Norderstedt. Katja Rathje-Hoffmann sei in der Öffentlichkeit zu wenig präsent und mitverantwortlich für die Wahlniederlagen.

In der Norderstedter CDU rumort es. Nach zwei krachenden Wahlniederlagen ist die Partei in zwei Lager zerfallen: die Gegner der Ortsvorsitzenden Katja Rathje-Hoffmann und ihre Fürsprecher. „Seit dem parteiinternen Duell zwischen Peter Holle und David Hirsch um die Kandidatur für die OB-Wahl geht ein Riss durch die CDU, der bis jetzt nicht wieder gekittet ist“, sagt Fraktionschef Gert Leiteritz, der sei Jahrzehnten an vorderster Stelle Politik für die Christdemokraten macht.

„In Norderstedt hängt der Segen schief“, hatte auch Kurt Barkowsky, Fraktionschef der Kreis-CDU, in der „Segeberger Zeitung“ resümiert, nachdem die Partei bei der Kommunalwahl in der Stadt gut zwölf Prozent gegenüber der Kommunalwahl 2013 eingebüßt und auch zwei Direktmandate für den Kreistag verloren hatte. Schon zuvor hatten die Christdemokraten nach 18 Jahren von Hans-Joachim Grote als Bürgermeister und Oberbürgermeister den Chefsessel im Rathaus an SPD-Frau Elke Christina Roeder verloren.

Das desaströse Abschneiden bei der Kommunalwahl schreiben die parteiinternen Kritiker maßgeblich der örtlichen Parteichefin zu. Rücktrittsforderungen werden bisher allerdings höchstens hinter vorgehaltener Hand geäußert. Dennoch: „Sie ist zu wenig präsent und hat nur selten an den Fraktionssitzungen teilgenommen, obwohl sie als Ortsvorsitzende automatisch zur Fraktion gehört“, sagt Fraktionschef Gert Leiteritz.

Duell um OB-Kandidaturhat die CDU gespalten

Damit spielt er auf den Hauptberuf der Ortschefin an: Rathje-Hoffmann ist CDU-Landtagsabgeordnete und in Kiel gefordert. Die 54-Jährige ist sozialpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Vorsitzende der Frauen-Union im Norden, stellvertretende Partei- und Fraktionsvorsitzende. Da ist der Terminkalender prall gefüllt. Aber: „Wenn in der Stadt, in der sie die stärkste Partei führt, und die zudem noch zu den größten in Schleswig-Holstein zählt, der städtische Haushalt mit einem Volumen von fast 240 Millionen Euro verabschiedet wird, kann man doch wohl erwarten, dass die Vorsitzende sich die Diskussionen und Beschlüsse anhört“, sagt Leiteritz. Doch nicht nur fehlende Präsenz wirft er der Ortschefin vor: „Auch inhaltlich kommt nichts. Die CDU wirkt leblos und ist politisch tot.“ Ein weiterer Kritikpunkt, der immer wieder zu hören ist: Rathje-Hoffmann ist keine Norderstedterin, sondern lebt in der Gemeinde Nahe.

Seit dem internen Duell um die Kandidatur für die Oberbürgermeister-Wahl sei die Partei gespalten. Lokalmatador Peter Holle musste gegen David Hirsch antreten, einen externen Bewerber, den hier kein Mensch kannte. „Den hat uns der Vorstand der Partei einfach vor die Nase gesetzt“, sagt Leiteritz. Ohnehin vermissen die Kritiker Abstimmung und Absprachen. Holle verlor knapp, der Makel der Niederlage habe dazu beigetragen, dass er bei der Kommunalwahl seinen Wahlkreis nicht direkt holen konnte, obwohl er als Spitzenkandidat ins Rennen gegangen war. Dieser Riss aus dem Kandidatenduell sei bisher nicht geheilt, sagt Leiteritz.

„Ich habe es für absolut falsch und politisch unklug gehalten, dass die CDU zwei Kandidaten ins Duell um die Kandidatur für die OB-Wahl geschickt hat. Das hat nicht nur die Partei gespalten, sondern auch die Bürger verunsichert“, sagt Günther Nicolai, ehemaliger Fraktionsvorsitzender und langjähriger Stadtvertreter der Christdemo-kraten. Er und andere hätten versucht, den Vorstand, der das zu verantworten habe, von der internen Stichwahl abzubringen – vergeblich. Damit sei der positive Auftritt der CDU beendet worden, sagen die Kritiker. Eine Folge sei das schlechte Abschneiden der CDU bei der Kommunalwahl.

Vorsitzende will bis zur Wahl des Vorstands im Amt bleiben

Katja Rathje-Hoffmann will sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Sie verweist darauf, dass sie noch für ein Jahr gewählt ist, und mindestens so lange wolle sie Vorsitzende bleiben. Auch Peter Holle, der als Spitzenkandidat seinen Wahlkreis verlor, über die Liste in die Stadtvertretung eingezogen ist und als neuer Fraktionschef gehandelt wird, verzichtet auf Bewertungen. „Wir haben eine Klausur für den 23. Juni einberufen, an der der Ortsvorstand und die neu gewählten Stadtvertreter teilnehmen werden. Ein Statement vor diesem Zeitpunkt wäre nicht korrekt.“

Doch Rathje-Hoffmann hat auch Fürsprecher, vor allem die CDU-Frauen stehen hinter der Vorsitzenden: „Sie macht eine gute Arbeit“, sagt Stadtvertreterin Ruth Weidler. Es sei auch falsch, allein die Vorsitzende für die verlorenen Wahlen verantwortlich zu machen, schließlich gehören elf Mitglieder zum Vorstand. Wer jetzt zurückblicke und nachkarte, erweise sich als schlechter Verlierer. Dennoch räumt auch Weidler Versäumnisse ein: „Wir hätten mehr auf die Pauke hauen müssen.“ Das soll nun geschen, die Norderstedter CDU wolle offensiver, geschlossener und engagierter auftreten, um sich wieder stärker ins Bewusstsein der Bürger zu rücken.

Auch der Kreisvorsitzende und Segeberger CDU-Bundestagsabgeordnete Gero Storjohann sieht keinen Anlass für Kritik an Rathje-Hoffmann: „Sie macht ihre Sache gut.“ Storjohann will nicht von „krachenden“ Niederlagen sprechen. „Wir sind immer noch stärkste Partei und stellen die Stadtpräsidentin.“ Für den Posten steht Amtsinhaberin Kathrin Oehme zur Verfügung. Zudem habe die CDU wie überall im Land Stimmen an die Wählergemeinschaften abgeben müssen. Der Politiker spielt den Ball zurück: „Für die inhaltliche Arbeit ist die Fraktion zuständig, nicht der Vorstand.“

Ob die Partei den Aufbruch noch mit der jetzigen Vorsitzenden beschreitet, scheint fraglich: Es gebe jemanden, der bereit stehe, um das Amt zu übernehmen, heißt es aus dem inneren Zirkel der Partei.