Bad Segeberg. Nachfrage nach nachhaltigem und günstigem Wohnraum steigt. Bürgermeister treibt Wohnprojekt für Mini-Häuser im Norden voran.
Mitten in Bad Segeberg könnte bald eine der ersten Tiny-House-Siedlungen im Norden Deutschlands entstehen. Bad Segebergs Bauamtsleiterin Antje Langethal bestätigte auf Anfrage des Abendblatts, dass die Stadt ihr Vorkaufsrecht an der Straße Bornwischen geltend gemacht hat, um Minihäuser und Herbergen aufzustellen.
Das Verfahren sei jedoch noch nicht abgeschlossen, Einzelheiten konnte Langethal daher noch nicht nennen. Die Fläche sei zuvor von einem privaten Eigentümer an eine Privatperson verkauft worden.
Tiny-House-Siedlung in Bad Segeberg geplant
Parallel zu dem laufenden Verfahren soll bereits der Bebauungsplan für die Fläche angepasst werden, um zu ermöglichen, dass Kleinsthäuser überhaupt aufgestellt werden können. „Auch das ist allerdings ein längeres Unterfangen“, so Langethal. In einem ersten Schritt bereite der Bauausschuss einen entsprechenden Beschluss vor, über den die Stadtvertretung entscheide.
Die Freie Wählergemeinschaft BBS hatte den Prozess im Februar angestoßen. Die Stadtvertretung beauftragte die Verwaltung daraufhin, den Bau von Tiny Houses im Stadtgebiet zu ermöglichen und das integrierte Stadtentwicklungskonzept dementsprechend zu erweitern.
Auftrag: Grundstücke für Tiny-House-Siedlungen prüfen
In einem weiteren Antrag forderte die Wählergemeinschaft, städtische Grundstücke, die sich für eine Tiny-House-Siedlung eignen, aufzulisten. Auch Grundstücken mit städtischen Vorkaufsrecht sollten dahingehend geprüft und aufgelistet werden. Diesem Auftrag hatte die Stadtvertretung Anfang Dezember ausnahmslos zugestimmt.
Bad Segebergs Bürgermeister Dieter Schönfeld (SPD) kann die Pläne der Freien Wählergemeinschaft BBS für das Areal am Bornwischen nachvollziehen. Die Fläche eigne sich für Tiny Houses, da normale Häuser mit Keller dort überhaupt nicht gebaut werden könnten, so Schönfeld. Denn der Bodenbereich sei schadstoffbefallen. „Ich werde mich also dafür einsetzen, das Projekt voranzutreiben“, so der Bürgermeister.
Mini-Häuser: Wohnfläche zwischen zehn und 45 Quadratmetern
Der BBS-Fraktionsvorsitzende Jürgen Niemann zeigt sich dementsprechend optimistisch. „Aus unserer Sicht ist das machbar!“ Vor etwa drei Jahren habe sich sein Stellvertreter Ralf Schaffer erstmals mit den Minihäusern beschäftigt. Schaffer ist Inhaber einer Kaffeerösterei in Bad Segeberg.
Seine Kunden hätten Interesse an den Kleinsthäusern mit einer Wohnfläche zwischen zehn bis 45 Quadratmetern gezeigt, die unter anderem in Bad Segeberg hergestellt werden. Bereits seit fast einem Jahr setzt sich die Freie Wählergemeinschaft BBS nun verstärkt dafür ein, dass die Stadtverwaltung auf eigenen oder angebotene Flächen "nachhaltigen und ökologischen Wohnraum" schafft.
Neue Tiny-House-Siedlung soll Modell-Charakter haben
„Insbesondere in Gebieten, die sich nicht für normalen Wohnungsbau eignen, bieten sich Tiny Houses an“, sagt Niemann. „Und das sind ja auch meistens ganz schöne Ecken“. Das gelte auch für das Areal an der Straße Bornwischen. Den Großen Segeberger See erreicht man in zehn Minuten zu Fuß, ringsherum stehen einige Holzhäuser im skandinavischen Stil. „Das würde ja zu den Tiny Houses passen, das finden wir besonders charmant“, so der 60-Jährige.
Die geplante Tiny-House-Siedlung mitten in Bad Segeberg soll Modell-Charakter haben. Auf Campingplätzen im Norden wie am Großen Segeberger See oder auch am Mözener See im Segeberger Ferienland hat sich der Trend aus den USA zwar schon durchgesetzt.
Tiny Houses, in denen Menschen dauerhaft legal wohnen können, sind jedoch noch rar. Am Schalsee nimmt das Tiny-House-Dorf Lilleby derzeit Gestalt an. Der Gründer des Dorfes musste jedoch einige bürokratische und juristische Hürden überwinden.
Tiny House auf Rädern gilt als Fahrzeug
Schuld daran ist die komplexe rechtliche Lage. Denn das Gesetz unterscheidet in Deutschland zwischen Fahrzeug und Häusern. Während ein Tiny House auf Rädern in Deutschland als Fahrzeug gilt, zählt ein Tiny House auf festem Boden als Wohnhaus.
Steht das Mini-Eigenheim dauerhaft auf einem Grundstück, greift die Landesbauordnung, die bestimmte Forderungen an Wohnraum stellt, wie etwa, dass eine Dusche und eine Toilette vorhanden sind, es einen zweiten Rettungsweg gibt, und ausreichend Raumhöhe gegeben ist. „Auch Tiny Houses müssen auf geeigneten Baugrundstücken stehen und brauchen eine Strom- und Wasserversorgung“, sagt Niemann. „Ob das geht, muss baurechtlich noch geprüft werden“.
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Der Bedarf und das Interesse bei den Segebergern sei groß, nicht zuletzt, weil es in ihrer Stadt derzeit keine Baugrundstücke mehr für Eigenheime gibt. Bei steigenden Bau- und Wohnkosten können sich viele Familien den Traum vom eigenen Haus nicht mehr erfüllen", sagt Niemann.
Mini-Häuser für nur mehrere Zentausend Euro
Ein Mini-Eigenheim stellt eine attraktive Alternative dar: Viele Hersteller bieten die Büdchen für nur mehrere Zehntausend Euro an. Doch auch die Nähe zur Natur und das Reduzieren auf das Wesentliche spielten eine Rolle, so Niemann. „Das ist mit Sicherheit ein Zeichen der Zeit“. Viele hätten sich bereits per Mail bei Niemann und seinen Kollegen gemeldet und sich nach dem Vorhaben erkundigt.
Der Fraktionsvorsitzende selbst schließt den Umzug in ein Minihaus ebenfalls nicht aus. Seine Tochter habe kürzlich in einem Tiny House in Lüneburg übernachtet und Bilder geschickt. „Das sah schon toll aus“, so Niemann.