Kiel/Kaltenkirchen. Urteil im Rockerprozess gegen Dennis F. wegen der Schüsse von Kaltenkirchen. Der 42-Jährige kam gar nicht erst zur Urteilsverkündung.

Nach Überzeugung des Kieler Landgerichts plante und veranlasste der Kieler Hells Angel Dennis F., 42, die Schüsse auf einen Bandido in Kaltenkirchen, die das Opfer im Januar 2009 zu einem erwerbsunfähigen Schwerbehinderten machten. Mit viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung ging die Strafkammer am Freitag in ihrem Urteil noch um acht Monate über den Antrag des Staatsanwalts hinaus.

Nach jahrelangen, zunehmend gewalttätigen Auseinandersetzungen mit dem Opfer, 40, habe der Rocker seine damalige Freundin als Lockspitzel auf seinen „Intimfeind“ angesetzt, schloss das Gericht aus einer Fülle von Indizien. Nach Vorgabe von Dennis F. habe die 19-Jährige Kontakt mit dem Mann aus dem Umfeld der gegnerischen Rockergang aufgenommen, ihn mit Sex-Fotos zum gemeinsamen Saunabesuch in der Holstentherme gelockt und hinterlistig in den Hinterhalt geführt: Auf dem Parkplatz des Freizeitbades lauerten dem Bandido zwei unbekannte Maskierte auf, die ihn mit fünf Schüssen niederstreckten. Ein Treffer im Oberschenkel zerschmetterte mehrere Knochen. Nach zehn Operationen bleibt das Opfer zu 80 Prozent schwerbehindert, so das Urteil.

Angeklagter Dennis F. war abwesend

Den Antrag des Nebenklägers auf 80.000 Euro Wiedergutmachung wies das Gericht wegen Verjährung zurück. Parallel klage man Schmerzensgeld und Schadensersatz in einem Zivilverfahren ein, teilte sein Anwalt mit. Das Urteil wurde in Abwesenheit des Angeklagten verkündet. Dennis F. hatte sich im Lauf des dreimonatigen Prozesses nach Thailand abgesetzt. Ob das Gericht den tätowierten Hünen jetzt mithilfe eines Haftbefehls nach Deutschland ausliefern lassen will, ließ der Vorsitzende Stephan Worpenberg offen.

Ungeachtet seiner Ehe mit dem Lockvogel soll Dennis F. kürzlich in Pattaya eine Thailänderin geheiratet haben. Auch ein angeblicher Hausverkauf im Urlaubsort Pattaya für 160.000 Euro und sein Umzug an die kambodschanische Grenze sprechen aus Sicht der Nebenklage dafür, dass Dennis F. sich der Haftstrafe entziehen will.

Womöglich tritt der Rocker seine Strafe aber auch freiwillig an: Nach Rechnung des Kieler Landgerichts käme er nämlich mit ganzen acht Monaten hinter Gittern davon. Denn die ältere Strafe, die das Gericht mit ins Urteil einzubeziehen hatte, hat Dennis F. bereits zu zwei Dritteln abgesessen. Sie ahndete einen Überfall im März 2010 auf zwei Bandidos vor einem Kieler Fitnesscenter.

Eine Strafreduzierung von weiteren sechs Monaten folgt zudem aus einer rechtsstaatswidrigen Verzögerung des Verfahrens, die laut Urteil nicht dem Angeklagten, sondern der Justiz anzulasten ist.