Norderstedt. Haus & Grund warnt davor, Eigentümer und Mieter gegeneinander auszuspielen. Was der Verband wegen der Energiepreise rät.
Beim Interessenverband Haus & Grund in Norderstedt betrachtet man nicht nur die steigenden Energiepreise, insbesondere für Gas, und die für das vierte Quartal geplante Erhöhung der Stadtwerke mit Sorge. Auch, dass Vermieter und Mieter gegeneinander ausgespielt werden könnten, stört den Vorsitzenden Sven Wojtkowiak, wie er im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt sagt.
„Ich wundere mich immer, wenn ich mit Politikern des linken Spektrums spreche – Eigenheimbesitzer sind da immer die Reichen. Wir haben gerade in Norderstedt viele ältere Leute, die in ihrer bezahlten Immobilie wohnen und eine kleine Rente dazu haben. Es gibt ganz viele kleine Handwerker, die jeden Cent genommen haben, um ihre Immobilie zu bezahlen und eine kleine Rente von 600, 700 Euro bekommen.“ Vieles davon sei schon aufgebraucht durch die Betriebskosten. „Eigentum ist ja kein mietfreies Wohnen.“
Haus & Grund Norderstedt: “Riesennachzahlung, wenn Mieter nicht freiwillig anpasst“
Rund 1800 Mitglieder vertritt Haus & Grund in der Stadt. „Diese Energiegeschichte trifft alle gleichermaßen, Vermieter genauso wie die Mieter oder den Selbstnutzer einer Immobilie. Da sitzen am Ende alle in einem Boot, müssen es irgendwie stemmen und bezahlen. Man kann es nicht nur auf eine Seite abwälzen.“
Er verweist auf den Fall einer alleinerziehenden Frau aus Bönningstedt, deren Vermieter die Nutzung von Warmwasser und im Herbst der Heizung ohne Rücksprache einschränkt – die Sache könnte vor Gericht landen. Besser sei es, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. „Der Vermieter darf nicht die Nebenkosten-Vorauszahlung erhöhen. Erst nach einer Abrechnung, wenn es zu einer Nachzahlung gekommen ist. Das ist in dieser Situation ein Riesenproblem. Wenn der Mieter es nicht freiwillig anpasst, gibt es eine Riesennachzahlung. Aber die Rechnung kriegt ja erst einmal der Vermieter. Und ob der so viele liquide Mittel hat, um das zu bezahlen?“
Vorauszahlungen sollten zwei- bis dreimal höher sein
Wojtkowiak blickt ins Frühjahr 2023. Im Februar, März würde ein Vermieter – zum Beispiel mit sechs Wohnungen – die Abrechnung erhalten. Und dann? „Man kann es sofort umlegen. Man hat für die Nebenkostenabrechnung Zeit bis zum 31. Dezember des Folgejahres. Aber wenn so viel nachgezahlt werden muss, werden sicher alle ganz schnell sein.“
Haus & Grund hat allen Mitgliedern per Mail ein Musterschreiben geschickt. „Wir sagen: schreibt eure Mieter an, damit sie freiwillig ihre Vorauszahlungen erhöhen, damit es nachher kein böses Erwachen gibt.“ Die Faustregel: eine Zwei- bis Verdreifachung. „Aber ich habe keinen Überblick darüber, wie viele das angewendet haben.“
Haus & Grund fordert Energie-Zuschüsse auch für Vermieter
Er spricht von einer „zeitlichen Brisanz“. Vermieter gehen in Vorkasse. „Entweder du hast die Rücklagen oder einen guten Dispo.“ Die Frage werde sein: „Wie hoch werden die Hilfen sein, und wann gibt es die?“ Für beide Seiten, betont er, sollte es Energiekostenzuschüsse geben.
„Auch Vermieter haben es aus dem Grund gemacht, es als Altersvorsorge zu haben. Oder sie zahlen ein Darlehen ab. Die liegen sich die Miete nicht jeden Montag unter das Kopfkissen.“ Zudem müsse ja auch Kapital für notwendige Instandsetzungen oder Sanierungen vorhanden sein. „Es ist gerade energetisch unheimlich viel investiert worden.“
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Ob denn genug getan werde, um finanzielle Belastungen möglichst gering zu halten? „Eher im Gegenteil. Wir haben zum Beispiel bei der Dämmung von Gebäuden längst den Punkt erreicht, wo es wirtschaftlich ist. Aus ökonomischer Sicht macht es alles keinen Sinn. Wenn sie das Thema Mieterstrom nehmen – ein Riesenproblem: Warum kann ich nicht einfach Solarzellen auf mein Dach pflanzen und meinem Mieter sagen, dass er es kostenlos nutzen kann? Nein, dafür muss ich ein Gewerbe anmelden, es ins Netz einspeisen – das hat doch nichts ernsthaft mit Energie sparen zu tun.“
Energiepreise: Eigentümer fordern langfristige Planungssicherheit
Eigentümer wollten ja investieren, aber auch die Energiekosten niedrig halten. „Aber was ist das Richtige? Baue ich mir eine neue Gastherme ein, eine Gas-Wärme-Hybridpumpe? Und was ist, wenn die Stadtwerke mir eine Fernwärmeleitung vor die Tür legen? Nach jetzigem Stand muss ich das nehmen, dann habe ich Geld zum Fenster rausgeworfen.“
Die Landesregierung sollte daher Energiepläne für Kommunen machen, so Sven Wojtkowiak. „Man sollte sagen, wann in den nächsten zehn Jahren welche Straßen angeschlossen werden müssen. Dann hätte man Planungssicherheit.“