Norderstedt. Experte Ernst Vollmer informierte bei Tasting über Whiskys und schottische Single Malts. Dazu gab es typische Speisen und Musik.
Die vier und die fünf sind die Favoriten. Wenn Namen für deutsche Zungen kaum zu artikulieren sind, müssen eben Zahlen herhalten, um die persönlichen Favoriten unter den Whiskys zu beschreiben. Ausschließlich schottische Vertreter stehen auf dem Tresen, als Ernst Vollmer über Herkunft und Eigenheiten der unterschiedlichen Sorten referiert. 47 Fans der edlen Tropfen haben sich am Sonnabend zum „Whisky Tasting & Dining“ im Haus am See eingefunden. Männer dominieren, nur eine Hand voll Frauen hört sich an, was der Experte zu sagen hat.
Und das ist eine Menge. Das Wissen des Henstedt-Ulzburgers füllt locker mehr als drei Stunden. Kein Wunder, sind doch, wie er sagt, Spirituosen seit 50 Jahren sein Metier. „Natürlich habe ich auch etwas Vernünftiges gelernt, nämlich Diplom-Kaufmann, sagt der Mann, der so herrlich das Klischee vom Whisky-Fachmann erfüllt. Kinnbart, silbergraues Kraushaar, Bauch, schwarzes Hemd, karierte Weste und Ruhe.
In den 60er-Jahren schloss der gebürtige Aschaffenburger Freundschaft mit dem Malt Whisky von der britischen Insel. Ein in Aschaffenburg stationierter amerikanischer Soldat hatte ihm eine Flasche „Single-Highland Malt“ von einer Nato-Übung aus Schottland mitgebracht – ein Gedicht. „Die Vielfalt des Malt Whiskys ist phänomenal“, findet der Endsechziger. Er kenne kein anderes Getränk, das wie Malt Whisky aus einem Grundstoff (gemälzte Gerste) bestehe und eine so große geschmackliche Bandbreite entfalte. 800 Inhaltsstoffe gelte es für die zehn Millionen Nervenzellen unserer Nase zu identifizieren.
„Wer hat schon Whisky-Erfahrungen?“, will der Referent wissen. Einige Arme gehen hoch: „Ich möchte neue Sorten kennenlernen und mich besser über das Getränk informieren“, sagt Magnus Hirschberg, der mit einem Kumpel gekommen ist.
Torsten Haering, der von seinem Sohn Philip aus Kaltenkirchen zum Whiskyseminar in Norderstedt begleitet wird, sagt, er sei Einsteiger und gespannt, was der Abend bringt. Infos über die Scottish Whisky Association, die die Herstellung und den Wettbewerb mit Argusaugen beobachtet, denn Whisky ist ein wichtiges Exportgut: Es gibt 115 lizenzierte Destillerien, in deren Lagern 20 Millionen Fässer liegen. Die schottische Whisky-Industrie generiert jährlich rund 4,5 Milliarden Euro für die britische Wirtschaft, rund 20.000 Arbeitsplätze hängen an Herstellung und Vertrieb.
Der Genuss beginnt mit der Wahl des richtigen Glases
Fünf Regionen unterscheidet die SWA, lernen die Teilnehmer des Whisky-Workshops: Highlands, Lowlands, Speyside, die Insel Islay und Campbeltown.
Die Spannung steigt, Vollmer macht Lust auf den ersten Schluck, den er sich eingießt, um zu erklären, dass die goldgelbe bis rötlichbraune Flüssigkeit nicht einfach so in den Mund gegossen wird. Wie beim Wein braucht es vorweg das Ritual, das beim richtigen Glas beginnt: Nosing Glasses, dünnwandige Gläser, die sich nach oben verjüngen, denn die Nase „trinkt mit“ – erst schnuppern, dann kosten. Und schwenken, dadurch breitet sich das Aroma aus. In den üblichen Wassergläsern auf den Tischen perlt Mineralwasser, der Körper braucht auch Flüssigkeit ohne Umdrehungen.
Schon kommt Denny Machalke mit dem Auchentoshan, „American Oak“, einem Single Malt aus den Lowlands. Zwei Centiliter in den Ausgießer und ab ins Glas. Kreisen lassen, die Nase muss arbeiten, der erste Schluck, begrenzte Euphorie. „Dieser Whisky lagert in Fässern aus amerikanischer Weicheiche, die die Amerikaner für ihren Bourbon verwenden. Dadurch hat er etwas mehr Zucker“, erläutert Vollmer, als die „Cullen Skink“ serviert wird, schottische Räuchermilchsuppe – zu jedem der sechs Single Malts gibt es eine typische Speise.
Mit ein paar Tropfen aus der Pipette verdünnen
Schon naht Glennfarclas „105“, das Aroma lässt die Nasenwände fast explodieren. 60 Prozent Alkohol, ein äußerst kräftiger Schotte. Wir wissen spätestens jetzt, warum ein Glas mit Pipetten auf dem Tisch steht. „Verdünnen, mit ein paar Tropfen Wasser, aber mineralarm“, rät der Experte. So würden die Aromen aufgespalten und kämen besser zur Geltung.
Scotch Eggs liegen auf den Tellern, schottische Eier mit Hack. Verkostungspause, Stew ‘n’ Haggis spielen und singen, Ralf Siegner an der Gitarre und Marcus Lenggenhager an der Fiddle haben sich auf schottischen und irischen Folk spezialisiert. Vollmer übernimmt, kredenzt den Dalwhinnie, 15 Jahre alt. „Die Jahreszahl nennt den jüngsten Bestandteil in der Flasche“, erläutert Vollmer und fordert kompletten Eisverzicht: „Das erschlägt die Aromen.“ Er rät zu speziellen Gläsern, die Klassiker aus Kristall sollten im Schrank bleiben oder mit Salzstangen gefüllt werden.
Der Referent erklärt die Destillation, der Abend nimmt mit „Tobermory“, „Glen Scotia Double Cask Finish“ und „Bowmore Tempest“ und den dazu passenden Gerichten seinen Lauf.
Die Musiker spielen „Drunken Sailor“, die Gäste singen mit
Die Musiker greifen zu Klassikern wie „Drunken Sailor“, fordern zum Mitsingen und -klatschen auf. Vollmer verströmt sein Wissen, doch das bleibt im Raum hängen, das Hirn ist überfordert, was nicht nur am Whisky liegt. An den Tischen ist es lebendig, suchen die Gäste Preise via Smartphone, tauschen sich aus. Whisky ist in und Männersache, aber auch Stefanie Kindt und Susanne Stelter schätzen den besonderen Genuss, der den Alltag wegspült.
Ein gelungener Abend, lautet das Fazit der meisten. Einsteiger Torsten wird sich künftig einen Whisky gönnen. Magnus Hirschberg ist zufrieden mit Infos und Auswahl, Stefanie Kindt findet, wie so viele, die Nummer vier und fünf am besten, den „Tobermory“ und den „Glen Scotia Double Caski Finish“. Nun gehen die Namen auch flott über die Lippen.