Bad Segeberg. Mann musste sich vor Amtsgericht Bad Segeberg verantworten. Richterin verhängt Bewährungsstrafe und kritisiert die Deutsche Post AG.

Im Amtsgericht Bad Segeberg ist die Richterin Sabine Roggendorf für ihre deutlichen Ansagen bekannt. Bei einem Prozess gegen einen Paketzusteller, der gestohlen hat, benutzte sie bei der Urteilsbegründung das Bild von der „Schneckenpost“. Zu ihrer Verwunderung habe das Unternehmen Monate gebraucht, um Unregelmäßigkeiten im Paketversand zu bemerken und den Täter in den eigenen Reihen zu suchen. Die interne Kontrolle der Post sei offenbar überarbeitungswürdig, kritisierte sie. Selbst der Angeklagte zeigte sich mehrfach verwundert, dass seine Betrügereien nicht früher aufgeflogen waren.

Die Nachlässigkeiten der Deutschen Post schrieb Roggendorf dem Angeklagten zugute. „Ihnen sind die Taten verdammt leicht gemacht worden“, sagte sie. Die Amtsrichterin verurteilte den 28 Jahre alten Mann aus Wahlstedt zu einer Haftstrafe von 14 Monaten auf Bewährung. Den entstandenen Schaden von 23.000 Euro muss er in Monatsraten von 50 Euro zurückzahlen. Dazu hatte sich der Mann seinem einstigen Arbeitgeber gegenüber in einem Schuldanerkenntnis und einem Tilgungsversprechen verpflichtetet. Um eine drohende Privatinsolvenz zu bewältigen, stellte ihm das Gericht einen Bewährungshelfer zur Seite.

Der Angeklagte hatte gestanden, von Juni 2015 bis April 2016 in 35 Fällen Nachnahmepakete zugestellt und von den Empfängern bis zu 2500 Euro in bar in Empfang genommen zu haben. Insgesamt 12.610 Euro steckte er dabei in die eigene Tasche. Außerdem war er nachts in ein Paketdepot in Bad Segeberg eingestiegen und hatte zwei Dutzend Päckchen aufgerissen, um den Inhalt zu Geld zu machen. Schaden: bis zu 10.500 Euro.

Es dauerte Monate, bis die Post den Betrug bemerkte

Vor dem Amtsgericht gab sich der Mann betont reumütig. Nach einer abgebrochenen Maurerlehrer und Zeitarbeitjobs sei er 2008 bei der Post als Paketzusteller eingestellt worden. Dann habe sein persönliches Drama begonnen: Sein Vater starb bei einem Unfall, die Freundin verließ ihn, und nach einem selbstverschuldeten Autounfall mit dem noch nicht abbezahlten Wagen fühlte er sich wie in einem Teufelskreis. „Ich habe reichlich Alkohol getrunken“, sagte er. Viel Zeit habe er in Spielhallen verbracht, weil er hoffte, die inzwischen angehäuften Schulden wieder ausgleichen zu können. „Ich konnte noch nie mit Geld umgehen“, so der Angeklagte. Hatte er am 15. des Monats Geld auf dem Konto, hatte er am 20. bereits wieder ausgegeben.

Mehrere Monate war es ihm gelungen, seine privaten Finanzlöcher mit dem einkassierten Postgeld zu stopfen. Wenn sein Gehalt auf dem Konto war, habe er die Beträge der einkassierten Nachnahmen mit jeweils mehreren Tagen Verspätung bei der Postkasse abgeliefert, gestand der Angeklagte. Doch irgendwann fielen die verzögerten Einzahlungen und der Paketschwund auf. „Sie haben ein sehr ehrliches Geständnis abgelegt“, lobte die Amtsrichterin. Sie sieht ihn auf einen guten Weg. „Ich möchte sie hier aber nie mehr wiedersehen“, schloss sie versöhnlich.