Norderstedt. Früher wurden Streitigkeiten mit „Dösbaddel“ oder vielleicht einen kleinen Rempler beigelegt. Jetzt rüstet der Landkreis auf.

Streiten sich zwei im Landkreis Segeberg. Schreit der eine: „Dösbaddel!“ Kontert der andere: „Klei mi an‘n Moors“ – und geht. Wenn’s schlecht läuft, gibt es vielleicht noch eine kleine Rempelei, maximaler Kollateralschaden: blaues Auge. Normalerweise. Früher.

Das war einmal. Der Landkreis rüstet auf. Die Segeberger Waffenbehörde verzeichnet in den ersten drei Wochen 2016 mehr Anträge auf Erteilung des „Kleinen Waffenscheins“ als im gesamten Vorjahr. Waffenhändler melden Rekordumsätze im Geschäft mit Gaspistolen, Elektroschockern, Pfeffersprays. Wie viele Waffen ohne Zwischenhändler übers Internet bezogen werden, weiß man nicht genau. Wie viele Waffen auf dem Schwarzmarkt kursieren, will man gar nicht erst wissen. Aus Expertenkreisen hört man, hierzulande sei eine Maschinenpistole schon für 200 Euro zu haben. Das ist deutlich weniger, als manche Leute für ihr Silvesterfeuerwerk ausgeben. Also her mit der Knarre? Warum denn bloß?

Ach so, wegen der Flüchtlinge. Rechercheure des NDR und WDR deckten auf, dass im Nordirak zahlreiche Kämpfer ihre von unserer Bundesregierung gelieferten Waffen verkauft und damit ihre Flucht nach Deutschland finanziert haben. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Wir liefern Gewehre in den Irak. Kurden verkaufen die Dinger im Krisengebiet (so nimmt die Ballerei dort garantiert kein Ende) und flüchten mit dem Geld vor dem Krieg nach Deutschland – in den Landkreis Segeberg, zum Beispiel. Und hier rüsten die Alteingesessenen hysterisch auf, weil so viele Flüchtlinge kommen.

Da hätte die Bundesregierung ihre Knarren eigentlich gleich an uns Holsteiner ausliefern können. Dann gäbe es im Irak weniger Waffen und vielleicht ein paar Leute weniger, die von dort fliehen müssten. Und wir wären alle optimal konfliktgerüstet: Streiten sich zwei im Landkreis Segeberg. Zieht der eine sein Sturmgewehr, kontert der andere mit Handgranate. Kommt der Nachbar dazu mit seiner Kalaschnikow. Wütet ein entfesselter Mob mit scharfen Klingen, Elektroschockern und Schusswaffen unter einer Wolke von Pfefferspray. Mal ehrlich: Die Variante mit „Klei mi an‘n Moors!“ gefiel mir deutlich besser.