hand genommen. Und ist nun umso stolzer, dass es nun den „Norderpride“ geben wird.
Die Erstauflage wird es sicher nicht mit etablierten Veranstaltungen wie in Hamburg aufnehmen können. Geplant ist nach jetzigem Stand ein Treffen aller Teilnehmenden am 17. September, um 14 Uhr, im Willy-Brandt-Park. Der Demonstrationszug soll sich dann von dort aus in Bewegung setzen und bis zum Rathaus ziehen. „Es wird in diesem Jahr noch kein Rahmenprogramm geben. Für Bühne, Buden und Bands war es zu kurzfristig“, sagt Clausen-Holm. „Aber wir sorgen für Sichtbarkeit und verschaffen uns mit einigen Kundgebungen Gehör. Ein CSD ist ohnehin weniger eine Party, sondern mehr eine politische Aktion.“
Oberbürgermeisterin Roeder hat die Schirmherrschaft übernommen
Ein CSD habe stets auch ein Motto. Der erste „Norderpride“ orientiert sich an Slogan der Stadt Norderstedt („Zusammen. Zukunft. Leben“) und lautet „Zusammen. Vielfalt. Leben.“ Die Schirmherrschaft übernimmt Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder (SPD). „Ich habe sehr gerne zugesagt. Unser Norderstedt ist eine weltoffene Stadt, in der sich jeder Mensch sicher und akzeptiert fühlen soll. Wer wen liebt oder welches Geschlecht jemand hat, darf keinen Anlass zur Ausgrenzung oder Hass sein.“
- CSD Hamburg: So groß feierte die Stadt den Christopher Street Day
- CSD Kiel: Tausende beim Christopher Street Day – auch eine Ministerin
- Gemeinsam einstehen für Akzeptanz und Respekt
Der Christopher-Street-Day geht auf ein Ereignis am 28. Juni 1969 in der Christopher Street im New Yorker Greenwich Village zurück – es ist der Sommer vor der Gründung Norderstedts. Erstmalig erwehren sich dort Lesben, Schwule und Transgender gegen die Repressalien und Diskriminierung von staatlicher Seite bei gewalttätigen Razzien in Clubs und Kneipen. Der Tag des Aufstandes wird seither als „Christopher-Street-Day“ oder auch „Pride“ gefeiert.
Norderstedt: Alltagsdiskriminierung ist Realität
„In vielen Ländern bestanden damals und bestehen bis heute Vorbehalte, Ausgrenzung und Ungleichbehandlung bis hin zur Lebensgefahr für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche“, sagt Clausen-Holm. Bis heute sei es an vielen Orten heikel oder gefährlich, sich an einer solchen Veranstaltung zu beteiligen. „Deutschland hat sich, wie viele Länder, gut weiterentwickelt. Gleichgeschlechtliche Paaredürfen mit hoher gesellschaftlicher Akzeptanz heiraten, Kinder adoptieren und es ist die allgemeine Erkenntnis gewachsen, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt.“
Der „Norderpride“ soll dabei helfen, offene Forderungen der LSBTI an die Politik zu kommunizieren und gesellschaftlich für Sichtbarkeit sorgen. „Denn im Alltag geht häufig unter, dass sich etwa 8 bis 13 Prozent der Bevölkerung als nicht-heterosexuell einordnen“, sagt Clausen-Holm. Die registrierten Fälle an Gewalt gegen LSBTI stiegen und es gebe nach wie vor Alltagsdiskriminierung.