Norderstedt. Der Mann war 2015 unter Drogeneinfluss durch Henstedt-Ulzburg gerast und hatte sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert.
Es mutet wie ein Wunder an, dass bei der Amokfahrt im Dezember 2015 in Henstedt-Ulzburg kein Mensch zu Schaden kam. Mit quietschenden Reifen war der Fahrer eines Kleinwagens vor dem AKN-Bahnhof davongerast und hatte bei der folgenden Schreckenstour das Leben Unschuldiger riskiert. Kleinlaut und reumütig saß der Fahrer jetzt vor dem Schöffengericht Norderstedt. Die Anklage: Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Mann war damals kreuz und quer durch Henstedt-Ulzburg gekurvt – voll gepumpt mit Drogen.
Der Polizei war damals vor dem Bahnhof ein Wagen aufgefallen, der mit hoher Geschwindigkeit entgegen der Fahrtrichtung in eine Einbahnstraße fuhr. Sofort nahmen die Beamten mit Blaulicht, Martinshorn und Stoppkelle die Verfolgung des Falschfahrers auf. Es beeindruckte ihn nicht. Ungebremst raste der Wagen mit 80 km/h durch eine Spielstraße. Nur durch ein waghalsiges Ausweichmanöver gelang es einer entsetzten Radfahrerin, eine Kollision zu vermeiden. Ohne anzuhalten, schoss der Verkehrsrowdy anschließend über mehrere Kreuzungen. In der Beckersbergstraße endete die Verfolgungsfahrt. Nachdem der Raser ein anderes Auto geschnitten hatte, knallte er mit seinem Wagen gegen einen hohen Kantstein. Dabei riss ein Vorderreifen ab, der in hohem Bogen davonflog. In einer Hecke kam der Wagen endlich zum Stehen.
Der Angeklagte hat noch nie einen Führerschein besessen
Auf dem Rücksitz des geliehenen Wagens fanden die Polizisten 30 Gramm Marihuana und vier Gramm Kokain. „Zum Eigenkonsum“, wie der 37-Jährige dem Vorsitzenden Richter Matthias Lohmann beteuerte. Mittlerweile konsumiere er keine Drogen mehr. Zu Leugnen gab es für den Angeklagten nichts. Er habe damals unter Schock gestanden, weil seine Frau ihm das Kind wegnehmen wollte, sagte er. Einen Führerschein habe er niemals besessen.
Der Ägypter war im Jahr 1992 mit Vater und Bruder nach Deutschland gekommen. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Wegen seiner damals vorläufigen Duldung habe er mehrere Ausbildungen nicht antreten können, gab er an. Angeblich stehe sein Name auf einer Abschiebeliste. Vor zwei Jahren erhielt der 37-Jährige eine Arbeitserlaubnis, aber diese Regelung hat der Vater, der zwei Kinder von zwei Frauen hat, nur selten genutzt. „Mein Bruder unterstützt mich“, erklärte der Angeklagte.
Mit dem Gesetz kam der Angeklagte seit Jahren immer wieder in Konflikt. Zwei Amtsgerichte in Hamburg verurteilten den Mann in getrennten Verfahren zu Bewährungsstrafen wegen Hehlerei und Drogendelikten. Die Urteile liegen erst wenige Monate zurück. Deshalb attestierte die Staatsanwältin dem Angeklagten eine „massive Unbelehrbarkeit“. Ihre Forderung: Ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe. Diesem Strafmaß schloss sich das Schöffengericht an, wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. „Alle bisherigen Urteile sind ohne Nachwirkung geblieben. In ihrer Entwicklung ist kein Umdenken zu erkennen“, betonte der Amtsrichter.