Bad Segeberg. Der Musical-Star tritt in große Indianer-Fußstapfen. Nach der Premiere gab es (fast) nur positive Stimmen.
Auf ihn haben alle gewartet: Die berühmte Melodie erklingt, dann reitet er majestätisch ein und dreht mit seinem schwarzen Rappen eine Runde quer durchs Publikum – Winnetou ist gekommen, um das Böse zu besiegen. Ein Gänsehautmoment bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg, geschickt inszeniert und dramaturgisch überhöht. Dieser bejubelte Auftritt erleichtert dem neuen Winnetou Alexander Klaws die Arbeit ganz erheblich.
Er ist als Darsteller des edlen Häuptlings aller Apachen in große Fußstapfen getreten. „Unter Geiern – Der Sohn des Bärenjägers“ ist in der Segeberger Kalkberg-Arena eine Inszenierung, die ganz im Zeichen des Musical-Stars steht, der in diesem Jahr die Nachfolge von Jan Sosniok angetreten hat.
Natürlich sind alle gespannt: Wie macht er sich denn nun, der neue Winnetou? Alexander Klaws wurde mit Musical-Awards ausgezeichnet und hat bei „Let’s Dance“ gewonnen. Das gibt ihm schon mal einen Sympathie-Vorschuss, den er allerdings recht geschickt zu nutzen weiß. Er ist vor allem ein sehr sportlicher Winnetou, der sich mit Inbrunst in alle Zweikämpfe stürzt. „Alexander war kaum zu bremsen“, sagt Regisseur Norbert Schultze jr., der nach mehr als 20 Karl-May-Jahren in den Ruhestand geht. „Er hat sich nicht geschont.“ Er habe auch schon mit Winnetou-Darstellern gearbeitet, die sich nicht wehtun wollten. Es war allerdings nicht zu überhören, dass es dem neuen Winnetou noch etwas an stimmlicher Härte fehlt. In den kommenden 70 Vorstellungen lässt sich dieses Manko sicher noch abstellen.
Komik, Spannung und Action wechseln sich ab
Ansonsten erlebten die 7500 Besucher in der ausverkauften Kalkberg-Arena von Bad Segeberg eine routinierte Karl-May-Inszenierung, in der sich Komik, Spannung und Action abwechseln. Familienunterhaltung eben, für jeden Geschmack etwas dabei. In den ersten Szenen klappen die Bilderwechsel noch nicht reibungslos, die Darsteller stehen dann wie Laiendarsteller hilflos abwartend herum, später zieht das Tempo an. Am Ende wird der kriegerische Anführer der Sioux-Ogellallah (Nicolas König) spektakulär überwältigt.
Zwischen brodelnden Geysiren und dampfenden Kratern kommt es zum Showdown, Winnetou und Old Shatterhand (Sascha Gluth) behalten souverän die Oberhand. Die Geier können abziehen. Larissa Marolt liefert in der Rolle der in den Wilden Westen gestrandeten Schauspielerin Tiffany O’ Toole einen beherzten Auftritt und darf den Sohn des Bärenjägers sogar küssen. Raúl Richter genießt diese Rolle ganz offensichtlich: Er spielt die Rolle des Bärenjäger-Sohnes Martin souverän mit einer gehörigen und lässigen Portion Verschmitztheit.
Gaststars sind Larissa Marolt und Raúl Richter
Marolt und Richter, die beiden Gaststars, sind eine erfrischende Bereicherung für das Ensemble, das überwiegend aus Schauspielern besteht, die eine lange Kalkberg-Geschichte haben. Joshy Peters als Bärenjäger ist dynamisch und stimmlich perfekt. Harald Wieczorek, in einer Doppelrolle als Indianer und Juwelier, liefert seit 40 Jahren präzise Leistungen ab. Fabian Monasterios und Nicolas König sind souverän wie stets. Der frühere Ralswieker Störtebeker-Darsteller Sascha Gluth gibt einen unaufgeregten, aber effektiv arbeitenden Old Shatterhand.
Zusammengehalten wird die Inszenierung durch die Auftritte der beiden Komiker: Stimmungskanone Patrick L. Schmitz als italienischer Kunstmaler Ventevaglio, der sich einen Skunk als Haustier hält, und Karl-May-Neuling Jogi Kaiser, der als Urs Bürgli ein herrliches Schwyzerdütsch spricht, aber immer wieder betont: „Man merkt gar nicht, dass ich Schwyzer bin.“
Fast 390.000 Besucher sahen die Karl-May-Spiele 2018 – lässt sich das 2019 noch steigern? „Wir können nicht immer auf einen neuen Besucherrekord hoffen“, sagt Segebergs Bürgermeister Dieter Schönfeld. „Wenn er aber kommt, freuen wir uns. Die Karl-May-Spiele sind eine finanzielle Wohltat für Bad Segeberg.“ 200.000 Besucher sind nötig, um die 5,2 Millionen Euro Produktionskosten einzuspielen, weitere Einnahmen werden als Gewinn verbucht.
„Unter Geiern – Der Sohn des Bärenjägers“ wird noch bis zum 8. September jeweils donnerstags, freitags und sonnabends um 15 und 20 Uhr, sonntags um 15 Uhr gespielt. Ticket-Hotline und Infos unter Telefon 01805/95 21 11. Karten gibt es auch unter www.Karl-May-Spiele.de