Norderstedt. Norderstedter Lehrerin entdeckt ihr Herz für Kinder in Tansania. Zehn Wochen hat sie mit den Jungen und Mädchen gelebt und gearbeitet.

Die zwölf Kinder kennen ihren „Ugali“. Das ist der Maisbrei, der in Tansania täglich gegessen wird. Dass man aus den Maiskörnern auch ganz leicht Popcorn machen kann, das wussten die Jungen und Mädchen nicht – bis Annette Janssen es ihnen gezeigt hat. Die 45 Jahre alte Henstedt-Ulzburgerin, die als Lehrerin an der Harksheider Gemeinschaftsschule in Norderstedt arbeitet, hat die Kinder im vergangenen Jahr zweimal in Tansania besucht – in einem Waisenheim. Die Eltern der Jungen und Mädchen sind an Aids gestorben.

Nach dem Keksebacken mit Annette Janssen
Nach dem Keksebacken mit Annette Janssen © Sigrun Arff-Schenk | Sigrun Arff-Schenk

Dass sie trotzdem in einem geordneten Zuhause aufwachsen können, haben sie einer engagierten Pinnebergerin zu verdanken: Gisela Schiffmann hat mithilfe eines persönlichen Darlehens im Jahr 2006 ein rund 5000 Quadratmeter großes Grundstück in Karatu am Fuße des Ngorongoro Kraters erworben. Nach fünf Jahren Renovierungsarbeiten an dem etwa 200 Quadratmeter großen und damals stark baufälligen Haus wurde das Waisenheim im Jahr 2011 eröffnet. Gisela Schiffmann hatte zuvor bereits den Verein Karibuni – was so viel wie „seid willkommen“ bedeutet – gegründet.

Weil die frühere Buchhändlerin Gisela Schiffmann, die einen Teil ihrer Kindheit in Tansania verbracht und ihr Privatvermögen in das Projekt gesteckt hat, aber bereits 83 Jahre alt und gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe ist, braucht sie Unterstützung bei der Betreuung der Waisen vor Ort. Annette Janssen war von dem Projekt von Anfang an so angetan, dass sie der Pinnebergerin nun zur Seite steht.

Annette Janssen war bereits zwei mal vor Ort im Kinderheimprojekt Karibuni in Tansania: Nägel lackieren als großer Spaß mit drei Kindern
Annette Janssen war bereits zwei mal vor Ort im Kinderheimprojekt Karibuni in Tansania: Nägel lackieren als großer Spaß mit drei Kindern © Sigrun Arff-Schenk | Sigrun Arff-Schenk

Insgesamt zehn Wochen lang war die Lehrerin in Karatu bei Eric, 8, Es­tha, 8, Irene, 10, Safina, 10, Sisilia, 11, den Schwestern Maria, 6, und Pascalina, 8, sowie den Geschwistern Lazaro, 11, Albin, 10, Emanuel, 9, Saina, 8, und Elisabeth, 6. Zunächst war sie ab März des vergangenen Jahres auf eigene Kosten während einer beruflichen Auszeit dort, dann im Oktober in den deutschen Herbstferien.

„In dem 2011 eröffneten Heim, das sich zuerst durch Eigenkapital und mittlerweile durch regelmäßige Spenden finanziert, können die Sechs- bis Elfjährigen behütet aufwachsen und ihre Persönlichkeit entfalten“, sagt Annette Janssen. „Auch die Schulbildung der Kinder macht tolle Fortschritte.“

Die Kinder genießen jede Zuwendung

Annette Janssen unterrichtet in Norderstedt Englisch und WPU-Verbraucherbildung (hieß früher Hauswirtschaft) – da verwundert es nicht, dass sie reichlich englische Vorlesegeschichten, lustige Lernlieder, pfiffige Ravensburger Spiele und viel pädagogisch wertvolles Wissen im Gepäck hatte bei ihrem Afrika-Trip.

Annette Janssen (45) aus Henstedt-Ulzburg, hat im März und im Oktober 2015 für insgesamt 10 Wochen in Tansania beim Karibuni-Kinderheim mitgearbeitet
Annette Janssen (45) aus Henstedt-Ulzburg, hat im März und im Oktober 2015 für insgesamt 10 Wochen in Tansania beim Karibuni-Kinderheim mitgearbeitet © Sigrun Arff-Schenk | Sigrun Arff-Schenk

Sie erinnert sich gern an das innige Verhältnis, das schnell zwischen den Kindern und ihr entstand: „Das Vorlesen wurde zum kuscheligen Ritual, das gemeinsame Kochen und Backen zur spannenden Entdeckungsreise“, sagt sie. Prompt nannten die Kinder sie zutraulich „Auntie“ (Tantchen), Gisela Schiffmann wird von den Waisenkindern „Bibi“ genannt – womit die geliebte, aber auch respekteinflößende Großmutter gemeint ist. „Die zwölf sind sehr anhänglich und dankbar. Sie genießen jede persönliche Zuwendung.“ Selbst kleinste Aktionen sind ein Hit, wie zum Beispiel Fußnägel bunt lackieren oder das neue Regenwassermessgerät ausprobieren.

Wenn Sie helfen möchten

25.000 Euro muss Gisela Schiffmann Jahr für Jahr über Spenden auftreiben, um den Betrieb des Waisenhauses in der 22.000 Einwohner zählenden Stadt Karatu am Laufen zu halten.

Sie beschäftigt fünf Angestellte, darunter eine Köchin sowie einen Gärtner. Ihr gemeinnütziger Verein Karibuni ist in Afrika als NGO (Nichtregierungsorganisation) offiziell eingetragen und als kirchenunabhängiges Hilfsprojekt verankert.

Wer den Verein Karibuni mit Sach- oder Geldspenden unterstützen möchte, kann sich per E-Mail an mama-afrika@web.de direkt mit Gisela Schiffmann in Verbindung setzen.

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Von Tansania insgesamt war Annette Janssen begeistert. Während Karatu für Touristen vor allem der Ausgangspunkt für begehrte Ngororo-Krater-Safari-Jeeptouren ist, stand für die Lehrerin der Alltag in dem afrikanischen Land im Vordergrund: Sie musste lange vorbestellte Wasserrohre abholen, Fleisch – frisch am Stück am Haken hängend, offen an der Holzluke des Händlers – aussuchen, neue Matratzen kaufen und das Schulgeld bar bezahlen. Und sie hat die Kinder in Gummistiefeln die lange schlammige Auffahrt hoch bis zur Straße an die Schulbushaltestelle begleitet und nachmittags wieder abgeholt. „Auf die Mädchen muss ganz besonders aufgepasst werden, vor allem vor Vergewaltigungen müssen sie geschützt werden“, sagt die 45-Jährige. Es sei eine sehr verantwortungsvolle Zeit in Tansania gewesen, aber sie sei sehr glücklich, im Karibuni-Verein arbeiten zu können. In den Osterferien will Annette Janssen wieder zu „ihren“ Kindern nach Tansania reisen.

Bereits in diesen Tagen wird Gisela Schiffmann nach Karatu reisen. Die Pinnebergerin sagt: „Ich bin schon ganz aufgeregt, schließlich war ich neun Monate nicht bei meinen Kindern.“