Ellerau. Oberkommissarin Ilona Querling leitet als einzige Frau im Kreis eine Polizeistation. Die 47-Jährige wollte immer Polizistin werden.

Die Polizeistation in Ellerau wird erstmals von einer Frau geleitet. Ilona Querling (47) hat jetzt diese Aufgabe übernommen und stellt damit immer noch eine Ausnahme im nördlichsten Bundesland dar: Nur jede elfte (13 von landesweit 142) Polizeiwachen in Schleswig-Holstein wird von Polizeibeamtinnen geleitet, teilte das Innenministerium (siehe unten) auf Anfrage mit. Ellerau ist die einzige weiblich geführte Polizeistation im Kreis Segeberg. Nicht ein Polizeirevier und erst recht keine Direktion steht hier bislang unter weiblicher Führung. „Das ist aber nur noch eine Frage der Zeit“, sagte Ministeriumssprecher Radtke.

Dabei gab es für Ilona Querling keine andere Berufswahl. „Ich wollte schon immer zur Polizei. Polizeibeamtin ist mein Traumberuf.“ Allerdings musste die engagierte Frau, die in Kaltenkirchen aufgewachsen ist, einen beruflichen Umweg nehmen.

Nach dem Realschulabschluss im Jahr 1986 wollte sie eigentlich gleich zur Schutzpolizei, was damals durchaus möglich gewesen wäre. Doch sie erhielt von einem Polizeibeamten in Kaltenkirchen die offensichtlich falsche Auskunft, dass Frauen in Schleswig-Holstein nur bei der Kriminalpolizei gesucht würden.

Nur 13 von 142 Polizeistationen haben weibliche Führungskräfte

Seit 1986 bildet das Land Schleswig-Holstein Frauen zu Polizeibeamtinnen aus. Inzwischen stellten sie mit 1131 weiblichen Schutzpolizistinnen im Land einen Anteil von 21 Prozent, teilt Tim Radtke aus dem Innenministerium in Kiel mit.

Außer in Ellerau gebe es noch in zwölf weiteren der insgesamt 142 Polizeistationen im Land weibliche Führungskräfte: Neumünster-Mitte und Faldera (Neumünster), Eichholz (Lübeck), Elmschenhagen und Suchsdorf (Kiel), Preetz (Kreis Plön), Hutzfeld (Ostholstein), Süderbrarup, Schafflund (Kreis Schleswig-Flensburg), Garding (Nordfriesland), Wesselburen (Dithmarschen) und Kellinghusen (Kreis Steinburg).

Bei Stellenausschreibungen seien die persönlichen Leistungsdaten entscheidend, die standardisiert miteinander verglichen würden, erklärt Ministeriumssprecher Radtke. Bei nahezu identischem Leistungsvermögen könne der Bewerberin nach dem Gleichstellungsgesetz der Vorzug gegeben werden.

„Grundsätzlich sieht die Polizei für die Besetzung der Stationsleitung mit einer Beamtin weder Vor- noch Nachteile – entscheidend ist die Kompetenz“, sagt Radtke.

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Weil es noch kein Internet gab, wo sie sich besser über die Möglichkeiten hätte informieren können, vertraute Querling dieser Aussage und begann zunächst eine Verwaltungsausbildung bei der Stadt Hamburg. Als sie diese dann 1989 absolviert hatte und ein halbes Jahr bei der Hansestadt fest angestellt war, bewarb sie sich schließlich doch bei der Polizei. „Die Verwaltungsarbeit war mir zu langweilig. Ich wollte eine abwechslungsreichere Arbeit machen“, erklärt sie diesen Berufswechsel in jungen Jahren.

Jetzt konnte sie sich sogar aussuchen, ob sie in Hamburg oder Schleswig-Holstein den Polizeiberuf erlernen wollte. Sie wählte ihr Heimatland. „Weil ich hier wohne und nicht in einer Großstadt leben wollte.“ Nach der Ausbildung in Eutin ging sie zunächst nach Quickborn. Es folgten die Stationen Pinneberg, Rellingen, Ellerbek und wieder Quickborn (allesamt im Kreis Pinneberg), wo sie Diensthundeführerin war und auch in Teilzeit arbeitete, nachdem sie für ihre zwei Kinder Elternzeit genommen hatte. Zuletzt war sie in Norderstedts Nachbarort Bönningstedt tätig, wo sie für einige Zeit die Stellvertreterin von Stationsleiter Denise Höppe war.

Nun ist sie in der 5700 Einwohner großen Kommune Ellerau als Polizeioberkommissarin mit zwei weißen Sternen an der Schulterklappe der Uniform die Chefin von ihren Kollegen Dierk Theurich und Michael Madetzky und zuständig für die Sicherheit der etwa 8500 Bürger in Ellerau und Alveslohe, wo die Polizei die Ein-Mann-Station vor einigen Jahren aufgegeben hat.

Frauen lösen brenzliche Situation meist etwas anders

Auch wenn hier auf dem Land die Welt weitgehend noch in Ordnung sei, hätten sie und ihre Kollegen alle Hände voll zu tun, berichtet Ilona Querling. Sie sei erste Ansprechpartnerin für die Bürger und ihre Bürgermeister, werde jeden Tag zu Unfällen und anderen Einsätzen gerufen, ermittle in Straf- und Bußgeldverfahren, vernehme Zeugen und Verdächtige und führe regelmäßig Streife. „Wir machen hier die Endbearbeitung für alle Straf- und Bußgeldverfahren bis zur Abgabe an die Staatsanwaltschaft für den Bereich Ellerau und Alveslohe.“ Dabei helfe ihr die gute Kenntnis von Land und Leuten vor Ort. „Man kennt sich persönlich hier.“

Die Station am Brombeerweg direkt neben der Feuerwache sei in der Woche tagsüber besetzt. Abends, nachts und am Wochenende sei dann das Polizeirevier in Kaltenkirchen zuständig und übernehme den professionellen Sicherheitsdienst für die Bevölkerung, wo auch sie und ihre Kollegen regelmäßig Schichtdienste zu absolvieren haben.

Frauen und Männer seien gleich gut für den Polizeidienst geeignet, ist Ilona Querlings Überzeugung, die, so ihre Erfahrung, jeden Tag aufs Neue in der Praxis bestätigt werde. „Jeder hat seine Stärken und Schwächen, ob Mann oder Frau, jung oder alt.“ Aber vielleicht lösten Frauen manche brenzliche Situation etwas anders, konfliktfreier. Sie habe in den fast 30 Jahren Polizeiarbeit zum Glück noch nie den Schlagstock und die Schusswaffe gebrauchen müssen, sagt die Polizeichefin aus Ellerau.