Norderstedt. Der 2014 begonnene Umbau des Norderstedter Gotteshauses am Lütjenmoor 13 ist ein Kapitel voller Pleiten, Pech und Pannen.
Gebetet wird hier schon lange nicht mehr. Die Kirche ist eingezäunt, Schutt und Steine liegen vor der Tür, der Kindergarten ist nur über einen Sandweg und eine provisorische Holzbrücke zu erreichen, gekocht wird in einem Container. Zu viel des Hässlichen. Deshalb haben Kinder, Eltern und Mitarbeiter der Vicelin-Schalom-Kirche jetzt vor der Baustelle am Lütjenmoor 13 ein Hochbeet mit bunten Blumen bepflanzt. Und fragen sich, wann sie das Schalom-Haus endlich wieder beziehen können. Der Umbau des Christen-Hauses ist eine unheilige, von allen guten Geistern verlassene Kette von Pech und Pannen.
„Wenn wir Glück haben, steht Anfang 2019 die Fassade, dann können wir innen die Büros und die Straßensozialstelle Lichtblick und die Krisenwohnung einrichten, später den Kirchenraum“, sagt Pastor Ingmar Krüger und schiebt nach: „Eine Million Euro würde uns sehr helfen.“
Der 60-Jährige ist Vertretungs-Pastor an der Kirche, seit nach Pastor Michael Schirmer auch Pastorin Friederike Heinecke die Gemeinde verließ und Pastor Christian Stehr bis auf Weiteres krank ist.
Seit November 2014 ist die Vicelin-Schalom-Kirche am Lütjenmoor geschlossen. Der Kindergarten „Kinderladen“ zog in die Vicelin-Kirche am Immenhorst und in einen Kita-Neubau an der Stettiner Straße. Die Eltern trugen es mit Geduld. Doch bevor noch ein Stein bewegt wurde, stellte sich die erste Bauverzögerung ein. Die Stadt erteilte keine Baugenehmigung, die Statik stimmte nicht, die Kita musste umgeplant werden.
Die Kosten sind auf vier Millionen Euro gestiegen
„Da war schon mal eine Million Euro weg“, sagt Ingmar Krüger. Zweites Problem: Es herrscht Bau-Boom, die Handwerksbetriebe sind ausgebucht. Anfang 2016 konnte es endlich losgehen – und das 1974 gebaute Rotklinker-Haus verwandelte sich in eine Baustelle. Doch die sollte so schnell nicht wieder geräumt werden.
„Wir verzeichnen nur Rückschritte“, sagt Ingmar Krüger. Niemand „bei Kirchens“ wüsste momentan genau, wie weit der Bau gediehen sei. Die Kosten sind von 2,9 Millionen auf vier Millionen Euro gestiegen. „Wir haben das ganze Bau-Projekt ans Bauwerk abgegeben, eine Einrichtung des Kirchenkreises Niendorf für Immobilien und Bauwesen“, sagt Ingmar Krüger.
Ein Rückschlag unter vielen: Wände in der Einrichtung Lichtblick im hinteren Teil des Gebäudes waren von Schimmel befallen, der Lichtblick musste geräumt werden.
Ein großer Rückschlag war jetzt ein Wasserrohrbruch, der das Kellergeschoss von zirka 300 Quadratmetern überflutete. Bis zu einem Meter hoch stand das Wasser. Schlimmer noch: Der Rohrbruch ereignete sich in der gerade vor einem Jahr neu bezogenen Kita, in der 60 Kinder in sechs Gruppen betreut werden. Plus 20 Krippenplätze. Die Kita musste für einige Tage geschlossen werden, der Strom wurde abgestellt, nichts ging mehr.
Sanierung würde etwa 500.000 Euro kosten
Ursache des Schadens: Bereits durch einen früheren, nicht entdeckten Baumangel entstand in der neuen Kita ein Wasserschaden, in dessen Folge nicht nur die Kita geräumt, sondern die Küche durch einen Küchen-Container ersetzt wurde. Beim Anschluss des Küchen-Containers an die Wasserversorgung soll es zu einem kapitalen Fehler gekommen sein, der den erneuten Wasserrohrbruch auslöste. „Allein das Trocknen der Papiere des Kirchen-Archivs, das im Keller lagerte, kostet immens viel Geld“, sagt Krüger.
Erste Pläne für einen Neubau gab es vor acht Jahren. Doch im November 2010 kritisierte der Norderstedter Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr die Kirchenpläne: zu groß, zu hoch und viel zu teuer.
Der kirchliche Entwurf sah einen Bau mit teilweise bis zu sieben Stockwerken vor und einen alles überragenden Kirchturm, den die Schalom-Kirche, wegen ihrer humanen Kirchen-Asyl-Politik auch „Rote Kapelle“ genannt, noch nie hatte.
Um den Kirchenraum sollten Kindergarten, Büros, ein Café mit Terrasse zum Willy-Brandt-Park und Shops für Eine-Welt- und weitere Umweltprodukte arrangiert werden. Auch Sozial-Wohnungen, unter anderem für betreutes Wohnen und behinderte Menschen, sollten entstehen. Aber diese neue Kirchen-Wohnwelt kostete auch – zehn bis zwanzig Millionen Euro.
Geschehen aber musste unbedingt etwas mit dem maroden Gebäude zwischen der Grundschule Lütjenmoor und dem Willy-Brandt-Park. „Schon eine Sanierung würde 500.000 Euro kosten, das ist sinnlos“, sagte schon damals Pastor Christian Stehr. Jetzt blühen wenigstens erst einmal Blumen vor der Dauerbaustelle der Vicelin-Schalom-Kirche am Lütjenmoor. Und vielleicht wird dort in einem Jahr auch wieder im Gottesdienst gebetet.