Bad Segeberg. Alexander Klaws tritt in große Indianer-Fußstapfen. Nach der Premiere von „Unter Geiern“ gab es (fast) nur positive Stimmen.
1980 war Claus Wilcke ein Rebell. Am Segeberger Kalkberg sorgte der Schauspieler in der Inszenierung „Im Tal des Todes“ als Juan Cortinez für Aufruhr. Neben Chris Howland war er damals der Gaststar der Karl-May-Spiele. Für noch mehr Aufregung sorgte Wilcke aber hinter den Kulissen: Er stand mit an der Spitze eine „Bande“ von Aufrührern. Die damaligen Karl-May-Spiele würden zu amateurhaft vermarktet, hieß es. Claus Wilcke fand vieles nicht professionell genug, er fürchtete um seinen guten Ruf als Schauspieler, den er damals auch Dank der populären TV-Serie „Percy Stuart“ genoss. Es gab eine Art Revolte unter den Darstellern, da nicht so viele Zuschauer wie erhofft in die Kalkberg-Arena kamen. Nach 39 Jahren kehrte der Schauspieler an den Kalkberg zurück, um die Premiere von „Unter Geiern - Der Sohn des Bärenjägers“ zu genießen.
In Ehren ergraut kann sich Wilcke, der im August 80 Jahre alt wird und nach eigenen Worten immer noch gut beschäftigt ist, zurücklehnen und beobachten, was seine Nachfolger heute auf die Bühne bringen. „Was hier heute geleistet wird, lässt sich mit damals überhaupt nicht vergleichen“, stellt er nach der Premiere fest. „Die Inszenierung ist rund, die Geschichte entwickelt sich langsam bis zum Höhepunkt, besser kann man es nicht machen.“ Mit seiner sonoren und im Laufe der Jahre gut entwickelten Stimme füllt Claus Wilcke heute noch jeden Theatersaal aus. Deshalb kann er es sich leisten, einen Hauch von Kritik am neuen Winnetou-Darsteller Alexander Klaws zu üben: „Er agiert gut, ist sportlich, hat viel Ausstrahlung, aber seine Stimme muss sich noch entwickeln. Ich denke, nach ein oder zwei Jahren als Winnetou wird sich auch dieses kleine Problem erledigt haben.“
Ministerpräsident Günther saß etwas abseits im VIP-Zelt
Kritik dieser Art bekam Alexander Klaws nach der Premiere natürlich nicht zu hören. Unter Kollegen und Freunden gehört es sich nicht, direkt nach der Premiere derartige Dinge anzusprechen. Lob und Schulterklopfen sind angesagt. Für den bekannten Musical-Darsteller war es schließlich auch eine besondere Herausforderung, als Winnetou in große Fußtapfen zu treten. Immerhin saß mit Jan Sosniok auch der Winnetou vergangener Jahre im Publikum. Ob dem der Nachfolger gefallen hat? TV-Star Sosniok behielt seine Meinung für sich, nach der Premiere wurde er nicht mehr gesichtet.
Besonders stolz war Larissa Marolt, die ebenfalls ihre Karl-May-Premiere als zunächst arrogante, später aber kompromisslose Schauspielerin Tiffany O’ Toole erlebte: Ihr Eltern, das Hoteliers-Ehepaar Elke und Heinz Anton Marolt, waren mit den Kindern Lisa-Marie und Sandro angereist, um ihre Tochter auf der großen Bühne zu erleben. Sie waren sichtlich angetan von Larissas Leistung in der kraftraubenden Sand-Prärie von Bad Segeberg.
Zufrieden wirkte Segebergs Bürgermeister Dieter Schönfeld
Während Ministerpräsident Daniel Günther die Premierenfeier mit Ehefrau Anke etwas abseits und unauffällig im VIP-Zelt erlebte, hatte sich sein Kabinettskollege, Innenminister Hans-Joachim Grote, der mit Ehefrau Doris gekommen war, außerhalb des Zeltes altbekannte Gesprächspartner gesucht: Kreispräsident Claus Peter Dieck und Landrat Jan Peter Schröder hatten sich zu ihnen gesellt. Hat der neue Winnetou die Erwartungen erfüllt? Claus Peter Dieck macht sich zum Sprecher der Runde: „Voll und ganz, er war großartig.“ Minister Grote, Stammgast bei Karl-May-Premieren, nickt zustimmend.
Zufrieden wirkte auch Segebergs Bürgermeister Dieter Schönfeld, gleichzeitig Vorsitzender des Aufsichtsrats der Karl-May-Spiele: „Die Spiele sind eine finanzielle Wohltat für die Stadt.“ Geschäftsführerin Ute Thienel hatte vor Beginn der Vorstellung Regisseur Norbert Schultze jr. (77) verabschiedet: Seit 1996 wirkte er, mit kurzen Unterbrechungen, am Kalkberg, jetzt geht er in den Ruhestand. Ob er sich aber ganz aus dem Geschäft zurückzieht, weiß er noch nicht so genau: Norbert Schultze jr. liebäugelt damit, Opern aus der Feder seines berühmten Vaters Norbert Schultze („Lili Marleen“ auf die Bühne zu bringen.