Bad Segeberg . Der Verein alleineinboot wurde für seine Arbeit mit dem Bürgerpreis des Landes ausgezeichnet. Fahrradwerkstatt für Flüchtlinge geplant.
Wenn ihre Mitschüler nach der Schule Hausaufgaben erledigen, sich mit Freunden treffen oder Sport machen, dann hilft Svenja Polonji Menschen, die vor Krieg und Elend geflohen und erst seit Kurzem in Bad Segeberg zu Hause sind. Im Verein alleineinboot, der Flüchtlinge unterstützt, engagiert sich die 18 Jahre Schülerin als 2. Vorsitzende.
Entstanden ist die Initiative alleineinboot, der inzwischen zahlreiche Mitstreiter im Alter von zehn bis 72 Jahren angehören, ursprünglich als Projekt von Frederike Dreesen. Im Rahmen ihres Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) wollte Dreesen spontan helfen, als 2014 immer mehr Männer, Frauen und Kinder Syrien, Irak und andere von Krieg zerstörte Länder verließen und sich auf den Weg nach Europa machten. „Unter den Flüchtlingen sind Bankkaufleute, Architekten und Autoschlosser, die sich in Deutschland aber noch nicht mal ihren Führerschein anerkennen lassen können“, sagt Jana Oelschlägel, Schatzmeisterin des Vereins. Die Bewohner der Asylunterkunft Schackendorf beim Ankommen in der neuen Heimat zu unterstützen, war das Ziel des Projekts. Kontakt zu den Bewohnern fanden die Helfer schnell, vor allem zu den Kindern, die häufig innerhalb kurzer Zeit ein paar Brocken Deutsch aufgeschnappt hatten und für ihre Eltern und die Ehrenamtlichen zu wichtigen Übersetzern wurden.
Verein kann auf Unterstützer zählen
Konkrete Hilfe bieten die Aktiven bei Behördengängen an oder helfen bei der Suche nach Sprach- und Integrationskursen. Zum Treffpunkt für Unterstützer und Flüchtlinge avancierte die im Januar 2014 gegründete „Mischbar“, die alle 14 Tage im Wechsel im Jugendcafé am Markt (JaM, Am Kirchplatz 7) und in der Jugendbildungsstelle Mühle (An der Trave 1-3) zu interkulturellen Begegnungen einlädt. Die Idee dahinter: Wer sich persönlich kennenlernt, kann nicht nur neue Freunde gewinnen, sondern nebenbei auch eigene Vorurteile abbauen. Der Ansatz kam an. Svenja Polonji und Jana Oelschlägel freuen sich über die positive Resonanz der Segeberger. „In den Räumen im JaM, die die Kirche zur Verfügung stellt, wird es oft eng, denn mittlerweile kommen 80 Leute und mehr zu den wöchentlichen Treffen“, sagt Svenja Polonji. Unterstützung erhält die Initiative zudem von der Volkshochschule, dem Kirchenkreis und dem Sportverein Eintracht Segeberg. Der Bürgerkreis spendete dem Verein Notebooks, damit Flüchtlinge Kontakt zu ihren Familien halten können. Viele Engagierte stecken ihre Energie und Zeit in Angebote wie gemeinsame Theater-Workshops und Sportgruppen. Und der Verein am städtischen Gymnasium organisiert das Projekt „Croc und Jojo“, das Schülerpatenschaften für Flüchtlingskinder vermittelt. Bei einem Spendenlauf an der Sventana-Schule Bornhöved wurde Geld für den Verein gesammelt, und Kreispräsident Winfried Zylka verzichtete zum Amtsjubiläum auf Geschenke und bat stattdessen um Geldspenden für alleineinboot.
Auch über die Kreisgrenzen hinaus wurde die große Hilfsbereitschaft der Segeberger Initiative wahrgenommen. 2014 wurde alleineinboot mit dem Bürgerpreis des Landes Schleswig-Holstein ausgezeichnet. Den mit 5000 Euro dotierten Preis erhalten Menschen oder Gruppen für ihr besonderes ehrenamtliches Engagement. Für die Aktiven sind Preis und Anerkennung ein Zeichen, dass sie auf dem richtigen Weg sind. In der täglichen Auseinandersetzung mit Vorschriften und Behörden falle es nicht immer leicht, alle geltenden Regelungen nachzuvollziehen. Afghanistan sei für viele Betroffene eben kein sichereres Herkunftsland als zum Beispiel Eritrea, sagt Jana Polonji und spielt damit auf die aktuelle Situation an. Denn während Afghanen meist schnell in ihre Heimat abgeschoben werden können, erhalten die meisten Eritreer Asyl in Deutschland. Auch die Diskussion über eine mögliche Einschränkung des Familiennachzugs verunsichere die Flüchtlinge. Schnellere Asylverfahren, eine bessere Versorgung im Krankheitsfall für Migranten – zu tun gibt es aus Sicht der Mitglieder von alleineinboot noch viel.
In Segeberg wollen die ehrenamtlichen Helfer ein Stück Normalität, Freundschaft und Abwechslung in den Alltag von Geflüchteten bringen. So soll demnächst am Bienenhof eine Fahrradwerkstatt eingerichtet werden, in der Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft ihre Räder selbst reparieren können.
Spenden für den Verein: IBAN: DE47 2305 1030 0510 5204 30, BIC: NOLADE21SHO. Kontakt: www.alleineinboot.com