Norderstedt. Michael Eggenschwiler habe im Hauptausschuss nur die halbe Wahrheit erzählt. Es geht um den erwarteten Zuwachs an Passagieren.
Die Kommunalpolitiker reagieren enttäuscht und verärgert auf den Auftritt von Hamburgs Flughafenchef Michael Eggenschwiler im Hauptausschuss vor einer Woche. Dort hatte Eggenschwiler in seiner Präsentation die wirtschaftliche Bedeutung und die Initiativen zum Lärmschutz vorgestellt. „Er hätte uns auch sagen müssen, dass die Passagierzahlen bis 2035 um rund 50 Prozent steigen sollen. Ich nehme ihm übel, dass er uns nur die halbe Wahrheit erzählt hat“, sagt Peter Holle (CDU), Vorsitzender des Hauptausschusses.
Wie das Abendblatt am Dienstag berichtete, sollen in 17 Jahren rund 26 Millionen Fluggäste in Hamburg starten und landen, 8,4 Millionen mehr als jetzt. Davon aber hatte der Flughafenchef im Ausschuss nichts berichtet. „Ein derartiger Anstieg der Passagierzahlen hätte auch massive Folgen für die ohnehin schon lärmgeplagten Norderstedter. Die Belastung würde weiter zunehmen, schon jetzt müssen wir den Löwenanteil des Fluglärms verkraften“, sagt Holle. Die Statistik des Flughafens nennt für das vergangene Jahr 69.810 Starts und Landungen über die Norderstedter Bahn, 44 Prozent der gesamten Flugbewegungen.
„Wenn man offen miteinander umgeht, gehört dazu auch, Ziele klar zu benennen“, sagt auch SPD-Fraktionschef Nicolai Steinhau-Kühl (SPD). In der Präsentation finde sich zwar ganz am Ende der Hinweis auf eine steigenden Zahl von Fluggästen, doch eine konkrete Zahl werde nicht genannt und auch nicht auf die Dimension hingewiesen. Gerade wenn er mit Norderstedter Politikern spricht, die fluglärmgeplagte Bürger vertreten, hätte eine klare Aussage dazugehört.
"Belastung muss gerechter verteilt werden"
„Ich habe da auch nicht mehr erwartet. Nach den Erfahrungen, die wir mit Herrn Eggenschwiler gemacht haben, konnte ich nicht davon ausgehen, dass er uns die Zahlen der Zukunft präsentiert“, sagt Reimer Rathje, Fraktionschef der WiN. Es wäre fair gewesen, mit offenen Karten zu spielen. Mit 8,4 Millionen zusätzlichen Passagieren könne er leben, aber: „Die Verteilung der Starts auf die beiden Bahnen und die vier Richtungen muss gerechter aufgeteilt und die Belastung gerechter zwischen Hamburg und dem Umland verteilt werden.“
Der Flughafenchef hatte im Ausschuss Maßnahmen präsentiert, durch die der Lärm in den vergangenen Jahren abgenommen habe: größere Flugzeuge und leisere Maschinen. Zugleich ging er auf das Thema ein, das in den vergangenen Monaten die Diskussion bestimmte: verspätete Flüge nach 23 Uhr.
Eggenschwiler stellte die Bausteine der Pünktlichkeitsoffensive dar: Gegründet wurde eine Task Force Verspätung mit drei Vollzeitstellen, rund 100 neue Mitarbeiter sollen die Abfertigung am Boden beschleunigen und vordringlich verspätete Maschinen abfertigen. In monatlichen Gesprächen mit den Fluggesellschaften soll bilanziert werden, hinzu kommen Sanktionen wie erhöhte Landeentgelte. So müsse ein Airbus 320, der um 23.17 Uhr landet, einen Zuschlag von 1316,80 Euro zahlen, deutlich mehr als in Frankfurt, wo 402,06 Euro zusätzlich fällig würden.
"Wir brauchen solche Lobbyarbeit nicht"
Die Maßnahmen hätten schon gegriffen: Im November habe es 30 Prozent weniger verspätete Flüge gegeben als im Vorjahreszeitraum. Zwischen September und November 2018 seien die Verspätungen zwischen 23 und 24 Uhr um neun 9 Prozent im Vergleich zu 2017 zurückgegangen. „Das ist ja erfreulich, aber Rosinenpickerei. Da muss man schon mal auf einen längeren Zeitraum blicken“, sagt Steinhau-Kühl. Ein Blick auf die Flughafenstatistik zeigt, dass bis Ende Oktober 1097 Maschinen zwischen 23 Uhr und Mitternacht gestartet oder gelandet sind, im Vorjahr waren es 919.
„Das war eine Schau- und Werbeveranstaltung des Flughafens, was ja zu verstehen ist. Wir aber brauchen solche Lobbyarbeit nicht, die bringt keine neuen Erkenntnisse und kostet nur Zeit, die wir für wichtigere Projekt wie die Schulsozialarbeit nutzen sollten“, sagt Miro Berbig, Fraktionschef der Linken. Grünen-Fraktionschef Marc Muckelberg haut in die gleiche Kerbe: „Den Auftritt hätte er sich auch sparen können, es gab null neue Infos.“
Auf die Frage ob denn zumindest ein Teil der erhöhten Landeentgelte ins Umland fließen könne, um Lärmschutz zu betreiben, habe es eine Absage von Eggenschwiler gegeben. „Es hätte zu einem Umgang auf Augenhöhe gehört, nicht nur zurück, sondern auch nach vorn zu blicken und Ziele mit derartigen Konsequenzen für Norderstedt zu benennen, wenn man schon in der Stadt zu Gast ist“, sagt AfD-Fraktionschef Christian Waldheim.