Norderstedt. Glanzleistung: Das vorletzte Stück der Winter-Frühjahr-Abo-Saison geriet endlich zu einem schauspielerischen Höhepunkt.
Es war einer der spannenden Höhepunkte der zu Ende gehenden Theater-Saison in der „TriBühne“, die von (zu) viel leichter Musik und Boulevard-Komödien geprägt war.
„Die Wanderhure“ nach dem gleichnamigen Roman von Iny Lorentz war endlich ein Stück, das den Namen Theater verdient. In dem ein Schauspiel-Team agiert, das Theater als Leidenschaft lebt, in dem ein uraltes Thema so über die Rampe transportiert wird, dass jeder im Saal merkt, es hat sich in unserer Gesellschaft seit dem Mittelalter nicht viel geändert. Frauen werden immer noch unterdrückt und geschändet, und einer der aktuellsten Sätze war „Europa dürstet nach Gerechtigkeit, nach Frieden“. Keine seichte Unterhaltung, sondern ein Stück, das nachhallt, das trifft und so gar nicht komisch ist. So waren die Stuhlreihen in der „TriBühne“ denn nach der Pause sichtlich gelichtet.
Das mag auch am Beginn gelegen haben, in dem die Schauspieler mit Stellagen routierten, bis es nervte. Doch schnell entpuppte sich das Bühnenbild (Regisseur Thomas Luft, Ewin Kloker, Eva Lüps) als gut durchdacht, denn die Stellagen wurden zu Tischen und Bänken, zum Kerker für Marie, die Wanderhure, zum Scheiterhaufen für den Reformator Jan Hus.
Anja Klawun beherrscht in der Titelrolle die gesamte Szene, eine Schauspielerin, die sich dieser Rolle bis zur Schmerzgrenze aussetzt, lacht, weint, tobt und leidet, rebelliert und stolz ihr Recht zurückfordert. Welch’ eine Bühnenpräsenz! Alle anderen Schauspieler sind in mehreren Rollen zu sehen und meistern diese Wechsel ebenso schnell und präzise wie die Rock- und Rap-Songs, begleitet von einer Live-Band. Alle begeistern mit intensivem Spiel, seien es die Hübschlerinnen oder die Mönche, sei es Stefan Rihl als souverän spielender König, Reinhold Behling als machtgieriger Inquisitor oder Johannes Schön als skrupelloser Magister Ruppertus. Dankbarer Applaus.