Kreis Segeberg. Der Dorfalltag hat sich verändert: Die Post kommt per Mofa, die Brötchen werden gebracht und der Biobauer liefert die Gemüsekiste.

Ab April setzt die Sparkasse Südholstein als Ersatz für die jüngst im Landkreis geschlossenen Filialen einen Bus ein. Barrierefrei, mit Geldautomat und Kontoauszugsdrucker. Ein Sparkassenmitarbeiter ist auch an Bord. Für längere Gespräche steht der zwar nicht zur Verfügung, aber wenn ich mal einen Kredit will, dauert es nach erfolgter Bonitätsprüfung sowieso nur drei Sekunden bis zum „Nein“.

Moderner Dorfalltag: Während der Hahn noch vor Sonnenaufgang mit Odol gurgelt, knattert der Zeitungsbote auf dem Moped in die kleine Sackgasse, an deren Ende ich wohne. Da die kleine Bäckerei um die Ecke längst Geschichte ist, folgt das Brötchenmobil, während im Wendehammer bereits der Fischmann seinen Markstand aufbaut. Ein Trecker samt Hänger parkt vor meinem Zaun – der Biobauer liefert die wöchentliche Gemüsekiste, alles öko, man achtet ja auf sich. Die Kinder fangen an zu heulen, weil der Eismann nicht mehr durchkommt, die Frauen kreischen, weil der Zalando-Mann angesichts des Staus gleich wieder umkehrt. Die Männer prügeln sich wahlweise auf der Seite des Post- oder UPS-Boten, die sich in der blockierten Einfahrt zur Sackgasse entnervt mit Amazon-Kartons bewerfen.

In der Luft schwirren Paketdrohnen diverser Modelabels, weil heutzutage jeder, der bloß eine neue Unterbüx benötigt, diese gleich in sämtlichen Größen bestellt – weil, eine wird schon passen, die anderen schickt man sofort zurück. Geschrei, Dieseldampf und jede Menge Motorenlärm liegen über der Gasse. Durch das Chaos kurvt orientierungslos ein kleiner Lieferroboter, weint und will nach Hause telefonieren. Und jetzt? Jetzt kommt auch noch das Bankmobil der Sparkasse Südholstein, danke schön. Wüsste Horst Seehofer wirklich, wie es auf dem Land zugeht, hätte er sich (und uns) das „Heimatministerium“ erspart. Die wollen uns mit Fortschritt beglücken? Haben sie längst. Leider.