Kreis Segeberg. Sechs Städte und Gemeinden an der A7 vermarkten ihre Gewerbeflächen gemeinsam. Der Verbund feiert den 10. Geburtstag – eine Bilanz.
Bürgermeister sind Egoisten. Schon von Amts wegen suchen sie den Vorteil für ihre Stadt oder Gemeinde, kämpfen um jedes Unternehmen, das sich neu ansiedeln oder expandieren will. Schließlich bedeutet das nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Gewerbesteuer.
„Natürlich sind Bürgermeisterinnen und Bürgermeister für ihre Kommune gewählt und wollen für sie das Beste. Der regionale Gedanke aber, wenn ein Unternehmen am eigenen Ort nicht bedient werden kann und sich für den Nachbarort entscheidet, ist richtig“, sagte Innenminister Hans-Joachim Grote, als er zum zehnten Geburtstag von Nordgate sprach. Noch als Norderstedter OB hatte er den Wirtschaftsverbund an der A 7, zu dem sich Norderstedt, Quickborn, Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen, Bad Bramstedt und Neumünster zusammengeschlossen hatten, um ihre Gewerbeflächen gemeinsam zu vermarkten, mit aus der Taufe gehoben.
Arbeitsplätze und Kaufkraft bleiben in der Region
Und schmerzlich erfahren, wie es sein kann, wenn ein großes Unternehmen wie Jungheinrich in der Stadt keinen Platz für das neue Ersatzteilzentrum findet und den Neubau für 35 Millionen Euro in Kaltenkirchen hochzieht. Das sei aber allemal besser, als wenn der weltweit agierende Gabelstaplerhersteller in Kiel oder Flensburg investiert hätte. „Die Arbeitsplätze sind in der Region geblieben“, sagte Marc-Mario Bertermann, Geschäftsführer der städtischen Entwicklungsgesellschaft Norderstedt. Die Mitarbeiter müssten nicht umziehen oder die Kinder umschulen. Sie könnten ihre Freundeskreise behalten, und die Kaufkraft bleibe in der Region.
Und die ist überdurchschnittlich, wie sich aus der noch druckfrischen Statistik von Nordgate ergibt: 6797 Euro kann jeder der 242.248 Menschen, die im Wirtschaftsverbund auf rund 260 Quadratkilometern leben, ausgeben, 3,3 Prozent mehr als im Bundesschnitt. Davon profitieren die Händler, vom Herold-Center in Norderstedt bis zum Outlet-Center in Neumünster.
Futterneid gibt es unter den Mitgliedern nicht
„Futterneid gibt es nicht, wir begegnen uns auf Augenhöhe, und die Zusammenarbeit klappt auch ohne rechtliche Vorgaben bestens“, sagt Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause. Das liege auch daran, dass sich jedes Nordgate-Mitglied über neue Unternehmen freuen kann. Mehrere Hundert Arbeitsplätze sind in Kaltenkirchen hinzugekommen, sagt Krause. Neben Jungheinrich haben mit Küchen aktuell und dem Baustoffhändler Kann zwei weitere größere Firmen in der Stadt eine neue Heimat gefunden.
Norderstedt hat mit Condair und Tesa zwei Weltunternehmen davon überzeugt, ihre Zentralen im Süden der Stadt am Nordport zu bauen. Die Schweizer Condair-Gruppe hatte die Wahl: 22 Orte in zehn Ländern buhlten um den Weltmarktführer bei Luftbefeuchtung. „Die Unterstützung des Landes und der Stadt Norderstedt hat den Ausschlag gegeben“, sagte Oliver Zimmermann, CEO der Condair-Gruppe, als der zentrale Produktions- und Logistikstandort im Juni 2017 eingeweiht wurde; 130 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Zudem könne das Unternehmen noch erweitern – 5000 Quadratmeter sind bisher nicht bebaut.
Hart gerungen haben die Norderstedter Wirtschaftsförderer mit dem damaligen OB Grote mit ihren Hamburger Kollegen um den zweiten Global Player, ehe feststand: Tesa baut seine neue Firmenzentrale in Norderstedt. Auch hier lobten die Manager die schnelle und unbürokratische Kooperation, zudem bietet auch hier die Fläche Raum für Expansion, und der Flughafen liegt vor der Tür. Verloren an Hamburg hat Norderstedt den Windturbinenhersteller Nordex, und demnächst verlagert der Handelskonzern Rewe seinen Regionalstandort samt Logistik- und Schulungszentrum nach Henstedt-Ulzburg und bringt gut 900 Arbeitsplätze in die Gemeinde.
Mehr als 10.000 Firmen
Bad Bramstedt profitiert von der Nordgate-Kompetenz
„Als kleinster Nordgate-Partner können wir uns eigene Wirtschaftsförderer nicht leisten und profitieren von der Kompetenz der Fachleute im Verbund“, sagt Bramstedts Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach. Der Zusammenschluss beschere der Stadt höhere Aufmerksamkeit im wachsenden Wettbewerb um Unternehmen, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Über Nordgate sei beispielsweise die Jakob Thaler GmbH nach Bad Bramstedt gekommen: „Ich stamme aus der Gegend und kenne sie. Aber wir haben auch die Preise verglichen, und die sprachen für Bad Bramstedt“, sagt Brigitte Loose, Geschäftsführerin des Unternehmens, das Maschinen für die Kabelverlegung und Rohrsanierung produziert.
Nun können sich die Bramstedter auf einen „dicken Fisch“ freuen: Der Klinikkonzern Asklepios will in Bad Bramstedt ein Zentrallager für alle seine Klinikstandorte in Deutschland bauen und einen zweistelligen Millionenbetrag investieren. „Wir haben uns für Bad Bramstedt entschieden, weil die Mischung aus Größe, Beschaffenheit der Fläche, direkter Autobahnanbindung mit Zufahrt rund um die Uhr und Preis für uns die optimal erschien“, sagt Asklepios-Sprecher Rune Hoffmann. Nordgate habe das Unternehmen vom Erstkontakt bis zum Kaufabschluss exzellent betreut.
Einig sind sich die Partner, das keiner allein schon aus finanziellen Gründen sich so auf der Expo Real in München präsentieren könnte, wie das Nordgate kann. Vom 8. bis 10. Oktober präsentieren sich die Nordgate-Partner wieder mit einem gemeinsamen Stand auf der größten Fachmesse für Immobilien und Investitionen in Europa.