Kreis Segeberg. 46 Jahre alter Paketbote vor Gericht. Kunden warteten wochenlang vergeblich auf bestellte Artikel. Prozess wird neu angesetzt.

Justiz kostet Zeit und Geld. Um Prozesse abzukürzen, gibt es in der Strafprozessordnung die Möglichkeit einer sogenannten Verständigung. Dann verhandeln Richter, Verteidiger und Staatsanwalt hinter verschlossenen Türen über das zu erwartende Strafmaß. Sagt der Verteidiger zum Beispiel zu, dass sein Mandant „auspackt“ oder sogar ein Geständnis ablegt, geht alles oft ganz schnell. Außerdem bewertet der Richter diese Zusage als strafmildernd. Allen internen Absprachen muss der Staatsanwalt jedoch zustimmen.

Eine Verständigung erspart auch Opfern den oft quälenden Auftritt im Zeugenstand. Allerdings endet eine Verständigung nicht immer erfolgreich. Dies machte auch ein Prozess im Amtsgericht Neumünster deutlich.

Angeklagt war ein 46 Jahre alter Mann, dem Unterschlagung zur Last gelegt wurde. Als Fahrer einer Spedition fuhr er im Auftrag der Deutschen Post Pakete vom Paketzentrum Neumünster zu verschiedenen Zustellstützpunkten im Kreis Segeberg.

Bei seinen Touren legte der Mann allerdings kurze Pausen ein, um im Laderaum die Pakete zu plündern. Mobiltelefone und Tablets waren seine bevorzugte Beute. Laut Staatsanwaltschaft hat er von Mai 2014 bis Mai 2015 und von September 2015 bis Januar 2016 gleich 69 Mal Artikel in seiner Privattasche verschwinden lassen. Gesamtwert des Diebesguts: 50.000 Euro. Wochenlang mussten Postkunden im Kreis Segeberg auf ihre bestellten Artikel warten – vergeblich. Besonders im Bereich des Zustellungsstützpunktes Bad Bramstedt erreichten auffällig viele hochwertige Handys und Tablets nie ihre Empfänger.

Zur Verhandlung waren keine Zeugen geladen. Noch vor Beginn der Beweisaufnahme bat die Verteidigung Richter und Staatsanwaltschaft um eine Verständigung. Mehr als eine halbe Stunde tagten die Prozessparteien hinter geschlossenen Türen. Dann erklärte Amtsrichter Theis Bremer das Scheitern der Verhandlungsrunde. Deshalb wird der Prozess nun neu angesetzt. Nach Ansicht der Verteidigung sei die aufgelistete Zahl der vorgeworfenen Unterschlagungen in Wahrheit „deutlich niedriger“. Um dies zu beweisen, bat die Anwältin für den neuen Prozess um die Ladung von Zeugen.