Norderstedt. Das zeigt unser Praxistest in der Norderstedter Radstation. Die Garage wurde vor einem Jahr offiziell eröffnet – eine Zwischenbilanz.

„Ganz so leicht ist es nicht, das Rad da reinzustellen, aber mit etwas Übung klappt es“, sagt Luka Simon. Die 18-jährige Abendblatt-Praktikantin macht den Praxistest in der Radstation. Vor knapp einem Jahr wurde das erste Norderstedter Radparkhaus eröffnet, Anlass für eine Zwischenbilanz und einen Tauglichkeitstest.

Andreas Pehlgrimm leitet die kostenpflichtige und überwachte Radgarage mit 450 Plätzen auf zwei Etagen und die Werkstatt. 70 Cent pro Tag, 7 Euro für die Zehnerkarte, 70 Euro für das Jahresabo – das müssen alle zahlen, die ihr Rad sicher und trocken parken wollen (weitere Infos unter www.radstation-norderstedt.de). In jeder Etage gibt es Doppelstockhalter. Pehlgrimm zeigt Luka, wie die Mechanik der oberen Halterungen funktioniert. Bügel rausziehen, nach unten drücken, Vorderrad anheben, Rad hochschieben, bis das Hinterrad den Metallstopper überwunden hat. „Jetzt steht das Rad fest, die Halterung kann nach oben und reingeschoben werden“, sagt Pehlgrimm.

© Michael Schick | Michael Schick

Luka probiert es, Bügel raus und gegen den Druck der Gasdruckfedern rausziehen – kein Problem. Vorderrad hoch und reinstellen, geht auch. Beim Hochschieben verkantet das Rad, noch mal zurück, jetzt noch das Hinterrad über den Metallstopper hieven – kostet Kraft. „Das ist das Schwierigste“, sagt die 18-Jährige. Beim zweiten Anlauf läuft es schon besser. Auch ein geübter Alltagsradler wie Kai Wüstermann muss sich anstrengen, um sein Rad in der oberen Halterung einzuparken. „Das ist zwar etwas schwerer als die üblichen Räder, aber als ich es in den Niederlanden in einem Radparkhaus abgestellt habe, ging das deutlich leichter“, sagt der 57 Jahre alte Norderstedter.

Pehlgrimm gibt zu, dass das Einstellen oben etwas Übung erfordert. „Andere Systeme sind mir nicht bekannt, und von unseren Kunden hat sich noch niemand beschwert.“ Ingrid Kowski kommt mit ihrem E-Bike. Das kann wegen des Gewichtes nur zu ebener Erde geparkt werden – fast kein Problem, nur: auf den Kopf aufpassen, der stößt gern gegen die oberen Metallbügel. „Auch beim Anschließen muss man sich etwas verbiegen“, sagt Wüstermann.

...Fahrrad einfädeln und die Schiene wieder hochwuchten. Gar nicht so einfach
...Fahrrad einfädeln und die Schiene wieder hochwuchten. Gar nicht so einfach © Michael Schick | Michael Schick

Ingrid Kowski steigt die Treppe hoch, schiebt ihr E-Bike in der Metallschiene ins Obergeschoss. „Bitte den Schiebeknopf am Rad drücken“, sagt Pehlgrimm. „Damit ist das zu schaffen, ohne nicht. Man darf nur nicht vom Knopf abrutschen“, sagt die Testerin. Oben verliert sich ein Dutzend Räder auf dem rund 50 Meter langen Gang.

Ist die Radgarage, die 1,8 Millionen Euro gekostet hat, überdimensioniert? „Das denke ich nicht. Wir brauchen nur etwas Geduld“, sagt Pehlgrimm, der für die Arbeiterwohlfahrt Hamburg Dienste GmbH arbeitet und auch das zweite Fahrradparkhaus der Gesellschaft in Bergedorf mit 600 Plätzen leitet. Erst jetzt, nach fünf Jahren, nähere sich dort die Auslastung der 100-Prozent-Marke.

Ingrid Kowski schiebt ihr E-Bike in der Metallschiene in die obere Etage
Ingrid Kowski schiebt ihr E-Bike in der Metallschiene in die obere Etage © Michael Schick | Michael Schick

„Wir sind mit der Akzeptanz zufrieden“, sagt Mario Kröska, zuständiger Fachbereichsleiter im Rathaus. 235 der 450 Plätze seien an Abonnenten vergeben, 120 hätten ihren Stellplatz für ein Jahr gemietet. Allerdings stelle nicht jeder Dauermieter zu jeder Zeit sein Rad ins Parkhaus, was auch die Leere im Obergeschoss erkläre, denn natürlich würden vorrangig die Plätze zu ebener Erde genutzt. Mit gut 7000 Euro pro Monat subventioniert die Stadt die Radstation. Verwaltung und Politiker werden im Sommer Bilanz ziehen. Die Radgarage sei ein Angebot, das viele nicht nutzen, wie die Räder beweisen, die rund um die Radstation abgestellt werden. „Das mag auch daran liegen, dass Diebstahl und Vandalismus hier keine so große Rolle spielen“, sagt Kröska.

Diesen Eindruck bestätigt die Polizei. Die Zahl der Fahrraddiebstähle im Kreis Segeberg ist 2016 um mehr als neun Prozent gesunken. 1058-mal haben Fahrraddiebe zugeschlagen, im Jahr davor waren es 110 Fälle mehr. „Wir haben Fahrraddiebstahl als Kriminalitätsschwerpunkt erkannt und gezielte Maßnahmen ergriffen“, sagt Polizeisprecher Nico Möller. Im Vorjahr seien mehr verdeckte Ermittler im Einsatz gewesen, vor allem rund um Einkaufszentren, Bahnhöfe und Schulen. Dort werden am häufigsten Räder gestohlen.

Kai Wüstermann hat im Obergeschoss die freie Auswahl
Kai Wüstermann hat im Obergeschoss die freie Auswahl © Michael Schick | Michael Schick

Zu den Tätern gehören organisierte Gruppen wie auch Einzelpersonen, so Möller. „Manchmal knackt eine Person das Schloss, nach 20 Minuten kommt ein Mittäter und radelt bis zur nächsten Ecke, wo ein Lkw wartet. Aber es gibt auch den typischen Einzeltäter, der von einer Feier kommt und sich für den Weg nach Hause ein Rad holt, gern ein ungesichertes.“

Fahrräder ohne Schloss stünden in offenen Garagen, Schuppen oder einfach vor den Häusern. Zuallererst heiße es also: Räder an einem festen Gegenstand anschließen. „In der Regel gilt: Je teurer das Schloss, desto wirksamer ist es. Man sollte auch auf die Angaben der Hersteller achten“, so Möller. Besonders teure Räder sollten mit zwei Schlössern gesichert werden. Möller rät, das Rad codieren zu lassen. Mit den im Rahmen eingravierten Zahlen kann die Polizei den Besitzer ermitteln. „Das hat auch eine abschreckende Wirkung“, sagt der Polizeisprecher. Prävention ist bei Fahrraddiebstählen wegen der geringen Aufklärungsquote besonders wichtig – 2016 konnte die Polizei nur rund sechs Prozent der Fälle aufklären, 2015 waren es nur vier Prozent.

Die nächsten Codiertermine sind am Mittwoch, 5. April, von 9 bis 12 Uhr vor der Polizeiwache am Herold-Center und von 14 bis 17 Uhr an der Radstation in Norderstedt-Mitte. Weitere Termine stehen online unter www.fahrradcodierer.de/termine.php.