Henstedt-Ulzburg. Die Henstedt-Ulzburger Paracelsus-Klinik gehört zu den ersten Krankenhäusern in Deutschland, die auf dieses moderne Verfahren setzen.

Menschliche Organe aus dem Drucker: Das ist längst keine Utopie mehr. In der Medizin erobern bereits maßgefertigte Implantate aus dem 3-D-Drucker den Markt. Die Henstedt-Ulzburger Paracelsus-Klinik gehört zu den ersten Kliniken in Deutschland, die auf dieses neue Verfahren setzen: Seit Beginn des Jahres können Patienten der Klinik neue zementfreie Knieprothesen eingesetzt werden, die in einem 3-D-Drucker hergestellt werden. In ganz Deutschland gibt es bisher nur eine weitere Klinik, die dieses Verfahren einsetzt, in Norddeutschland ist die Paracelsus-Klinik an der Wilstedter Straße die einzige.

Die Arthrose ist weltweit die häufigste Gelenkerkrankung – und oft ist das Knie betroffen. Eine Prothese soll den zerstörten Knorpel ersetzen. Seit drei Jahren gibt es diese Knieprothesen aus dem 3-D-Drucker auf dem amerikanischen Markt, 150 Prothesen dieser Art wurden dort bisher eingebaut. Mit großem Erfolg, wie in der medizinischen Fachpresse zu verfolgen ist. In Deutschland arbeiten zwei Referenz-Kliniken mit den neuen Knieprothesen. Dr. Christian Clausen, Chefarzt der medizinischen Abteilung für Unfall-, Hand-, Fuß- und wiederherstellende Chirurgie, hat das Verfahren in der Paracelsus-Klinik eingeführt. „Seit Januar haben wir schon fünf zementfreie Knieprothesen eingebaut, die Patienten sind sehr zufrieden“, sagt Clausen, der eine Fortbildung in Irland absolviert hat.

Für Klinik ist neues Verfahren prestigeträchtig

Vor allem für jüngere Patienten sind die Prothesen von Vorteil, da sie, so Clausen, einen vermehrten Knochenerhalt garantieren. „Sie gewährleisten ein erhöhtes Einwachsen in die Knochen und mehr Stabilität“, sagt der Orthopäde. „Das neue Knie ist dadurch von Anfang an voll belastbar.“ Nach der bisherigen Methode durfte das Knie in den ersten sechs Wochen nach der Operation nur teilbelastet werden. In 10 bis 15 Fällen kam es nach Angaben Clausens dennoch zu einer Lockerung des Gelenks.

Ein Amerikaner hat den 3-D-Druck erfunden

Im Jahr 1983 erfand der Amerikaner Chuck Hull den 3-D-Druck. Er hat seine Technologie als Stereolithografie bezeichnet und im 1986 die erste Patentanmeldung publiziert.

Beim 3-D-Druck werden dreidimensionale Werkstücke schichtweise aufgebaut.

Der Aufbau erfolgt computergesteuert aus einem oder mehreren flüssigen oder festen Werkstoffen nach vorgegebenen Maßen und Formen.

Typische Werkstoffe für das 3-D-Drucken sind Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken und Metalle. 3-D-Drucker werden in der Industrie und der Forschung eingesetzt.

Daneben gibt es Anwendungen im Heim- und Unterhaltungsbereich sowie in der Kunst. Strukturell komplexere, sehr belastbare Objekte und einwandfreie Kurven können allerdings nur mit einem professionellen Drucker hergestellt werden.

Aber 3-D-Drucker für Heimanwender ermöglichen die Herstellung von Objekten wie kleine Spielzeuge, Schmuck oder Stiftebechern.

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Statt wie bisher Zement wird im 3-D-Drucker eine poröse Titanschicht aufgebaut, in die das Knochengewebe leichter einwachsen kann. Ein weiterer Vorteil: Im Falle von späteren Operationen lässt sich die Prothese besser auswechseln, weil mehr Knochenmasse erhalten bleibt.

Für die Paracelsus-Klinik ist das neue Verfahren prestigeträchtig, aber auch teuer. Eine herkömmliche Knieprothese kostet in der Herstellung etwa 1500 Euro, die in den Vereinigten Staaten angefertigte Prothese aus dem 3-D-Drucker kostet mindestens 2000 Euro in der Standardausfertigung, für individuell angefertigte Prothesen muss die Paracelsus-Klinik bis zu 3500 Euro zahlen.

Gewisses Kontingent an Prothesen ist vorrätig

Für den Patienten ist das egal: Niemand muss zuzahlen, wenn die neue Methode angewendet wird. „Es wird für uns teurer, aber nicht für die Patienten“, sagt Christian Clausen, der außerdem neue Operationsinstrumente ordern musste, um feinere Sägeschnitte ausführen zu können. Sieben bis acht Wochen dauert es, bis die von der Klinik angeforderten Prothesen geliefert werden. Ein gewisses Kontingent an Prothesen hat die Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg allerdings immer vorrätig.

Empfohlen wird die neue Methode nach Angaben von Chefarzt Christian Clausen für Menschen, die das 65. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. „Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Knochen danach weniger gut heilen, zumal viele ältere Menschen ja auch an Osteoporose leiden – eine Erkrankung, bei der die Knochen an Festigkeit verlieren und leichter brechen.“