Kreis Segeberg. CDU verliert in Norderstedt massiv, bleibt aber knapp stärkste Kraft. AfD und Freie Wähler ziehen in Stadtvertretung ein.

Michael Schick

Die CDU hat bei der Kommunalwahl in den großen Städten und Gemeinden kräftig verloren, bleibt aber in Norderstedt mit hauchdünnem Vorsprung vor der SPD stärkste Fraktion. Auch im Segeberger Kreistag bleibt die CDU vorn. In Henstedt-Ulzburg hingegen dominiert künftig die WHU, die zehn der 16 Direktmandate holte. Auch die SPD musste Verluste hinnehmen – offenbar haben sich die Wähler zumindest in den beiden größten Orten des Kreises den Wählergemeinschaften zugewandt. Damit erreicht dieser Trend, der sich bisher eher in den Dörfern zeigte, auch die städtischen Bereiche. Die WiN kam auf 12,1 Prozent, 4,8 Punkte mehr als bei der letzten Wahl vor fünf Jahren.

2013 trat die Wählergemeinschaft erstmals an, überzeugte vor allem in ihrer Keimzelle Garstedt mit dem Kampf gegen den Fluglärm. Drei Sitze waren das Ergebnis, die Mitglieder feierten ausgelassen den Überraschungscoup. Diesmal fiel die Freude verhalten aus, auf die Frage nach den Ursachen für den Erfolg herrschte Sprachlosigkeit. „Der Fluglärm allein war es sicher nicht, wir haben wohl der CDU Stimmen abgejagt“, sagte Spitzenkandidat Reimer Rathje.

Die Dominanz der CDU in der Norderstedter Stadtvertretung, die schon fast als zementiert galt, ist gebrochen. Die Partei verlor 12,2 Prozent und wird künftig wahrscheinlich nur noch zehn statt bisher 19 Sitze haben. „Die Stimmung ist schlecht. Das Ziel, stärkste Kraft zu bleiben, ist erreicht, aber wir haben verloren“, resümierte die Ortsvorsitzende Katja Rathje-Hoffmann. Das schlechte Ergebnis der CDU habe an der Vielzahl der angetretenen Parteien gelegen, sagte Rathje-Hoffmann. Die zukünftige Arbeit auf kommunaler Ebene wird für die Christdemokraten nun mühsamer. „Wir müssen jetzt viele Gespräche führen“, sagte CDU-Spitzenkandidat Peter Holle. Er befürchtet, dass die CDU nun Kompromisse auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner treffen muss. „Das ist natürlich nicht das Beste“.

Ganz ohne Kampf will die CDU das Ergebnis nicht akzeptieren. „Für manche Wahlbezirke müssen wir nachzählen“, kündigte Rathje-Hoffmann an. „Da wo die SPD mit einer Stimme gewonnen hat, werden wir nachprüfen. Das ist unser gutes Recht.“

Freude bei der SPD: „Wir haben neun Direktmandate gewonnen, bei der vorigen Wahl war es nur eins“, sagte Spitzenkandidat Nicolai Steinhau-Kühl. Bei der SPD herrscht nach dem guten Abschneiden bei der Landtags- und Oberbürgermeister-Wahl Hoch- und Aufbruchstimmung. „Wir gehen mit vielen neuen Gesichtern an die politische Arbeit“, sagte die Ortsvorsitzende Katrin Fedrowitz.

Die Stadtvertretung wird bunter, die Zahl der Fraktionen wächst von sechs auf acht. Die AfD, erstmals angetreten, wird mit 4,7 Prozent einziehen und wohl zwei Sitze und damit Fraktionsstatus bekommen. „Da wir leider nur in elf Wahlbezirken antreten konnten, sind wir mit dem Ergebnis durchaus zufrieden“, sagte Norderstedts AfD-Chef Christian Waldheim. Die Freien Wähler brachten es bei ihrer Premiere auf Ortsebene auf 2,6 Prozent und stellen wahrscheinlich einen Stadtvertreter. „Aus dem Stand ist das ein gutes Ergebnis“, sagte Rainer Jochens. Gepunktet haben die Freien Wähler vor allem in Glashütte und da wiederum mit dem Kampf für den Fortbestand der Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark. Die Linke musste diesmal nicht bis zum Schluss zittern, das Wahlergebnis reicht für zwei Sitze und Fraktionsstatus. „Wir haben das Ergebnis gehalten und sind zufrieden“, sagte Marc Muckelberg von den Grünen.

Für Klaus-Peter Schroeder von der FDP hätte es gern „zweistellig sein können“. Aber der Sprung von 4,9 auf 8,5 Prozent sei durchaus ein Erfolg. Ohnehin zählt die FDP zu den Wahlgewinnern, in ihrer angestammten Hochburg Bad Bramstedt haben die Liberalen ihren Stimmenanteil fast verdoppelt.

„Das ist jetzt ganz bitter. Sind sie wirklich alle ausgezählt?“, fragte Kevin Klein, der zweite Vorsitzende der Unabhängigen Wählergemeinschaft Norderstedt (UWN), nachdem die Ergebnisse für seine Partei bekannt geworden waren. Die Wählergemeinschaft war in nur drei Wahlkreisen angetreten und sammelte insgesamt 72 Stimmen. Die 0,3 Prozent reichen bei Weitem nicht für den Einzug in die Stadtvertretung. Der erste Vorsitzende Ingmar Knopp versuchte noch Positives in dem Wahlergebnis zu finden: „In einzelnen Wahlbezirken haben wir WiN und Die Linke überholt, damit kann ich gar nicht unzufrieden sein.“ Die Partei werde nach der Wahl weitermachen, so die beiden Vorsitzenden. Und auch die mitgebrachte Flasche Sekt werde noch geköpft, versicherte Knopp.