Langenhorn. An der Essener Straße 54 verlegte am Mittwoch der Künstler Gunter Demnig Stolpersteine für die Kinder von Zwangsarbeiterinnen.

Tamara Balenow wurde nur ein Jahr und 13 Tage alt. Sie starb im Zwangsarbeiterlager Tannenkoppel, Weg 4, heute Essener Straße 54 in Langenhorn. Ursache: Unterernährung. Ihre Mutter musste bei den Hanseatischen Kettenwerken Zwangsarbeit leisten. Anatol Slusar aus der Ukraine wurde am 1. Januar 1944 geboren und starb am 23. März 1944. Ursache: Unterernährung. Kinder von Zwangsarbeiterinnen kamen auf die Welt, um zu sterben, und ihr Tod war vom NS-Regime zynisch kalkuliert, indem ihre Mütter für sie einfach kaum Nahrung erhielten.

Für 49 Babys und Kleinkinder von Zwangsarbeiterinnen des Arbeitslagers Tannenkoppel verlegte die Stolperstein-Initiative um Margot Löhr und Peter Hess jetzt je einen Stolperstein mit dem Stolperstein-Künstler Gunter Demnig. Mehr als 100 Bürgerinnen und Bürger nahmen an der Gedenkstunde teil, darunter Hamburgs Senatorin Dorothee Stapelfeldt, Erzpriester Dionisij Idawain von der russisch-orthodoxen Kirche Hamburg, Schüler mit ihren Lehrern, Vertreter der Willi-Bredel-Gesellschaft und anderer Organisationen, die gegen das Vergessen von Nazi-Verbrechen kämpfen und die Namen der Opfer wieder in die Gesellschaft zurückholen – unter anderem mit dem Verlegen von Stolpersteinen.

Die Nationalsozialisten verschleppten die Zwangsarbeiterinnen, oft mit ihren Ehemännern, aus Belgien, Frankreich, Lettland und Litauen, Polen, Russland, Weißrussland und der Ukraine als kostenlose Arbeitskräfte für die deutsche Rüstungsindustrie. Die Lager standen mitten in den Wohngebieten – auch in Langenhorn. Dem Lager Tannenkoppel liegt beispielsweise die Schwarzwald-Siedlung gegenüber, die die Nazis für leitende Angestellte der Junghans AG bauten. „Tausend Hamburger Unternehmen, Bauernhöfe und Privat-Haushalte nutzten Zwangsarbeiterinnen“, sagte Dorothee Stapelfeldt. Margot Löhr, die auch an der Dokumentation über die Stolpersteine in Langenhorn mitwirkt, dankte den Mit-Organisatoren und Spendern. Die Dokumentation wird demnächst in der Stolperstein-Reihe erscheinen und auch alle Schicksale der Kinder aufnehmen, die verhungert sind, bewusst eine Überdosis Medikamente erhielten oder zu Tode gespritzt wurden.