Norderstedt. Der DHL-Mitarbeiter hatte zunächst zugegeben, etwa 8700 Euro aus Nachnahmesendungen in die eigene Tasche gesteckt zu haben

Paketzusteller sind ins Gerede gekommen. Unzuverlässig, unpünktlich oder unfreundlich: Die Klageliste erboster Kunden ist lang. Auch Sigurd K. (Name geändert) war als Mitarbeiter der Post-Tochter DHL unterwegs. Der 28-Jährige lieferte im Raum Kaltenkirchen kreuz und quer große Sendungen aus – bis zu seinem Rausschmiss im März. Wegen Unterschlagung musste sich Sigurd K. vor dem Amtsgericht Norderstedt verantworten.

Laut Anklage hatte der Beschuldigte sechs Monate lang immerhin 54 Nachnahmesendungen zwar auftragsgemäß zugestellt, die Geldbeträge aber nicht bei der Zustellkasse des DHL-Depots Neumünster abgeliefert. Etwa 8700 Euro soll der Angeklagte in die eigene Tasche gesteckt haben. Als Sigurd K. damals frühmorgens ins Chefbüro zitiert wurde, hielt er den bohrenden Fragen nicht lange stand. In einem formellen Schuldanerkenntnis gab der untreue Paketbote alle Fehlgriffe zu – anstandslos. Zerknirscht setzte er damals seine Unterschrift unter die Erklärung.

Umso mehr staunte Amtsrichter Matthias Lohmann jetzt, als der Angeklagte vor Gericht energisch seine Unschuld beteuerte. „Ich habe nie so gehandelt. Inhaltlich ist nichts zutreffend“, betonte der Norderstedter. „Ich konnte“, erinnerte er sich, „nichts durchlesen, weil die Erklärung bewusst mit Papier abgedeckt worden ist.“ Sein Mandant sei in dieser Situation psychisch unter Druck gesetzt worden, sagte der Verteidiger.

Geständnis damals "Satz für Satz" niedergeschrieben

Bei dieser Verhandlungstaktik schwand beim Amtsrichter mehr und mehr das Verständnis. Alle Sendungsverläufe seien per EDV erfasst worden und damit nachweisbar. „Sie können jetzt jede Einlassung machen, die sie wollen“, bot er dem Angeklagten die Möglichkeit eines geordneten Rückzugs an. „Mein Mandant rückt von seiner Darstellung nicht ab“, erklärte daraufhin der Verteidiger.

Der Sicherheitsexperte der Post sagte als Zeuge aus, man habe sein volles Geständnis damals „Satz für Satz“ niedergeschrieben. Er habe das Geld, so seine Aussage, dringend für Privates gebraucht. Nach einer Beichte unter Tränen sei ihm alles vorgelesen worden. Niemand habe ihn unter Druck gesetzt. Außerdem liege die Zusage von Sigurd K. vor, die Schadenssumme vollständig zurückzuzahlen. Nach Aussage des Sicherheitsexperten entstand der Post im vorigen Jahr durch Betrügereien von Mitarbeitern bei Nachnahme-Sendungen ein Schaden von 800.000 Euro.

Der Prozess wird am 29. Dezember im Amtsgericht Norderstedt an der Rathausallee, Saal F, fortgesetzt. Beginn: 10 Uhr.