Norderstedt. Das alte Volksfest ist seit zwei Jahren tot. Das neue Bier- und Genussfest am Freitag und Sonnabend könnte ein Neuanfang sein.
Bekommt Norderstedt ein neues Stadtfest? Vieles deutet darauf hin, aber Rajas Thiele-Stechemesser lässt sich nicht locken, hält den Ball flach. „Wir müssen sehen, wohin sich die neue Veranstaltung entwickelt“, sagt der Geschäftsführer der Mehrzwecksäle Norderstedt GmbH – die städtische Gesellschaft betreibt die „TriBühne“, das Kulturwerk und das Brauhaus Hopfenliebe.
Bevor er in den Dienst der Stadt trat, war Thiele-Stechemesser Veranstaltungsprofi und hat mit seiner Ex-Firma Deltacom-Projektmanagement das Spektakulum erfunden – das Stadtfest, das in seinen besten Zeiten rund 100.000 Besucher nach Norderstedt lockte, eines der größten Volksfeste im Norden war und seit zwei Jahren tot ist. Doch darüber will Thiele-Stechemesser nicht reden. Ihm geht es um sein neues Fest, das „Bier- und Genuss-Fest“ am Freitag und Sonnabend, 17. und 18. August. Am Freitag von 15 und am Sonnabend von 12 Uhr bis Mitternacht können die Norderstedter auf dem Rathausmarkt ganz nach Lust und Laune ein paar Stunden genießen, frei vom Alltagsstress den Kopf frei bekommen, mit Freunden klönen.
Thiele-Stechemesser, der den Schankwerk-Veranstaltungsservice als Mitorganisator gewonnen hat, hat ein ausgeprägtes Bedürfnis der Norderstedter nach Geselligkeit und Gesellschaft festgestellt. „Die Terrasse vor der Hopfenliebe ist jeden Abend voll. Wir könnten problemlos noch Tische und Stühle auf dem Rathausmarkt aufstellen, aber das ist ja momentan nicht möglich“, sagt der Gastronom.
500 Stühle sollen den Gästen das Plaudern erleichtern
Für das neue Sommerfest macht die Stadt eine Ausnahme: Das Schankwerk wird ein Stück des Platzes in einen Biergarten nach bayerischem Vorbild verwandeln. Bier in allen Variationen einschließlich der Norderstedter Sorten, Wein, Cocktails, Leckereien für den Magen und Musik sollen das entspannte Miteinander der Gäste fördern (s. Info-Kasten). Bleibt der Sommer, wie die Meteorologen versprechen, gehen Thiele-Stechemesser und Co. von rund 2000 Besuchern pro Tag aus. Und da es sich im Sitzen besser plauscht, wollen die Organisatoren 500 Stühle aufstellen.
Der Gastronom will mit seinem Bier- und Genussfest wieder Leben an die Rathausallee bringen. Seitdem die Stadtpark-Betreiber mit ihren Veranstaltungen regelmäßig viele Besucher anlocken, herrsche in Norderstedt-Mitte so gut wie Funkstille. Mit dem Bier- und Genussfest will er den Party-Puls im jüngsten Norderstedter Stadtteil nun wieder auf Trab bringen. Eine gute Besucher-Resonanz brauchen die Veranstalter, denn: Das Fest soll sich etablieren, jedes Jahr stattfinden, und es ist der Test für das große Jubiläumsfest: In zwei Jahren wird Norderstedt 50 – und das sollen die Norderstedter ausgiebig feiern.
Damit sind wir bei den Parallelen zum früheren Stadtfest, das 1995 Premiere feierte, auch zum 25. Stadtgeburtstag. Das Fest begann ebenfalls klein und ist dann Jahr für Jahr gewachsen, entlang der Rathausallee bis hinter die Post und auf die Wiese bis zur Heidbergstraße. Karussells, Verkaufs- und Getränkestände, Imbissbuden, Musik, eine Vereinsmeile, auf der sich die Norderstedter Vereine präsentieren konnten – Remmidemmi für alle, nur unterbrochen vom ökumenischen Gottesdienst unter freiem Himmel, der den Kirchenvertretern so viele Besucher auf dem Rathausmarkt bescherte wie sonst nur zu Weihnachten. Spektakulum hießen die drei tollen Tage schließlich, die bis zu 100.000 Besucher mobilisierten und nach der Kieler Woche das größte Volksfest im Norden waren. Zwölf Jahre hat Thiele-Stechemesser die Norderstedter und viele feierfreudige Menschen aus der gesamten Region bespaßt, ehe er Geschäftsführer der Mehrzwecksäle Norderstedt GmbH wurde und die Organisation abgab. Von da an begann das langsame Sterben des Stadtfestes, das in den Folgejahren zunehmend dahin siechte. Auch ein neuer Name konnte das Spektakel nicht wiederbeleben, über „Kulturboulevard“ schüttelten viele Norderstedter nur den Kopf – und blieben weg.
Bier-Spezialitäten, Leckereien und Musik
Die klassischen Stadtfest-Konzepte sind tot
EPM Concept aus Bad Oldesloe war an der Rettung des Traditionsfestes gescheitert und hatte 2016 die Planung gegen die Wand gefahren. „Das Spektakulum war klinisch tot“, sagte Thiele-Stechemesser im vorigen Jahr. Die Stadt beendete ein Fest, mit dem sie vor Jahren weit über ihre Grenzen hinaus für Furore sorgte.
„Die klassischen Stadtfest-Konzepte sind tot“, sagt der Gastronom. Schwenkgrill, Dönerbude und Pizzastände wolle niemand mehr, auch keine Kirmes mit lauter Dauerbeschallung. Entspannen sei angesagt, probieren, was sonst nicht auf den Tisch kommt, Menschen treffen und Musik hören, die Gespräche noch möglich macht. Wer weiß, vielleicht ist das Bier- und Genuss-Fest ja wieder die Keimzelle eines Norderstedter Stadtfestes, nur eines ganz anderen eben.