Henstedt-Ulzburg. Berufsmesse in Henstedt-Ulzburg zeigt: viele Firmen wollen Migranten einstellen – stoßen aber auch immer wieder auf Probleme.
Neu in einem fremden Land, ohne nennenswerte Sprachkenntnisse oder Wissen über den Arbeitsmarkt – das sind denkbar ungünstige Voraussetzungen, um einen Job zu finden. Und doch trifft dies nicht nur bundesweit, sondern eben auch in der Metropolregion auf Tausende von jungen Menschen zu, die in den letzten Jahren, die meisten 2015, als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.
Damit diese nicht nur am Rande der Gesellschaft leben, sondern eine eben auch berufliche Perspektive sehen und ergreifen, müssen Netzwerke entstehen, die es vorher nicht gab. Die erste Berufsmesse für Geflüchtete im Henstedt-Ulzburger Bürgerhaus sollte die Kontakte schaffen; denn die Unternehmen in der Region sind auf der Suche nach Fachkräften.
Popp Feinkost sucht Azubis in allen Bereichen
„Wir haben eigentlich in allen Bereichen einen Mangel. Alle Azubis haben eine große Chance, übernommen zu werden“, sagte Dennis Struck, Ausbilder für Mechatronik bei Popp Feinkost in Kaltenkirchen. Er berichtet allerdings auch von Schwierigkeiten. Etwa, wenn Produkte mit Schweinefleisch hergestellt werden, was für Muslime bereits ein Ausschlusskriterium sein kann. Oder, wenn eine weibliche Vorgesetzte Anweisungen gibt. „Und die sprachliche Herausforderung ist im Tagesgeschäft nicht immer einfach.“ Wer mitzieht, für den gebe es aber keine Grenzen. „Wir wollen langfristige Mitarbeiter.“
Matthias Hoffmann sucht für den Elektrotechnischen Service Busack & Fischer aus Sievershütten nach potenziellen Mitarbeitern. „Wir bekommen zu wenig Bewerbungen, müssen uns etwas einfallen lassen. Wir hatten jetzt für zwei Wochen einen syrischen Praktikanten, das war eine gute Erfahrung. Er hat mitgedacht, manchmal mussten wir ihn bremsen.“ Er rät Interessenten, sich um Praktika zu bemühen – und wenn das dann gut verlaufen sei, auch um eine Lehrstelle.
Sprachkenntnisse und Geduld auf beiden Seiten sind nötig
Damit kleine und mittelständische Unternehmen nicht überfordert sind, hat die Handwerkskammer Lübeck 180 Willkommenslotsen im Einsatz. Einer davon ist Birgit Wacker. „Je besser die Sprache verstanden wird, desto größer ist die Chance, die richtige Ausbildung zu finden. Es hängt gewaltig von der Sprache ab. Und zum Teil ist den jungen Menschen nicht klar, was eine Ausbildung ist. Dazu gehört jede Menge Berufsschule.“
Geduld mitbringen
Eine duale Ausbildung nach deutschem Modell gibt es zum Beispiel in Syrien oder Afghanistan nicht. Wacker: „Wir müssen lernen auszuhalten, dass Flüchtlinge ungeduldig sind, müssen ihnen Zeit geben zu begreifen, wie es funktioniert.“
Wer sich gut präsentiert, hat Vorteile. Das Projekt „PerjuF“ (Perspektiven für junge Flüchtlinge), eine Kooperation der Norderstedter Bildungsgesellschaft mit der Agentur für Arbeit, hilft, gezielt nach Kompetenzen zu suchen. Maximal zwölf Monate wird mit Frauen und Männern unter 25 Jahren gearbeitet. Über Praktika können diese dann selbst erfahren, welche Fähigkeiten sie besitzen. Auf der Messe haben die Projektteilnehmer eigene Flyer dabei, sie stellen sich den Firmen vor, zeigen Arbeitsproben. „Ich hatte vorher keine Idee, wie eine Ausbildung funktioniert“, sagte Sayed Mohsen Hashemi (28) aus Afghanistan. „Ich würde gerne im Einzelhandel arbeiten.“ Morteza Sedghi (28) aus dem Iran und Arshak Asatrian (32), der gebürtiger Armenier ist, suchen nach Lehrstellen als Tischler – alternativ aber auch als Bootsbauer, Zahntechniker oder Friseur.
„Viele sind jetzt kurz davor, sprachlich ausbildungsreif zu sein. Was man braucht, sind Geduld und Zeit, das sagen wir allen Akteuren“, sagte Wenzel Waschischeck, Flüchtlingskoordinator in Henstedt-Ulzburg. Er hat die Messe – die zweite dieser Art im Kreis nach Bad Segeberg – zusammen mit seiner Kollegin Sabine Gawlick sowie Carsten Pählke, Geschäftsführer einer Firma für Personalmanagement, und dessen Mitarbeiterin Laura Scheidt organisiert. „Die Unternehmen wollen alle“, so Waschischeck. „Wir wollen vermitteln, was eine Ausbildung ist – und wollen das so lange machen, bis wir es nicht mehr brauchen.“