Norderstedt. Oberbürgermeisterin einer Stadt im Norden will Schulabgänger beim Feiern unterstützen. Eine Partei findet das nicht gut.
Schule geschafft, Abschluss in der Tasche – das muss gefeiert werden: Für Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen gehört die Abiturfeier oder die große Abschlussparty mit dem ganzen Jahrgang zu den großen Momenten in ihrem jungen Leben. Doch die Corona-Pandemie hat das Feiern in den vergangenen zwei Jahren in Norderstedt nahezu unmöglich gemacht. Nicht so in diesem Jahr.
8000 Euro Party-Zuschuss für acht Abschlussklassen
Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder macht die Schulpartys jetzt sogar zur Chefinnensache – und bringt persönlich eine Beschlussvorlage in den Hauptausschuss der Stadtvertretung ein. Ihre Idee: Jeweils 1000 Euro Abschlussparty-Zuschuss für jede weiterführende Schule in der Stadt, also alle jeweils vier Gymnasien und Gemeinschaftsschulen.
Und wenngleich sich Kommunalpolitik und Roeder bei vielen Themen nicht einig werden – beim Thema Feiern kommen sie auf einen Nenner. Es zeichnet sich Zustimmung für die Pläne der Oberbürgermeisterin ab.
Harte Corona-Jahre mit viel Verzicht liegen hinter den Schülerinnen und Schülern
Als Begründung für ihre Idee führt Roeder die besonderen Belastungen der Jugendlichen während der Coronapandemie an: „Die jungen Menschen, die derzeit ihre Schulzeit beenden, haben in den vergangenen zwei Jahren auf sehr vieles verzichten müssen. Wir möchten ihnen mit dieser einmaligen finanziellen Unterstützung helfen, einen schönen Abschluss einer Schulzeit gemeinsam zu begehen, die seit 2020 eine ganz schwierige gewesen ist“, so die Oberbürgermeisterin.
Bei den jungen Leuten würde die Unterstützung der Stadt sicher gut ankommen. Denn so ein Abschlussball samt Büffet und DJ kann je nach Anspruch sehr teuer werden. Wenn nicht gerade eine Pandemie grassiert, werden die nötigen finanziellen Mittel von den Schülerinnen und Schülern bei Kuchen- und Sandwich-Basaren, Theateraufführungen, Flohmärkten und weiteren Veranstaltungen eingetrieben. Corona hat ihnen im wahrsten Sinne einen Strich durch die Rechnung gemacht. Viele der in Norderstedt geplanten Events fielen aufgrund der rigiden Kontaktbeschränkungen aus. In ihrer Beschlussvorlage regt Roeder deswegen die finanzielle Unterstützung der diesjährigen Schulabgänger an.
- Lockdown-Betroffene haben wenig Aussicht auf Entschädigung
- Viele Infektionen: Kliniken beklagen Personalausfälle
- „Die Leute sind immer noch heiß auf Feiern“
Die nötigen 8000 Euro für acht Schulen sollen aus dem Corona-Sonderfonds für den Bereich Jugend lockergemacht werden. Um das Geld zu erhalten, sollen die Schulen den Zuschuss lediglich bei der Stadt beantragen müssen. Und zwar als Pauschale. Das heißt, die Schülerinnen und Schüler müssen nicht protokollieren, wie genau die Mittel verwendet wurden, oder gar Abrechnungen einreichen.
Geld soll aus einem Corona-Sonderfonds fließen
Der 2020 beschlossene Corona-Sonderfonds für Vereine und Institutionen aus den Bereichen Kultur, Sport und Jugend/Soziales, aus dem die Mittel kommen sollen, hatte ursprünglich 380.000 Euro umfasst. Etwa 100.000 Euro davon stehen aktuell noch zur Verfügung. Das bisher vergebene Geld diente in vielen Fällen zur Deckung laufender Betriebs- und Vereinskosten.
Thomas Witte, der für die Fraktion Wir in Norderstedt (WiN) im Ausschuss für Schule und Sport sitzt, kennt die Situation aus der Familie – seine Tochter macht gerade ihren Schulabschluss. „Für die Schüler ist das eine komplizierte Situation, um Geld für ihre Abschlussfeiern aufzutreiben. Alles, was man machen konnte, durfte man faktisch nicht tun – wegen der Corona-Beschränkungen.“ Er hält Roeders Beschlussvorlage deshalb für eine „klasse Idee“: „Der Vorschlag wird von uns voll und ganz unterstützt. Das Geld aus dem Topf Jugend passt hier wie die Faust aufs Auge und ist bei den Abschlussjahrgängen gut aufgehoben“, sagt er.
Zustimmung in der Politik – aber die CDU hat Bedenken
Ebenfalls positiv äußert sich der Grünen-Fraktionschef Marc Muckelberg. Er hält Roeders Idee für gerade richtig, um ein Zeichen zu setzen. „Jeder, der in den vergangenen zwei Jahren einen runden Geburtstag feiern wollte, kann nachvollziehen, wie die Schüler sich nach der Abschlussveranstaltung sehnen“, sagt er. In einer kürzlichen Fraktionssitzung hätten die Grünen ihre Zustimmung zur Vorlage beschlossen.
Muckelberg möchte in der Sitzung am kommenden Montag einen Änderungsvorschlag einbringen. Die Grünenfinden es fairer, wenn die Schulen je nach Klassenanzahl begünstigt würden. Demnach solle eine Schule mit mehr Schulabgängern und ergo größerem finanziellen Aufwand bei der Abschlussfeier auch mehr Geld erhalten.
Für die CDU ist eine Abifeier keine „existenzielle Not“
Für die CDU-Fraktion lässt die Beschlussvorlage zu viele Fragen offen: „Ich habe verschiedene Schulen kontaktiert und mir wurde bestätigt, dass eine Abschlussfeier an 1000 Euro nicht scheitern wird“, sagt Gunnar Becker, bürgerliches Fraktionsmitglied. Preislich bewege sich eine solche Festivität nämlich im fünfstelligen Bereich. „Außerdem soll das Geld aus einem Fonds für existenzielle Nöte kommen – die erkennen wir bei einer Abschlussfeierlichkeit nicht.“ Die CDU wolle die Schüler unterstützen – nur eben nicht mithilfe des Corona-Sonderfonds. „Ich weiß auch nicht, womit wir die Einmaligkeit begründen wollen. Kann man so etwas einmalig machen, oder muss die Zahlung dann zu einer dauerhaften Einrichtung auch für die kommenden Jahrgänge werden?“, fragt sich Becker.
Was in der Beschlussvorlage der Oberbürgermeisterin noch auffällt: Die Zuschüsse sollen lediglich den Schulabgängerinnen und Schulabgängern der Gemeinschaftsschulen und Gymnasien in Norderstedt zukommen. Das Berufsbildungszentrum (BBZ) und die beiden Förderzentren in Norderstedt werden nicht von der Stadtverwaltung bedacht. Als Grund gibt die Stadt an, entweder nicht Träger der Einrichtungen zu sein (BBZ), oder dass es sich nicht um eine weiterführende Schule handele, wie im Fall des Förderzentrums Erich Kästner-Schule